Wie viel Steuern zahle ich in Schweden?

MUTÉN, Leif

Die steuerliche Umwälzung in Schweden

RIW 1993, 119 (Heft 2)

I. Vorgeschichte1. Wie Schweden zum »höchsten Steuerdruck der Welt« kamAls Schweden aus dem zweiten Weltkrieg kam - unverletzt und friedlich, aber mit weit höheren Steuern als vor dem Kriege - wurden die Weichen zielbewußt gestellt: Mit hohen Steuern und niedrigen Zinsen war der Wohlfahrtsstaat aufzubauen. Nachdem eine Reihe von Sozialisierungsvorschlägen abgewiesen wurden, kam, was man eine Periode der kapitalistischen Planwirtschaft nennen könnte. Die Preiskontrollen hielten lange an, der Kreditmarkt war strengstens reguliert, und während die Konvertibilität der Krone gesichert wurde, behielt Schweden bis Anfang dieses Jahrzehnts eine Devisenregulierung. Das Steuersystem zeichnete sich durch hohe Steuersätze aus. Die Wirkung der Kumulation einer proportionalen Gemeindeeinkommen-, einer progressiven Staatseinkommen- und einer progressiven Vermögensteuer führte dazu, daß eine Grenze des totalen Steuerdrucks gesetzt werden mußte, anfangs bei 80% des steuerpflichtigen Einkommens, die später für die höchsten Einkommensstufen auf 85% erhöht wurde.Eine Umsatzsteuer von 5%, die im zweiten Weltkrieg eingeführt und nach dem Kriege abgeschafft wurde, erlebte am Ende der 50er Jahre eine Wiedergeburt. Als der Satz auf 10% erhöht wurde, war es schon aus Kontrollgründen notwendig, die Einzelhandelsumsatzsteuer durch eine Mehrwertsteuer zu ersetzen, ganz abgesehen vom EWG-Vertrag. Bei der ab 1969 eingeführten Mehrwertsteuer stieg der Steuersatz rapide an und liegt jetzt bei 25%. Auch bei den Verbrauchsteuern gingen die Sätze steil in die Höhe, besonders bei den aus Umweltschutzgründen hoch zu haltenden Brennstoffsteuern sowie bei alkoholischen Getränken und Tabakwaren, die bei den auf Volksgesundheit bedachten Schweden als besonders hoch zu besteuernde Produkte betrachtet wurden.Hinzu kam, insbesondere nach der Altersversorgungsreform, die 1958 beschlossen wurde, eine Sintflut zusätzlicher Arbeitgeberbeträge, bei Unternehmern und Freiberuflern als entsprechende Eigengebühren ausgestaltet. Ungleich den meisten anderen Staaten setzt Schweden keine obereGrenze für diese Beiträge und Gebühren, die deswegen einen wichtigen Teil der Marginalbesteuerung der Einkommen ausmachen, zumal die Summe etwa 34% des Erwerbseinkommens darstellt. Selbst die an sich ganz steuerfreundliche Autorin der »Pippi Langstrumpf«-Bücher, Astrid Lindgren, sah sich dazu veranlaßt, die Frage zu stellen, ob es wirklich sinnvoll sei, einen Eigenbeitrag zu berechnen, der mit den übrigen Belastungen zusammen einen Gipfelmarginalsatz der Steuern und Eigenbeiträge von weit über 100% ergab. Ihre in literarischer Märchenform erzählte Geschichte war möglicherweise dafür entscheidend, daß die Sozialdemokraten nach den Wahlen von 1976 in die Opposition gehen mußten.Die Steuerpolitik der nichtsozialistischen Parteien, die von 1976-1982 die Regierungsverantwortung innehatten, ging allerdings nicht sehr weit in die andere Richtung, und die Staatsausgaben wurden auch nicht wesentlich reduziert. Im Gegenteil, die Regierungen waren ängstlich darauf bedacht, ihre Regierungsverantwortung nicht mit hohen Arbeitslosenzahlen zu belasten und ließen es sich etwas kosten, selbst auf die Dauer unwirtschaftliche Industriezweige am Leben zu erhalten.Als gegen Ende der 80er Jahre der Ruf nach einer