Wie ist die Stichwahl in Frankreich ausgegangen

Die Präsidentschaftswahl ist aufgrund der Machtposition des französischen Staatsoberhauptes das bedeutendste politische Ereignis des Landes. Das Ergebnis dieser Wahl ist daher auch von großem internationalen Interesse.

Die Geschichte der französischen Präsidentschaftswahl


Die Wahl des Präsidenten ist in Frankreich in der Verfassung der Fünften Republik festgeschrieben, die 1958 in Kraft trat. Mit Charles de Gaulle wurde 1959 der erste Präsident der neuen französischen Republik gewählt, damals noch auf sieben Jahren und durch ein Wahlkollegium. Dieses setzte sich aus Abgeordneten aus dem Parlament, den Departements-Räten sowie Vertretern der Stadt- und Gemeinderäte zusammen. Seit einem Referendum im Jahr 1962 gilt in Frankreich das absolute Mehrheitswahlrecht und der Präsident wird in zwei Wahlgängen direkt vom Volk gewählt. Bisher wurden in elf Wahlen acht französische Präsidenten gewählt.

Das Wahlverfahren der französischen Präsidentschaftswahl


Der französische Präsident wird alle fünf Jahre gewählt. Vor 2002 betrug die Amtszeit sieben Jahre, ein Referendum setzte im Jahr 2000 eine Reduzierung der Amtsperiode auf fünf Jahre durch. Damit sollte verhindert werden, dass der Präsident zu viel politische Macht erlangt, da sich eine Abwahl schwierig gestaltet. Außerdem wollte man vermeiden, dass der Präsident und die stärkste Partei im Parlament entgegengesetzten politischen Lagern angehörten, ein Zustand, der Cohabitation genannt wird. Der Präsident kann beliebig oft wiedergewählt werden, jedoch darf er nicht mehr als zwei Amtszeiten hintereinander regieren. Wahlberechtigt sind alle französischen Staatsbürger ab 18 Jahren.

Ein Kandidat ist im ersten Wahlgang gewählt, wenn er die absolute Mehrheit von über 50 Prozent der abgegebenen und gültigen Stimmen erreicht. In allen bisherigen Präsidentschaftswahlen der Fünften Republik war allerdings eine Stichwahl nötig, in der die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen aus dem ersten Wahlgang gegeneinander antraten. Dieser zweite Wahlgang findet zwei Wochen nach der ersten Wahlrunde statt. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.

Voraussetzungen für die Kandidaten der Präsidentschaftswahl


Zwar ist de facto jeder französische Staatsbürger ab 18 Jahren wählbar, allerdings müssen die Bewerber eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, um offiziell ins Rennen um das höchste französische Amt gehen zu können. Jeder Kandidat muss die Unterschrift von 500 Mandatsträgern aus mindestens 30 verschiedenen Departements nachweisen. Diese stammen meist von Parlamentsabgeordneten auf Europa-, Staats-, Regions- oder Departementsebene, aber auch Funktionsträger wie Bürgermeister haben eine Stimme. Insgesamt gibt es in Frankreich inklusive Überseegebieten rund 42.000 Mandatsträger. Zu beachten ist dabei, dass ein Departement nicht mehr als zehn Prozent der Unterschriften, also mehr als 50 Stimmen, stellen darf. Diese Regeln stellen sicher, dass Spaßkandidaturen vermieden werden.

Sobald die Kandidaten vom Verfassungsrat geprüft und bestätigt worden sind, müssen sie außerdem ihre Vermögenslage offenlegen. Die fertige Kandidatenliste wird spätestens 15 Tage vor der Präsidentschaftswahl vom Verfassungsrat vorgestellt. Neben der Prüfung der Kandidaten überwacht der aus neun Richtern bestehende Conseil constitutionnel (CC) außerdem die Verfassungsmäßigkeit der Präsidentschaftswahlen. Die Wahl des neuen Amtsträgers soll mindestens 20 und höchstens 35 Tage vor Regierungsende des amtierenden Präsidenten stattfinden.

Die bisherigen Präsidenten Frankreichs


Acht Präsidenten innerhalb von 64 Jahren: So lautet die bisherige Statistik der französischen Staatsoberhäupter. Besonders bedeutend für die deutsch-französische Annäherung nach dem Zweiten Weltkrieg war Charles de Gaulle, der erste Präsident der Fünften Republik. 1963 unterschrieb er zusammen mit Bundeskanzler Konrad Adenauer den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag (Élysée-Vertrag), der die Wogen zwischen den beiden Staaten glättete. Der Politiker begründete die politische Strömung des Gaullismus, die einen zentralistischen und konservativen Staat zum Ziel hat. Gaulle trat 1948 von seinem Amt zurück, nachdem ein von ihm initiiertes Referendum abgelehnt wurde.

Sein Nachfolger wurde Georges Pompidou, der bis zu seinem Tod im April 1974 im Amt war. Auf ihn folgte Valéry Giscard d'Estaing, der mit 48 Jahren der bis dato jüngste französische Präsident war. Nach dem Ende seiner siebenjährigen Amtsperiode wurde mit François Mitterand erstmals ein Sozialist zum Präsidenten gewählt. Mitterand war 1974 noch knapp d'Estaing in der Stichwahl unterlegen, konnte sich im neuen Anlauf aber schließlich durchsetzen. Der Parti Socialiste-Politiker (PS) leitete die französischen Staatsgeschäfte 14 Jahre und zwei volle Amtsperioden lang – so lange wie kein anderer Präsident der Fünften Republik.

