Wann kommt der Junge muss an die frische Luft?

Der 2018 erschienene, von der UFA produzierte Spielfilm „Der Junge muss an die frische Luft“ der deutschen Regisseurin und Oscar-Preisträgerin Caroline Link (Jahrgang 1964, u.a. „Jenseits der Stille“ - 1996, Oscar 2003 für „Nirgendwo in Afrika“ - 2001, „Exit Marrakech“ - 2013) beruht auf der Autobiografie Hape Kerkelings mit dem Titel: „Der Junge muss an die frische Luft – Meine Kindheit und ich“ aus dem Jahr 2014.

Der Film beleuchtet drei Jahre (1971 – 1973) der Kindheit, die der am 9. Dezember 1964 in Recklinghausen als Hans-Peter Wilhelm, genannt „Hape“, Kerkeling geborene deutsche Fernseh- und Bühnenkomiker, Autor, Moderator, Schauspieler, Sänger und Synchronsprecher, der ab den 1980er- Jahren populär wurde und mit seinen Kunstfiguren wie Siegfried Schwäbli, Uschi Blum oder Evje van Dampen und natürlich Horst Schlämmer einem breiten Publikum ein Begriff ist, mit seiner großen, „feierwütigen“ Verwandtschaft im Ruhrgebiet rund um die und in der Stadt Recklinghausen verbracht hat.

Der aufgeweckte, pummelige Hape (Julius Weckauf, geboren 2007, in seiner ersten Rolle) wächst behütet bei seinen Eltern Margret (Luise Heyer, etwa „Einmal bitte alles“, „Die Reste meines Lebens“ - je 2017, „Das schönste Paar“ - 2018) und Heinz (Sönke Möhring, etwa „Sturköpfe“ - 2015, „Volltreffer“ - 2016) und mit relativ vielen Freiheiten auf, woran seine beiden Omas, die taffe Änne (Hedi Kriegeskotte, etwa „Die Kanzlei“, Professor T. - je 2017) und die herzliche Bertha (Ursula Werner, etwa „Schwestern“ - 2013, „Die Hände meiner Mutter“ - 2016, „Sommerhäuser“ 2017) erheblichen Anteil haben.

Sein Vater ist als Schreiner viel unterwegs, seine Mutter oft krank. Aufopferungsvoll und unter vollem körperlichen Einsatz seines Talents kümmert er sich um sie, auf deren Seele sich ein immer dunkler werdender Schatten legt, versucht, sie mit Parodien und Imitationen aufzumuntern und zum Lachen zu bringen, sodass es Opa Willi (Joachim Król, etwa 2017: „Zwischen Himmel und Hölle“ -2017, „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“ - 2018) eines Tages zu bunt wird und er mit dem titelgebenden Satz: „Der Junge muss an die frische Luft“ ein Machtwort spricht.

Mit klassischen Mitteln, beispielsweise Voice-Over-Kommentaren des Ich-Erzählers Hape, die Lebensumstände, Familienmitglieder, seine Gefühle, Gedanken, Entschlüsse betreffend oder dem häufigen, präzisen, aber unauffälligen Einsatz von Musik (von Niki Reiser), schlägt Caroline Link souverän einen breiten, in warmherzigem Ton gehaltenen Erzählbogen aus Episoden und Anekdoten, für die sich Drehbuchautorin Ruth Toma (Jahrgang 1956, z.B. „Emmas Glück“ - 2006, „Mein Blind Date mit dem Leben“ - 2017) erkennbar von Kerkelings bekannten Sketchen inspirieren ließ, der von Hapes Geburt bis zum heute Mitte Fünfzigjährigen, der sich nach seinem 50. Geburtstag Ende 2014 weitgehend (aus dem Showgeschäft) zurückgezogen hat, reicht.

„Der Junge muss an die frische Luft“ ist kein Film zum Schenkelklopfen, sondern behandelt über weite Strecken sogar sehr intensiv ernsthafte und düstere Themen wie Tod und Depressionen und den Umgang damit. Er bringt nahe, wie die Traurigkeit, die Schwermut, das Leid und Leiden der Mutter Mitleid, und Mitgefühl in dem empfindsamen Jungen mit der feinen Sensorik für Befindlichkeiten anderer und besonders sensible Situationen erzeugen, sodass letztlich ihr und sein Schmerz den Katalysator für Hapes Ausflüge ins Lustige und seine Versuche im Komödiantischen, am Ende wohl seine Berufswahl darstellten. Er macht fühl- und begreifbar, dass Hape sich selbst Vorwürfe macht, z.B. in der größten Krise seiner Mutter nicht richtig gehandelt zu haben. Die Sätze: „Manchmal denk ich, ich hätt mich mehr anstrengen sollen. Denn man kann alles erreichen, wenn man nicht aufgibt“, tauchen mehrmals auf und wirken wie eine Gedanken-Endlosschleife.

