Das Arbeitslosengeld wird nach dem durchschnittlichen Verdienst berechnet. Aber es gibt Sonderfälle in denen das Arbeitslosengeld durch eine fiktive Berechnung deutlich niedriger ausfallen kann. Wir erläutern, wann das passiert und wie dann die Höhe des Arbeitslosengeldes berechnet wird. Show
Bei der Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe kann die Höhe des Arbeitslosengeldes unfair ausfallen. Copyright by Adobe Stock/ H_Ko 27.10.2020 Neumann ist gebeutelt. Erst ist er aufgrund eines Unfalls sechs Monate krank, dann geht sein Arbeitgeber in die Insolvenz. Das nimmt ihn so mit, dass er die nächsten eineinhalb Jahre arbeitsunfähig ist. 18 Monate bekommt er Krankengeld, dann beantragt er Arbeitslosengeld. Arbeitslosengeld deutlich geringer als erwartetArbeitslosengeld wird in mehreren Schritten berechnet. Von dem sogenannten pauschalierten Nettoentgelt erhält der Kinderlose dann 60%, wer unterhaltspflichtig für mindestens ein Kind ist, bekommt 67%. Wann wird fiktiv berechnet?Um das Arbeitslosengeld zu berechnen, wird grundsätzlich der Verdienst aus einem Jahr ermittelt, bevor Arbeitslosigkeit eintrat. Bezog der Arbeitslose in diesem Bemessungsrahmen nicht 150 Tage - das sind 5 Monate - Arbeitsentgelt, dann wird noch ein Jahr dazu genommen. Wenn dann 150 Tage zusammenkommen, wird nach dem Durchschnittseinkommen pro Kalendertag für die das Einkommen erzielt wurde, also „normal“
berechnet. Neumann kommt nicht auf 150 Tage, auch nicht in zwei Jahren. Bei ihm wird ein fiktives Arbeitsentgelt nach § 152 SGB III zu Grunde gelegt. Wie erfolgt die fiktive Berechnung?Der Gesetzgeber hat eine Unterteilung in 4 Qualifikationsgruppen vorgenommen: Hochschulabschluss, Fachschulabschluss oder Meister, abgeschlossene Ausbildung im Ausbildungsberuf und keine (abgeschlossene) Ausbildung. Neumann ist von der Agentur der Gruppe zuzuordnen, auf die sich die Vermittlungsbemühungen erstrecken. Das Gesetz nennt nicht feste Beträge, sondern Prozentsätze der Bezugsgröße (1/300 in Stufe 1, 1/360 in Stufe 2, 1/450 in Stufe 3 und 1/600 in Stufe 4. Neumann, der in Westdeutschland lebt, wurde als Facharbeiter in der Gruppe 3 eingestuft (Berechnung 38.220 €: 450 = 84,93 € tägliches Bemessungsentgelt). Widerspruch gegen die EinstufungNeumann hatte vor 20 Jahren eine Meisterprüfung abgelegt, aber aus den unterschiedlichsten Gründen nie in diesem Beruf gearbeitet. Die Sozialgerichte lassen aber im Streitfall eine so alte Qualifikation außen vor. Es gibt hierüber mehrere Entscheidungen von Landesozialgerichten (LSG). So sagt z.B. das nordrheinwestfälische LSG (Az. L9 AL 141/18): Verfügt ein Arbeitsloser über eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf, so kommt dieser (höchste) Berufsabschluss für die Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe als Grundlage der Ermittlung des fiktiven Arbeitsentgelts nach § 152 SGB III nicht mehr in Betracht, wenn er in diesem Beruf vor mehr als 20 Jahren zuletzt tätig gewesen ist und im Übrigen mittlerweile eine Weiterbildungsmaßnahme in einem anderen Beruf erfolgreich absolviert hat. Ist die fiktive Berechnung ungerecht?Neumanns Fall kommt einem nicht gerecht vor. Er hat über Jahre hohe Beiträge für die Arbeitslosenversicherung gezahlt und dann, wenn er sie braucht, wird von einem geringeren Wert ausgegangen. Abwandlung:Im Arbeitsrechtsstreit mit seinem Arbeitgeber war eine Abfindungszahlung von drei Monatsgehältern in Verhandlung. Der Arbeitgeber bot auch an, stattdessen könnte Neumann eine bezahlte Freistellung von drei Monaten wählen. Das hat er getan, denn in seinem Bemessungszeitrahmen fehlten ihm noch 60 Tage, um die 150 Tage zu erreichen. Diese Zeit einer Freistellung wollte die Agentur für Arbeit in der Vergangenheit nicht anerkennen. Das sahen auch die Gerichte so. Das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 30.8.2018 - Az. B11 AL 15 /17) hat jedoch seine alte Rechtsprechung dazu aufgegeben. Seitdem gilt: Das während einer unwiderruflichen Freistellung gezahlte und abgerechnete Arbeitsentgelt ist in die Bemessung des Arbeitslosengeldes einzubeziehen. Somit erreicht Neumann, dass sein Durchschnittsverdienst zu Grunde gelegt wird. Die Gerichte sehen keine Benachteiligung von FrauenOft trifft es die Frauen, die nach Erziehungszeiten sich der Agentur wieder zur Verfügung stellen und dann mangels genügender Arbeitstage im Bemessungszeitraum fiktiv eingestuft werden. Zeiten des Bezugs von Krankengeld und Mutterschaftsgeld sind nicht zu berücksichtigen, weil es sich dabei nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des Gesetzes (§ 151 SGB 3) handelt. Die gesetzliche Regelung wird von verschiedenen Landessozialgerichten (LSG) für verfassungsgemäß gehalten (z.B. Hessisches LSG, Az. L 7 AL 73/18). Und auch das Schleswig-Holsteinisches LSG urteilte (Az. L 3 AL 10/17), dass eine Mutter wegen längerer freiwilliger Unterbrechung ihres Berufslebens wegen Kindererziehung fiktiv einzustufen sei, und dies weder gegen Verfassungs- noch Gemeinschaftsrecht verstoße. LINKS: Freistellung schadet bei Arbeitslosengeld nicht Rechtliche Grundlagen § 152 SGB III Fiktive Bemessung § 151 SGB III Bemessungsentgelt Wie viel Arbeitslosengeld bekommt man als Azubi?Haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld I nach der Ausbildung bekommen Sie rund 60 Prozent des letzten Nettogehaltes monatlich ausbezahlt. Die Dauer des Bezugszeitraums kommt auf den Zeitraum der vorherigen Beschäftigung an.
Wie berechnet sich die Höhe des Arbeitslosengelds?Arbeitslosengeld Empfänger erhalten 60 % ihres letzten Nettogehalts. Mit Kindern liegt der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei 67% des Nettogehalts.
Wie viel Monate muss man arbeiten um Arbeitslosengeld zu bekommen?Seit 1. Januar 2020 beläuft sich die Rahmenfrist auf 30 Monate. Hast Du mindestens zwölf Monate innerhalb der letzten 30 Monate gearbeitet und von Deinem Lohn Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt, dann bekommst Du sechs Monate Arbeitslosengeld gezahlt.
Wie arbeitslos melden nach Ausbildung?Wurdest du nach deiner Ausbildung nicht von deinem Ausbildungsbetrieb übernommen und hast auch keinen Ausblick auf eine neue Stelle, solltest du dich sofort bei der zuständigen Agentur für Arbeit bzw. beim Arbeitsamt arbeitslos melden. Nur so erhältst du einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG).
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