Ist es schlimm wenn der Puls über 100 ist?

Wer dauerhaft einen hohen Ruhepuls hat, trägt ein größeres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. So lässt sich die normale Herzfrequenz ermitteln und ein schwaches Herz richtig trainieren.

Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt, Herzschwäche und Arteriosklerose sind in Deutschland die Todesursache Nummer eins. Ein Risikofaktor ist Studien zufolge nicht nur ein hoher Blutdruck, sondern auch ein hoher Puls. Das häufige Schlagen ist anstrengend für das Herz und kann zu einem früheren Tod führen.

Menschen mit niedrigem Ruhepuls leben länger

Eine Untersuchung der Uniklinik Saarbrücken zeigt, dass gesunde Menschen mit einem niedrigen Ruhepuls länger leben als Menschen mit einem hohen Ruhepuls: Wer mit einem Ruhepuls von mehr als 70 Schlägen pro Minute durchs Leben geht, hat ein um 60 Prozent höheres Risiko, in den kommenden neun Jahren zu sterben.

Welcher Puls ist normal?

60 bis 90 Schläge pro Minute gelten als normale Pulsfrequenz. Doch ein gesundes Herz schlägt nicht konstant wie ein Metronom. Der Puls hängt von vielen Faktoren ab, vor allem von Alter, Anstrengung und Trainingszustand. Bei Spitzenathleten schlägt das Herz im Ruhezustand pro Minute nur etwa 40 Mal, Freizeitsportler haben einen Puls von 60 bis 70, Untrainierte kommen auf über 80. Ein dauerhaft hoher Puls ist ein Anzeichen für mangelnde Kondition. Das kann verschiedene Ursachen haben: Rauchen, hoher Kaffee- und Alkoholkonsum, zu wenig Ausdauersport.

Ist es schlimm wenn der Puls über 100 ist?

VIDEO: Zu hohen Ruhepuls erkennen und behandeln (6 Min)

Warum der Puls schwankt

Ein gut trainiertes Herz kann in Ruhe langsamer schlagen, weil es sehr kräftig pumpt und pro Schlag sehr viel Blut transportiert. Ein schwaches Herz dagegen hat pro Schlag nur relativ wenig Auswurf und muss deshalb häufiger schlagen.

Spitzensportler können Pulsspitzen von über 200 erreichen, mäßig Trainierte nur 180. Ein schwaches Herz bringt es auf gerade mal 160 Schläge und schafft wegen seiner geringeren Pumpkraft nur einen Teil des Blutes auszuwerfen.

Der Körper stimuliert das Herz bei geringerer Pumpleistung durch Ausschüttung von Stresshormonen, um durch mehr Pulsschläge die gleich Menge Blut auszuwerfen. Schlägt ein Herz deshalb dauerhaft mit 140 Schlägen und wird das über Wochen nicht behandelt, kann eine Herzschwäche die Folge sein.

Starke Schwankungen sind positiv

Je größer die Spannbreite zwischen Ruhe- und Belastungspuls ist, desto größer ist die Reserve. Wichtig ist, dass sich das Herz gut an Belastungssituationen anpassen kann. Ärzte sprechen dabei von der Pulsmodulation. Steigt die Pulsfrequenz unter körperlicher Belastung nicht so stark, wie es normal wäre, ist das ein Alarmzeichen: Das autonome Nervensystem, das das Herz im Gleichgewicht halten soll, ist angegriffen.

Ein schwaches Herz kommt nachts nicht zur Ruhe

Bei Gesunden sinkt die Pulsfrequenz während der Nacht, wenn der Körper in den Ruhemodus schaltet und weniger Blut braucht. Ein schwaches Herz dagegen kommt auch nachts nicht zur Ruhe und schlägt weiter 80 Mal pro Minute. Eine geringe, starre Pulsmodulation ist mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und plötzlichen Herztod verbunden. Sie tritt häufig bei Diabetikern auf. Auch stressgeplagte Menschen, die kurz vor dem Burn-out stehen, weisen häufig eine solche pathologische Herzratenvariabilität mit hohem und starrem Puls auf.

Hoher Ruhepuls kann ein Warnzeichen sein

Ein erhöhter Ruhepuls ist oft ein Zeichen für eine innere Erkrankung wie Diabetes, Bluthochdruck oder Übergewicht. Dabei ist der erhöhte Puls nicht die Ursache, sondern eine Begleiterscheinung, weil der Körper versucht, eine optimale Versorgung bis in die Fingerspitzen aufrecht zu erhalten - ob mit Sauerstoff oder mit Insulin. Damit überall genug ankommt, pumpt das Herz häufiger.

Ruhepuls richtig messen

Mit einer regelmäßigen Pulskontrolle kann jeder seinen Fitnesszustand und den seines Herzens überprüfen. Auch ohne technische Hilfe ist der Ruhepuls recht einfach zu messen: entspannt hinsetzen, fünf Minuten lang gar nichts machen und dann mit einem Messgerät oder mit zwei Fingern am Handgelenk den Puls erfühlen. Die Schläge 15 Sekunden lang mitzählen und dann mit vier multiplizieren. Das Ergebnis ist der Ruhepuls.