Steuerreform nicht mehr abzuweisen war, geriet die dann wieder sozialdemokratische Regierung in eine Klemme. Die Konjunktur war etwas überhitzt, die Steuereinnahmen stellten etwa 57% des Bruttosozialprodukts (BSP) dar, und während internationale Beispiele der Steuerreform, vornehmlich in den USA und Großbritannien, auf die Erwünschtheit drastisch ermäßigter Steuersätze hindeuteten, erheischte die Konjunkturlage eine Totalfinanzierung etwaiger Reformschritte. Gesenkte Steuersätze mußten wohl oder übel mit einer breiteren Steuerbemessungsgrundlage erkauft werden, es sei denn, die öffentlichen Ausgaben könnten gekürzt werden.Die Wahlen im September 1991 brachten eine Vierparteienkoalition von nicht-sozialistischen Parteien an die Regierung. Die neue Koalition war fest entschlossen, Schweden aus dem »Wettbewerb« um den ersten Platz unter den höchstbesteuerten Ländern so schnell wie möglich herauszunehmen. Strukturelle Maßnahmen wurden in Eile beschlossen, um die wachstumshemmenden Einwirkungen des Steuersystems zu entschärfen. Die schwächere Weltkonjunktur, die Arbeitslosigkeit und der Produktionsrückgang bewirken allerdings ein selbst ohne Steuersenkungsmaßnahmen über die Grenze der Akzeptanz hinausgehendes Haushaltsdefizit. Sparmaßnahmen sind schwer durchzusetzen. Betroffen von verminderten Steuereinnahmen und erhöhtem Bedarf an Sozialunterstützungen rufen die Gebietskörperschaften nach Subventionen, und zugleich erscheint es unbedingt notwendig, durch eine stramme Haushaltspolitik das inzwischen völlig überhöhte Zinsniveau endlich zurückzuschrauben.2. Der steuerpolitische InterventionismusEin bemerkenswerter Zug der kapitalistischen Planwirtschaft war der steuerpolitische Interventionismus. Schon 1938-51 genossen die schwedischen Betriebe freies Abschreibungsrecht auf Maschinen und Inventar sowie ein weitgehendes Recht auf Lagerabwertung. Auch im Hinblick auf andere Reserven, z. B. für Preisverfall bei bestellten und noch nicht gelieferten Anlagegütern sowie für die betriebliche Altersversorgung, waren schwedische Betriebe gut versorgt. Allmählich wurde aber die offizielle Haltung härter. Die Geldentwertung, in der Zeit eines künstlich niedriggehaltenen Zinsfußes oft ganz vergessen, wurde im Zeichen des inzwischen wesentlich gestiegenen Marktzinsfußes zum Argument für eine Kürzung der Vorteile.Dafür gab es die Konjunkturinvestierungsfonds. Diese waren ursprünglich (1938) deswegen konzipiert, um den Betrieben einen Anreiz zu geben, ihre Gewinne in guten Zeiten zu neutralisieren, um sie in schlechteren Zeiten für Investitionen heranzuziehen. Um dies zu erreichen, führte man ein System ein, nach dem (in seiner zuletzt aktuellen Form) die Betriebe bei der Ausnutzung der Reservierungsmöglichkeit für Konjunkturinvestitionsfonds etwa einen der sonst fälligen Steuer entsprechenden Betrag zinslos bei der Reichsbank zu deponieren hatten. Wurde die Reservierung zurückgeführt und stand dies im Zusammenhang mit behördlich genehmigten Investitionen, die aus konjunkturoder standortpolitisch getätigten Erwägungen vorgenommen wurden, dann gab es sowohl eine Investitionsprämie als auch das Recht, den zurückgeführten Fondsbetrag sofort für eine Abschreibung des Investitionsguts zu nutzen.Natürlich gab es auch in Schweden Stimmen, die nach US-amerikanischem Vorbild dieses System als eine Form der tax expenditures, laut Andel »versteckte« Staatsausgaben