Wer ist aleister crowley

Aleister Crowley war Bürgerschreck, Entdecker, Maler, Dichter, Schachgenie, Drogenkonsument und polyamourös, bevor der Begriff überhaupt modern war. Er sah sich als Prophet und Heiland, andere verdammten ihn als Antichristen. Um Crowley, der sich selbst "das große Tier 666" nannte, ranken sich auch 75 Jahre nach seinem Tod viele Legenden. Legenden sind auch bis heute seine Fans.

Crowley war ein Meister der Selbstinszenierung und bastelte noch zu Lebzeiten selbst an seiner Legendenbildung, indem er sich ständig neue Namen gab und neue Rollen für sich erfand. Er war davon überzeugt, früher schon gelebt haben. Umgekehrt behaupten bis heute einige seiner Anhänger*innen, sie seien die Inkarnationen des Meisters. Crowley war aber nicht nur Magier und Religionsgründer, sondern auch einer der besten Schachspieler seiner Zeit und ein bekannter Bergsteiger, trotz Asthma.

Aleister Crowley: über Wahnsinn, Verzweiflung und Sex

Der Autor und Sozialpsychologe Richard Kaczynski schrieb schon 2002 die vielbeachtete Biographie Perdurabo. Obwohl immer wieder neue Bücher über Crowley veröffentlicht werden, ist klar, dass Kaczynski den Okkultisten nach Jahren der Forschung am besten kennt und am meisten getan hat, um die Mythen zu zerstreuen. Denn davon gibt es viele. Er soll das Blut von Säuglingen getrunken und einige seiner Frauen auf dem Gewissen haben. Nicht alles ist erfunden.

Aleister Corwley war ein Genie und hatte keinen Bock auf Uni

Crowley wurde am 12. Oktober 1875 im englischen Leamington Spa geboren. Laut Eigendarstellung als das "große Tier 666" aus der Johannes-Offenbarung. Seine strenggläubigen Eltern ließen ihn auf Edward Alexander Crowley taufen. Seine Eltern legten die Bibel wörtlich aus. Der junge Crowley wurde in ein erzkonservativ Internat geschickt, das Kinder für geringe Vergehen mit Isolation bestrafte. Er verbrachte dort anderthalb Jahre allein, unter anderem, weil er sexuell aktiv war – mit Mädchen und Jungen. Für seine Eltern der Albtraum. Seine Mutter nannte ihn deshalb nach der Johannes-Offenbarung in der Bibel "das Tier", als Sinnbild für den Teufel – den Namen übernahm Crowley später selbst.

Den Namen Aleister gab er sich mit 20, als er ein geisteswissenschaftliches Studium begann. Als Student experimentierte er mit seinen bisexuellen Neigungen, probierte sich in "sexualmagischen" Praktiken aus und riskierte dadurch eine Gefängnisstrafe wegen "Unzucht". Crowley war ein begnadeter Kopf, doch Schach und Studium ödeten ihn bald an. Er gab beides auf. Als sein Vater, ein Brauereibesitzer, starb und ihm ein beachtliches Vermögen vererbte, musste er sich keine Sorgen mehr machen. Das Geld nutzte er für zahlreiche Reisen. Anstelle der Uni rückte sein erster Kult ein, den esoterischen "Hermetic Order of the Golden Dawn". Es folgten sein eigener Geheimbund, der "Astrum Argentum", und natürlich die Religion "Thelema".

Den ersten Ruhm erlangte er tatsächlich als Profi-Bergsteiger. Er erklomm den Eiger im Alleingang und begleitete Oscar Eckenstein bei seinem Erstbesteigungsversuch des K2. Sie stellten sogar einen Rekord auf. Seinen guten Ruf verspielte er sehr schnell, denn er wurde für seine Skrupellosigkeit bekannt – beim Klettern nahm er auch Tote in Kauf. Auf seinen Bergsteiger-Touren in Asien und in Mexiko tauchte er in religiöse, teils obskure Strömungen ab und entnahm ihnen Ideen, die er später in seinen eigenen Kult einfließen ließ.

Aleister Crowley und seine Religionen

Der Meister war schon immer davon überzeugt, zu etwas Höherem geboren worden zu sein. Seine zahlreichen Reisen und seine Berühungen mit esoterischen Ideen, bestätigten ihm in der Überzeugung, er sei eine Art Messias. Das Christentum hasste er und grundsätzlich galt es, die großen Religionen zu zerschlagen. Der Moment der Erleuchtung ereilte ihn schließlich 1904 in Ägypten. Auf der Hochzeitsreise mit seiner Frau Rose in Ägypten stand er in einem Museum vor einer Säule mit der Nummer 666. Dort empfing er Botschaften des Geistwesens Aiwass. Er schrieb innerhalb von drei Tagen sein Buch Liber legis ("Das Buch des Gesetzes") – oder zumindest behauptete er das. Den Inhalt flüsterte ihm Aiwass zu. Die zentrale Botschaft lautete: "Tu, was du willst. Dies soll das ganze Gesetz sein." Eoraus Crowley seine Religion des Thelema (griechisch für Wille) ableitete.