So lässt sich der Puls senken

  • Neben gesunder Ernährung tragen auch Entspannungsübungen wie autogenes Training, Biofeedback, Atemtraining oder Tai Chi dazu bei, den Puls zu senken und die Spannbreite des Pulsschlags zu erhöhen.
  • Wer ein gesundes Herz hat, sollte regelmäßig Ausdauersport treiben, um das Herz zu stärken und die Pulsfrequenz zu senken.
  • Wer ein geschwächtes Herz hat, muss das Training behutsamer angehen - das Herz fordern, aber nicht zum Rasen bringen. Ideal ist ein Wechsel aus Anstrengung und Ruhe. Dabei lernt das Herz, in der Anstrengungsphase kräftiger und schneller zu schlagen und sich danach rasch wieder zu erholen. Auf Dauer muss es dann immer weniger schlagen, weil es kräftiger wird.

Mit Sport das Herz schützen

Der Ruhepuls ist ein Maß für den Fitnesszustand: Wer gut trainiert ist, hat einen Ruhepuls von unter 70 oder noch besser unter 60. Das spricht für einen guten Gesundheitszustand. Liegt der Ruhepuls dauerhaft höher, sollte das Anlass sein, einen Arzt aufzusuchen und etwas für seine Fitness und damit für sein Herz zu tun.

Entscheidend ist das Ausdauertraining, also Bewegung über mindestens 20 Minuten in gleichmäßiger Intensität. Das senkt den Ruhepuls, stärkt den Herzmuskel und sorgt dafür, dass der Körper gelassener auf Adrenalin reagiert.

Ideal sind Ausdauersportarten wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren - am besten drei Mal pro Woche. Dabei gilt die Faustregel, dass ein halbes Jahr Sport den Ruhepuls um etwa fünf Schläge pro Minute senken kann. Auf lange Sicht kann konsequentes Training den Ruhepuls sogar um bis zu 20 Schläge verringern. Wichtig ist aber, nicht damit aufzuhören, sonst lässt der Effekt schnell wieder nach und nach wenigen Wochen steigt der Ruhepuls wieder.

Für Menschen mit Herzerkrankungen gibt es spezielle Herzsportgruppen, in denen sie unter Anleitung und Aufsicht sicher trainieren können.

Expertinnen und Experten zum Thema

Dr. Melanie Hümmelgen, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie

Chefärztin der Kardiologie und stellv. Ärztliche Direktorin
RehaCentrum Hamburg
Martinistraße 66
20246 Hamburg
(0 40) 25 30 63-505
www.rehahamburg.de

Dr. Helge Riepenhof, Chefarzt

Zentrum für Rehabilitationsmedizin und interdisziplinäre Sportmedizin
BG Klinikum Hamburg
Bergedorfer Straße 10
21033 Hamburg
www.bg-kliniken.de/klinikum-hamburg

Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Direktor

Klinik für Kardiologie
Universitäres Herz- und Gefäßzentrum UKE Hamburg
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52
20246 Hamburg
www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/kardiologie/

Prof. Dr. Norbert Frey, Ärztlicher Direktor

Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
www.klinikum.uni-heidelberg.de/zentrum-fuer-innere-medizin-krehl-klinik

Prof. Dr. Samuel Tobias Sossalla, Leitender Oberarzt

Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II
Universitätsklinikum Regensburg
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93053 Regensburg
www.ukr.de/kliniken-institute

Sabrina Bittkau, Geschäftsführerin

Herz InForm - Hamburger Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e.V.
Humboldtstraße 56
22083 Hamburg
(040) 22 802-364
www.herzinform.de

Weitere Informationen

Deutsche Herzstiftung e. V.
Bockenheimer Landstraße 94-96
60323 Frankfurt am Main
(069) 95 51 28-0
www.herzstiftung.de

Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e.V.
Friedrich-Ebert-Ring 38
56068 Koblenz
(0261) 30 92 31
www.dgpr.de
Informationen über Herzsportgruppen bundesweit

 

Visite

Dieses Thema im Programm:

Visite | 21.12.2021 | 20:15 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Herz-Kreislauferkrankungen

Ist es schlimm wenn der Puls über 100 ist?

Dieser Artikel wurde ausgedruckt unter der Adresse: https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Ruhepuls-senken-Tipps-zu-Messung-Massnahmen-und-Risiken,puls118.html

Ist ein ständiger Puls über 100 gefährlich?

Schlägt das Herz über 100 mal in der Minute, gilt der Puls als beschleunigt. Gibt es dafür keinen "gesunden" Grund, wie zum Beispiel körperliche Anstrengung oder Aufregung, dann bekommt der schnelle Puls die medizinische Bezeichnung "Tachykardie" und gilt als krankhaft.

Was tun wenn der Puls 100 ist?

Was tun, wenn der Puls zu hoch ist?.
Beruhigen, da innere Unruhe und Stress kontraproduktiv sind..
Die Belastung stoppen..
Gleichmäßig ein- und ausatmen..
Koffein-, Alkohol- und Nikotinkonsum reduzieren..
Regelmäßige Bewegung..
Wechselduschen..

Wie hoch darf der Puls maximal sein?

Prof. Meinertz empfiehlt gesunden Menschen in der Regel, einen Puls von 220 minus Lebensalter nicht zu überschreiten. Das Herz eines gesunden 40-Jährigen verträgt einen Puls bis 180, während ein 60-Jähriger den Wert von 160 möglichst nicht überschreiten sollte.

Welche Symptome bei hohem Puls?

Ein rasender Puls belastet das Herz und kann auf eine ernsthafte Erkrankung hindeuten. Kehrt das Herzrasen immer wieder oder bleibt die Ruhefrequenz über längere Zeit erhöht, sollten Sie zum Arzt gehen und die Ursachen abklären lassen. Herzrasen sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.