Die sozialistische Regierung Frankreichs entwickelte sich mit der Wahl von Jacques Chirac 1995 in eine konservative. Der Politiker gründete 1976 die gaullistische Partei Rassemblement pour la République (RPR), die 2002 in die Union pour un mouvement populaire (UMP) überging. Dieser gehörte auch der folgende Präsident Nicolas Sarkozy an, der sein Amt 2007 antrat. Die Stichwahl im Mai 2012 verlor Sarkozy gegen seinen Herausforderer François Hollande, der zum zweiten sozialistischen Präsident Frankreichs wurde. Als erster Amtsträger in der Geschichte verzichtete Hollande auf eine weitere Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2017.

Eine Frau im Amt des französischen Präsidenten gab es noch nie. 1974 kandidierte mit Arlette Laguiller die erste weibliche Kandidatin für das höchste französische Amt. In den zweiten Wahlgang schafften es bisher nur zwei Frauen: Ségolène Royal 2007 und Marine Le Pen 2017.

Die Präsidentschaftswahl 2017: Emmanuel Macron vs. Marine Le Pen


Mit 39 Jahren wurde Emmanuel Macron am 7. Mai zum bisher jüngsten Staatspräsidenten Frankreichs gewählt. Der Politiker trat mit der von ihm gegründeten liberalen Partei La République en Marche! (LaREM, Deutsch: Die Republik in Bewegung) an. Der erste Wahlgang fand am 23. April 2017 statt, die Wahlbeteiligung lag bei 77,8 Prozent. Letztendlich konnte sich Macron 24 Prozent aller gültigen Stimmen sichern, während 21,3 Prozent an Marine Le Pen gingen, die Vorsitzende der rechtsextremen Partei Rassemblement National (RN, bis 2018 Front National). Für die beiden Kandidaten ging es somit in die Stichwahl. Platz drei und vier gingen an den liberalkonservativen Politiker François Fillon und den linkspopulistischen Kandidaten Jean-Luc Mélenchon.

In der zweiten Wahlrunde lag die Wahlbeteiligung nur noch bei rund 75 Prozent. Macron konnte sich schließlich deutlich mit 66,1 Prozent vor Le Pen (33,9 Prozent) durchsetzen. Sämtliche Umfragen hatten dem LaREM-Politiker im Vorlauf bereits den Sieg prognostiziert. Besonders in größeren Städten wie Paris oder Bordeaux konnte sich Macron eine deutliche Mehrheit holen. In 99 der 101 französischen Departements sicherte er sich über 50 Prozent der Stimmen.

Die Präsidentschaftswahl 2022: Wer macht das Rennen?


Der erste Wahlgang zur Präsidentschaftswahl 2022 findet am 10. April statt. Die Stichwahl folgt zwei Wochen später am 24. April 2022. Dies ist gemäß der französischen Verfassung, wonach die Wahl 20 bis 35 Tage vor Übergabe der Amtsgeschäfte durchzuführen ist. Die Amtsperiode des derzeitigen Präsidenten Emmanuel Macron läuft am 14. Mai ab. Da er erst eine Amtszeit hinter sich hat, kann Macron wiedergewählt werden, sofern er erneut antritt. Auch wenn er seine Kandidatur bisher noch nicht offiziell bestätigt hat, wird davon ausgegangen, dass Macron eine zweite Amtsperiode anstrebt. Schließlich konnte er aufgrund der Protestbewegung der sogenannten „Gelbwesten“ und der Coronavirus-Pandemie viele seiner erwünschten Reformpläne bisher nicht durchsetzen. Bis zum 26. Februar hat der LaREM-Politiker Zeit, seine Kandidatur anzumelden.

Im Wahlkampf wird er auf eine alte Bekannte treffen: Rechtspopulistin Marine Le Pen bewirbt sich erneut auf das schon lange von ihr angestrebte Präsidentenamt. Die extremen Rechten vertritt außerdem der polarisierende Journalist und Publizist Éric Zemmour. Gute Chancen werden Valérie Pécresse eingeräumt, der Präsidentin des Regionalrats von Île-de-France. Die Kandidatin der konservativen Republikaner (Les Républicains) erreichte bei kürzlichen Umfragen 20 Prozent und kann sich somit berechtigte Hoffnungen machen, die zweite Wahlrunde zu erreichen. Pécresse kann Erfahrung in der Regierungsarbeit vorweisen, nachdem sie unter dem ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy als Ministerin gedient hatte.

Deutlich schwächer präsentieren sich die Kandidaten der linken Parteien. Umfragen zufolge hat derzeit kein Bewerber Chancen darauf, die Stichwahl zu erreichen. Die bekannteste Kandidatin ist die Pariser Bürgermeister Anne Hidalgo, die der Parti Socialiste (PS) angehört. Diese befindet sich seit dem Ende von François Hollandes Amtszeit in der Krise und ein starkes Abschneiden bei der kommenden Wahl erscheint wenig wahrscheinlich. Auch die restlichen Vertreter der linken Parteien - Jean-Luc Mélenchon, Fabien Roussel sowie Grünen-Kandidat Yannick Jadot – fahren derzeit schwache Ergebnisse ein und stehen einer gemeinsamen Zusammenarbeit ablehnend gegenüber.