Er war der Meinung, dass es in der narzisstischen Ideenwelt keine Götter neben den Menschen geben könne, sodass der Mensch sich selbst vergöttern muss. Ergo wurde aus Aleister Crowley ein Gott. Wie seine Botschaft zu verstehen wird, bleibt umstritten. Als Aufruf, den eigenen Geist zu erkunden, glauben die einen. Seine Gegner interpretieren die Worte als Anleitung zum hemmungslosen Hedonismus und Egoismus – und sehen das als ersten Schritt hin zum Satanismus. Schnell scharrte er Anhänger*innen um sich, leitete diverse Geheimbünde und knüpfte Kontakte in ganz Europa. In Berlin soll er auf den Autor Aldous Huxley (Brave New World) getroffen sein und zu Ian Fleming, dem Erfinder von James Bond, pflegte er eine Freundschaft. Fleming, selbst Geheimagent, versuchte sogar während des Zweiten Weltkriegs, Crowley in den britischen Nachrichtendienst zu holen, um den Hitler-Vertrauten Rudolf Heß zu verhören. Fleming soll seinen Bösewicht Le Chiffre nach Crowley inszeniert haben. Er versuchte, mit Engel und Dämonen in Kontakt zu treten. Dem Mythos zufolge sollen noch heute auf der Terrasse seines Hauses in Schottland merkwürdige Schatten zu sehen sein. Die High Society liebte ihn, die Presse prügelte auf ihn ein. Als er starb, stand auf einer Zeitung "Der böseste Mann der Welt ist tot". Sie warfen ihm Teufelsanbetung und Kindestötung vor. Nachweisen konnten sie dem Guru wenig.

1907 gründete er seinen eigenen geheimen Orden "Astrum Argenteum", auch "A∴A∴" oder "Orden des silbernen Sterns" genannt. Seine Jünger*innen führte er 1920 in ein sizilianisches Dorf. Die Männer hatten kahle Köpfe, bis auf eine sogenannte Phalluslocke in der Stirn. Die Frauen mussten hellblaue Roben mit Kapuze tragen und sich die Haare rot oder golden färben. Alle Anhänger*innen führten ein magisches Tagebuch, das sie Crowley zeigen mussten. Privatsphäre gab es nicht. Auf dem Anwesen in Sizilien fanden auch bizarre, sexuelle Riten statt. Angeblich mussten die Mitglieder*innen das Blut toter Katzen trinken, eine Frau soll mit einem Ziegenbock Sex gehabt haben. Niemand durfte von sich als "Ich" sprechen. Nur dem Meister selbst war das vorbehalten. Wer die Regel brach, musste sich das Wort "Ich" in den Arm ritzen.

Büchertipps zu Aleister Crowley

Aleister Crowley und seine Frauen

Crowley hinterließ in seinem Leben eine traurige Spur von seelisch zerstörten und misshandelten Frauen. Verheiratet war er mehrmals, doch seinen Frauen brachte er kein Glück: Eine wurde alkoholabhängig und lebte mit schwerer Demenz in einer Nervenheilanstalt. Eine verbrachte ihre letzten 30 Lebensjahre in einer Anstalt, eine dritte trank sich zu Tode und eine weitere beging Suizid. Mehrere seiner Kinder überlebten ebenfalls nicht – die, die noch da waren, interessierten ihn kaum. Mehrere Liebhaberinnen und Liebhaber verließen ihn wegen seiner sadomasochistischen Vorlieben.

Die Beatles und Led Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page sind bekennende Fans von Aleister Crowley

Selbst Größen der Popkultur schmücken und schmückten sich immer gerne mit Aleister Corwley. Ozzy Osbourne ist ein bekennender Fan. Die Beatles zeigten Crowley auf ihrem Sergeant-Pepper-Albumcover, Jimmy Page kaufte ein altes Haus des Gurus am Loch Ness, David Bowie sang über ihn, Marylin Manson tut es heute noch und Mick Jagger trug zu dem Soundtrack des Kurzfilms "Invocation of my Demon Brother" bei.

Aleister Crowley und sein Ruf über den Tod hinaus

Am 1. Dezember 1947, vor 75 Jahren, starb er verarmt und als Junkie im englischen Hastings an einer Lungenentzündung. Seine letzten Worte geben seinen Anhängern allerdings wieder Rätsel auf: "I am perplexed", soll er gesagt haben. Seiner Nachwelt vermachte er mehr als 80 Veröffentlichungen, zahlreiche Skizzen und Gemälde sowie einen Tarot-Kartensatz. Sein weitreichenden Einfluss ist noch heute stark bei seinen Anhänger*innen. Sein Mythos ist eine unheilvolle Inspirationsquelle nicht nur für den Neo-Satanismus. Charles Manson, Kopf der mörderischen Manson Family, bediente sich großzügig an den Ideen von "Liber legis", Scientology-Gründer L. Ron Hubbard soll das ebenfalls getan haben. Hippies fanden Gefallen an Crowleys "Tu, was du willst"-Gesetz. Die freie Liebe fand auch bei ihnen Anklang. Die heutige Esoterik ist ohne sein geistiges Vermächtnis kaum denkbar.

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