Witzige, Zum-Tränen-Lachen heitere und herzzerreißend traurige Szenen wechseln sich ab, und traumwandlerisch sicher ergibt sich daraus eine Tragikomödie im wahrsten Sinn des Wortes.

Die FSK 6-Freigabe ist gerechtfertigt, da der Film durchgängig aus Hapes Sicht gedreht wurde und wegen der Betonung des liebevollen Umgangs innerhalb der Familie eine kindgerechte Auflockerung und Auflösung belastender Passagen gegeben ist.

Die „Kleinbürgerliche-Welt-Atmosphäre“ im Ruhrgebiet der 1970er-Jahre ist gut getroffen mittels der bis in die Details hinein stimmigen Kulissen, dank der sorgsamen Kameraarbeit Judith Kaufmanns (Jahrgang 1962, z.B. „Zwischen Welten“ – Regie: Feo Aladag - 2014, „Das Zeugenhaus“ (TV-Film) – Regie: Matti Geschonneck - 2014, „Freistatt“ – Regie: Marc Brummund -2015, „Elser“ – Er hätte die Welt verändert – Regie: Oliver Hirschbiegel - 2015 oder „Die göttliche Ordnung“ - 2017) und wegen der grandiosen Schauspieler, die sie zum Leben erwecken, indem sie mit großer Liebenswürdigkeit und Ehrlichkeit in ihren Rollen aufgehen. Weiterhin zu sehen sind Rudolf Kowalski als Opa Hermann und Maren Kroymann als Frau Höttermann - in einer ulkigen Szene auch zusammen – oder Diana Amft als Frau Kolossa, Elena Uhlig als Tante Gertrud und Birge Schade als Tante Lisbeth.

Dieses Ensemble trägt den vor Spiellust nur so sprühenden, strahlkräftigen jungen Hauptdarsteller Julius Weckauf, der eine echte Entdeckung, ein echter Hingucker und die Idealbesetzung als junger Hape ist. Keck, burschikos, pfiffig und nie auf den Kopf oder den Mund gefallen einerseits, einfühlsam, zart und ernsthaft andererseits stellt er allein schon optisch eine Art Reinkarnation oder ein junges Alter Ego Hape Kerkelings dar – man beachte allein die Haltung und den Gang im Bonusmaterial – scheinbar mühelos agiert er zwischen Tiefe und Komik.

Mein Resümee: Ich bin gerührt und hellauf begeistert, fühle mich beglückt und bereichert von diesem Film voller wunderbar austarierter Emotionalität und Leichtigkeit, der nie rührselig wird. „Der Junge muss an die Luft“ gewährt Einblicke in einen sehr persönlichen, einschneidenden Abschnitt in Hape Kerkelings Leben und stellt gleichzeitig eine Familiensaga dar, die die universelle Botschaft aussendet, dass der Zusammenhalt einer Familie immens wichtig ist, sogar überlebenswichtig werden kann, sowie Trost und Heilkraft verströmt.

PS: Zu Recht gab es dafür die Auszeichnung der Deutschen Film- und Medienbewertung als „Besonders wertvoll“ sowie zahlreiche Nominierungen und Preise, etwa die Auszeichnung für die „Beste Regie Kinofilm“ an Caroline Link, Auszeichnung für die „Beste Bildgestaltung Kinofilm“ an Judith Kaufmann, Auszeichnung als “Bester Nachwuchsdarsteller“ an Julius Weckauf bei der Romyverleihung 2019.

Die Extras bieten kurze Sequenzen und Interviews zu „Vom Buch zum Film“, „Hinter den Kulissen“ und einen Vergleich zwischen „Julius und Hape“.

Wann kommt im Fernsehen der Junge muss an die frische Luft?

„Der Junge mus an die frische Luftläuft heute um 20.15 Uhr auf Sat.

Wo läuft heute der Junge muss an die frische Luft?

Bei RTL+ (ehemals TVNOW) kannst Du den Film Der Junge muss an die frische Luft und viele weitere Filme online anschauen.

Auf welchem Programm lief der Junge muss an die frische Luft?

"Der Junge muss an die frische Luft": ein echtes Naturtalent SAT. 1 zeigt die feinfühlige Verfilmung der Kindheit Kerkelings zur besten Sendezeit.

Ist der Junge muss an die frische Luft traurig?

Denn dieser Film ist vor allem eines: sehr traurig. Er erzählt die Geburt der Komik aus der Tragödie. Der kleine Hans-Peter verliert das Zentrum seines Lebens, die geliebte Mutter. "Der Junge muss an die frische Luft" ist auch ein Film über das Monster Depression.