Knorpelschaden Knie wie lange kein Sport

In Zeiten der zunehmenden Belastung im Sport durch steigende Wettkampfzahlen und in vielen Sportarten durch schnelle Geschwindigkeiten wächst auch die Belastung für den Gelenkknorpel. Knorpelschäden stellen ein immer größer werdendes Problem dar. Neben den langen Ausfallzeiten bei der operativen Therapie und der fehlenden Reversibilität der Verletzung führen sie nicht selten sogar zum Karriereende.

Der Faktor Ausfallzeit spielt gerade im Hochleistungssport gegenüber dem langfristigen Ergebnis meist für den Athleten eine übergeordnete Rolle.

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die verschiedenen konservativen und operativen Therapieverfahren, die Indikationsstellung und speziellen Anforderungen der Knorpeltherapie im (Leistungs-)Sport.

Schlüsselwörter: Knorpel, Rückkehr zum Sport, Therapieoptionen, Sport

Hintergrund

Knorpelschäden stellen im Sport ein zunehmendes Problem dar. Eine genaue Inzidenz zu erheben ist schwierig, ist diese doch in den einzelnen Sportarten sehr unterschiedlich und ein Teil der Athleten asymptomatisch. Angaben für das relative Risiko einer Kniegelenksarthrose für Sportler aus „high-pivoting Sportarten“ schwanken von 5-12fach (1), (2). Im Rahmen einer Untersuchung der NFL Combine fanden sich bei 3 von 5 Athleten Knorpelschäden, wobei es sich bei 17% um IV° Knorpelläsionen handelte. Athleten mit Z.n. Meniskusteilresektion waren dabei erwartungsgemäß häufiger betroffen (27% vs. 12%) (3). Aufgrund der bikonvexen Gelenkflächenanatomie lateral finden sich Knorpelschäden nach Meniskus-OP hier deutlich häufiger als medial (25% vs. 6%). Der mediale Femurkondylus ist beim männlichen Fußballspieler deutlich häufiger betroffen als der laterale. Bei Frauen stellt sich dies genau umgekehrt dar. Einer der Gründe ist sicher die Veränderung der Beinachse. Nepple et. al (3) konnten in ihrer Arbeit zudem einen Zusammenhang zwischen der Inzidenz und der Spielposition zeigen, was die unterschiedliche Gelenkbelastung innerhalb einer Mannschaft unterstreicht.

Diagnostik

Bereits in der klinischen Untersuchung sollte das Augenmerk auch auf begleitende Einflussfaktoren gerichtet werden, die die Wahl des geeigneten Therapieverfahrens mitunter deutlich beeinflussen können. Instabilitäten eines Gelenkes oder achsbedingte Fehl- und Mehrbelastungen sind immer mit abzuklären. Ebenso vorausgegangene Operationen z.B. an den Menisken oder Bändern.

Neben der klinischen Untersuchung stellt die Kernspintomographie den Goldstandard in der bildgebenden Diagnostik dar. Dabei ist die Bildqualität aber nicht allein von der Feldstärke des Gerätes abhängig, sondern wird maßgeblich durch die gefahrenen Sequenzen beeinflusst. Als Spezialsequenzen dienen zum einen dGEMRIC-Sequenzen (T1 delayed Gadolinium-enhanced MRI of cartilage) und zum anderen das Multi-echo- und spin-echo T2-Mapping, wobei sich das T2-Mapping als deutlich praktikabler im klinischen Alltag erweist. Die dGEMRIC-Sequenzen bilden den Proteoglykangehalt des Knorpels ab, wobei niedrige Werte einem niedrigen Gehalt entsprechen. Das T2-Mapping gibt eine Einschätzung des Wassergehalts und der Kollagenmikrostruktur im Knorpel, wobei hohe T2-Werte einem strukturellen Knorpelschaden entsprechen. Aufgrund der deutlich höheren Sensitivität sind hochauflösende MRTs mit 3 Tesla Feldstärke in der Knorpeldiagnostik anzustreben.

Eine MR-Arthrographie kann gerade im Bereich der Hüfte und Schulter hilfreich sein und zeigt zudem Begleitschäden wie Labrumläsionen deutlich besser als das native MRT.

Gerade im Falle einer geplanten Operation sollten Röntgenaufnahmen die Diagnostik vervollständigen. Im Bereich des Knies können bei geplanter Knorpelchirurgie zusätzlich Aufnahmen im Stehen, gehaltene Aufnahmen im Varus- und Valgusstress sowie Ganzbeinstandaufnahmen durchgeführt werden. Je nach klinischem Befund komplettieren gehaltene Aufnahmen für die vordere und hintere Schublade im Seitenvergleich die Bildgebung.

Therapie

Das Therapieregime muss immer individuell unter Betrachtung des klinischen und radiologischen Befundes festgelegt werden. Gerade im Leistungssport wird die Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren häufig durch nicht medizinische Einflussfaktoren mitbeeinflusst. Deren Bedeutung für den Athleten darf nicht unterschätzt werden. Hierzu zählen bei den saisonalen Sportarten der Zeitpunkt in der Spielzeit, der Abstand zu wichtigen Wettkämpfen, die Wichtigkeit der bevorstehenden Spiele (im Fußball z.B. Auf- oder Abstiegsgefahr, Erreichen oder Teilnahme am internationalen Geschäft, Einsätze bei der Nationalmannschaft etc.). Diese Faktoren dürfen die grundsätzliche Therapieempfehlung natürlich nicht beeinflussen, können das Behandlungsregime aber in Absprache mit dem Sportler modifizieren, wobei eine detaillierte Aufklärung über mögliche Gefahren einer Therapieverzögerung oder -modifikation dokumentiert werden müssen.

Konservative Therapie

Die Indikation zur konservativen Therapie besteht sowohl beim Vorliegen von kleinen bzw. niedriggradigen Knorpelschäden (1 und 2°) als auch bei höhergradigen Schäden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind: nur wenig Beschwerden (keine wesentliche Ergussbildung, niedriges Schmerzniveau, keine wesentliche Schmerzzunahme unter Belastung), fissurale Läsionen und solche ohne im MRT ersichtliche instabile Knorpelanteile. Bei kleinen 3 und 4° Läsionen kann dem Sportler im Abstand von je einer Woche 2-3 PRP-Injektionen i.a. appliziert werden (Abbildung 1). Alternativ kommt eine Infiltrationsserie mit Hyaluronsäure in Frage. Eine Entlastung des betroffenen Gelenkanteils z.B. mit Einlagen stellt eine gute Option dar.

Aufgrund der hohen Belastung für den Gelenkknorpel im Rahmen von High-impact-Sportarten sollten bei konservativem Vorgehen (jährliche) MRT-Verlaufskontrollen durchgeführt werden, um eine Progredienz rechtzeitig zu erkennen und das therapeutische Vorgehen ggf. anzupassen.

Operative Therapie

Symptomatische größere III und IV° Knorpelschäden bedürfen meist der operativen Therapie, sofern die konservative Therapie nicht zu einem ausreichend guten Ergebnis geführt hat. Das Vorhandensein von freien Gelenkkörpern oder Zeichen einer hochgradigen Knorpelinstabilität, die sich z.B. bei Delaminationen zeigt, stellen eine klare OP-Indikation dar.

Grundsätzlich richtet sich die Auswahl des Verfahrens insbesondere nach der Defektgröße und der Lokalisation des Defektes, wobei auch hier die o.g. nichtmedizinischen Einflussfaktoren mitberücksichtigt werden müssen. Ein kurzes Zeitintervall zwischen dem Beginn der Symptomatik bis zur OP scheint einen positiven Einfluss auf das postoperative Ergebnis hinsichtlich der Rückkehr zum Wettkampfsport zu haben (1).

Bei kleinen Defekten (< 1cm2) ist die Mikrofrakturierung (MF) das Verfahren der Wahl. Die im entstehenden Blutclot enthaltenen Stammzellen führen zur Ausbildung eines Faserknorpels im Defekt.

Die Basis der AMIC(autologe matrixinduzierte Chondrogenese) ist ebenfalls die MF. Zusätzlich wird der Defekt mit einer Bilayer-Membran abgedeckt, um den Blutclot im Defekt zu halten und die Ausbildung des Regeneratknorpels zu verbessern. Inzwischen sind auch Gele verfügbar, die die gleiche Funktion haben (Abbildung 2). Vorteil ist die bessere Platzierbarkeit an schlecht zugänglichen Lokalisationen.

Die Knorpeltransplantation (ACT) kann entweder mit einem matrixassoziiertem Verfahren (mACT) oder mit sogenannten Sphäroiden bzw. Gelen durchgeführt werden. Bei beiden Verfahren werden in einer ersten Arthroskopie Knorpelzellen aus einer unbelasteten Stelle im Gelenk entnommen und später nach einer definierten Anzüchtzeit implantiert. Bei vorliegenden Achsfehlstellungen, die zu einer Druckerhöhung im betroffenen Kompartiment führen, sollte eine gleichzeitige Umstellungsosteotomie angestrebt werden, da in diesen Fällen nur so langfristig erfolgversprechende Ergebnisse erzielt werden. Allerdings muss eine Rückkehr in den Leistungssport nach einem solchen Eingriff sicher realisitisch gegenüber dem Athleten eingeschätzt und kommuniziert werden.

Für kleinere tiefe Defekte (meist osteochondral) kommt zudem ein Knorpel-Knochen-Transfer (OATS-Osteochondral Autograft Transplantation) in Frage, bei dem ein Knorpel-Knochenzylinder aus einer nicht-lasttragenden Stelle des Knorpels entnommen und in den Defekt nach entsprechender Vorbereitung eingesetzt wird. Der Vorteil des Verfahrens liegt in der etwas schnelleren Belastbarkeit, der Nachteil ist eine mögliche Entnahme-Morbidität. Künstliche Knorpel-Knochen-Zylinder konnten sich bislang nicht durchsetzen.

Eine sekundäre ACT nach vorausgegangener erfolgloser MF führt zu schlechteren Ergebnissen, so dass im Falle einer OP immer ein endgültiges Verfahren angestrebt werden sollte.

Eine orientierende Übersicht über die Indikationen der einzelnen Verfahren gibt (Abbildung 3).

Die Ergebnisse der retropatellaren Knorpelchirurgie sind etwas schlechter als im Hauptgelenk. Die Ausbildung von intraläsionalen Osteophyten nach Mikrofrakturierung stellt ein bekanntes Problem dar. Daher wird im eigenen Vorgehen bei diesen Läsionen immer das höherwertige Therapieverfahren angestrebt. Im Falle des Vorliegens eines Malalignment muss dieses mitadressiert werden.

Return to Sport

Für eine sichere und nachhaltige Rückkehr zum Sport ist nicht nur die Versorgung der Verletzung an sich sondern auch eine intensive und strukturierte Rehabilitation erforderlich. So gilt es, funktionelle Defizite, die zu einer Fehl- und Mehrbelastung des betroffenen Gelenkes führen, zu erkennen und zu beseitigen. Die Beinachse, eine gute Rumpf- und Beckenstabilität sowie ein hohes propriozeptives Niveau spielen bei Knorpelschäden der unteren Extremität eine wichtige Rolle.

Die Reha sollte stufenweise erfolgen, wobei am Ende jeder Stufe eine spezifische funktionelle qualitative und quantitative Testung stehen sollte, um zu überprüfen, ob das Gelenk für die nächste Belastungsstufe ausreichend vorbereitet ist (Keller et al (4)). Die Zeiten bis zum Return-to-Sport unterscheiden sich in Abhängigkeit vom Verfahren (Abbildung 4) und der angestrebten Sportart. Während Sportler mit MF durchschnittlich nach 6-9 Monaten wieder am Wettkampfgeschehen teilnehmen, beträgt die Ausfallzeit nach ACT 12-15 Monate (1), (2). Über die Dauer der Zeit zeigt die MF die instabilsten Ergebnisse, die ACT die besten. Ferner konnte ein Zusammenhang zwischen der Dauer der Symptome und der Rate der Rückkehr zum Sport aufgezeigt werden. Dabei scheint eine Dauer von über 12 Monaten eine kritische Grenze darzustellen.

Fazit für die Praxis

Knorpelverletzungen führen im Sport mitunter zu langen Ausfallzeiten. Dies gilt insbesondere für die operativen Verfahren. Während bei konservativer Behandlung bei kleinen traumatischen Verletzungen die Rückkehr nach rund 2-3 Monaten angestrebt werden kann, verlängern sich diese Zeiten postoperativ deutlich. Die Wahl des geeigneten Verfahrens hängt insbesondere von der Defektgröße ab. Aufgrund der längsten Ausfallzeit und den mitunter erforderlichen Achskorrekturen wird die ACT im Hochleistungssport eher selten durchgeführt, obgleich sie über die Zeit die stabilsten Ergebnisse zeigt. Meist wird daher eine Mikrofrakturierung vom Sportler gewünscht. Bei deren Scheitern sind aber auch schlechtere Ergebnisse einer nachfolgenden ACT zu erwarten. Daher sollte bei jungen und nicht professionellen Sportlern bei entsprechender Indikation das hochwertigste Verfahren angestrebt werden, auch wenn die Zeit bis zur Rückkehr in den Sport sind hierdurch verlängert.

Wie lange kein Sport nach Knorpelschaden?

Bereits sechs Wochen nach dem Eingriff ist eine Vollbelastung wieder möglich und Sportarten, wie Radfahren und Schwimmen können wieder regulär ausgeübt werden. Bei sehr laufintensiven Sportarten, wie Fußball, Handball oder Tennis empfehlen wir, diese erst nach sechs Monaten wieder aufzunehmen.

Kann man mit Knorpelschaden Sport machen?

Vermeiden Sie nach einem Knorpelschaden unbedingt Überlastung, da das betroffene Gelenk sonst weiter in Mitleidenschaft gezogen werden kann! Gehen Sie, soweit vom Arzt oder Physiotherapeuten nicht anders angedacht, regelmäßig laufen, insofern dies im schmerzfreien Bereich möglich ist.

Wie lange Pause bei Knorpelschaden?

Nur in seltenen Fällen ist eine aufwendigere Knochen-Knorpel-Transplantation notwendig. Die Heilungsdauer hängt von der Schwere des Knorpelschadens am Sprunggelenk ab. Sie kann zwei Wochen bis vier Monate in Anspruch nehmen.

Welche Sportarten darf man machen bei Knorpelschaden?

Sanfte Bewegung: Radfahren, Schwimmen oder Skilanglauf fördern den Nährstoffaustausch im Gelenkknorpel bei geringer Stoßeinwirkung. Ein guter Stoffwechsel im Gelenk beugt auch Arthrose vor. Motto: Viel bewegen, wenig belasten.