verfemten1Andel, Norbert, Finanzwissenschaft, 2. Aufl., Tübingen, 1990, S. 21.. Allerdings muß man leider feststellen, daß die Beihilfen, welche krisenbetroffenen Industriezweigen - insbesondere den Schiffswerften - Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre gewährt wurden, noch weniger sinnvoll waren als die zuvor genannten Steuervorteile2Ein Beispiel der etwas propagandistischen, positiven Bewertung dieser Politik bieten Faxén, Karl-Olof und Mutén, Leif, »Sweden« in National Bureau of Economic Research, Foreign Tax Policies and Economic Growth, (New York, NBER, 1966), S. 341. Bemerkenswert ist die unzeitgemäße positive Äußerung bei Steinmo, Sven, »So What's Wrong with Tax Expenditures? A Reevaluation Based on Swedish Experience«, Public Budgeting and Finance, Vol. 6 (Summer 1986), S. 27..Fest steht, daß die Wirtschaftlichkeitsprüfung industrieller Investitionen bis in die 80er Jahre erheblich, sehr oft entscheidend, von steuerlichen Gesichtspunkten geleitet wurde. Während das interventionistische schwedische System einst im Ausland zur Nachahmung empfohlen wurde, hatte man in den späten 80er Jahren den Eindruck, daß sich das System selbst überlebt hatte. Der Abbau der Steuersubventionen in Staaten wie Großbritannien und den USA setzte ein neues Muster.II. Gegenwart1. Die große Steuerreform - breitere Steuergrundlage und niedrigere SteuersätzeAm 15. 2. 1992 mußten die Schweden zum ersten Mal ihre Steuererklärungen nach den Regeln des neuen, im Jahre 1990 eingeführten Systems machen. Es bestätigte sich die alte Weisheit: Das beste Steuerformular ist das des Vorjahres. Allerdings konnte man feststellen, daß keine große »Meuterei« entstand. Bis auf einige Schönheitsfehler wurde die Reform zu Recht als eine Vereinfachung angesehen.Was brachte nun die große Steuerreform? Erst einmal einen Abbau der Spitzensteuersätze. Die große Mehrheit der Lohnempfänger und Gewerbetreibenden hat jetzt nur noch die proportionale Gemeindeeinkommensteuer zu bezahlen, im Durchschnitt mit 31% vom Einkommen über einem Freibetrag von etwa SEK 10 000 (SEK 1 = DM 0,28). Natürliche Personen mit einem steuerpflichtigen Einkommen von mehr als SEK 240 000 müssen darüber hinaus 20% Staatssteuer bezahlen.Interessanterweise wurde das Globaleinkommensprinzip aufgegeben und ein Schedulensystem eingeführt, und zwar in zwei Hinsichten: Einmal werden die Einkünfte aus Kapital (wozu auch die Veräußerungsgewinne und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Privatwohnungen und Privatwohnhäusern gerechnet wurden), proportional mit 30% Staatssteuer ohne Freibetrag versteuert. Zweitenskönnen die Verluste aus einer Erwerbsquelle in der Hauptregel nicht mehr gegen die Überschüsse aus einer anderen Erwerbsquelle abgerechnet werden. Für Kapitalgesellschaften sind beide Regeln belanglos, denn eine Kapitalgesellschaft kann definitionsmäßig nunmehr nur eine Erwerbsquelle haben, und zwar Erwerbstätigkeit jeder Art, auch Kapitaleinkommen und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Für natürliche Personen sind sie um so wichtiger. Zweck der Übung ist es, die steuerbedingten Verlustbetriebe, die in den USA unter dem Begriff »tax shelters« bekannt sind, uninteressant zu machen. Zum selben Zweck hat man die sprachlich horrende, ursprünglich amerikanische Ausdrucksweise »passive Aktivität« in den steuerrechtlichen Sprachgebrauch eingeführt. Solche Aktivitäten, die grundsätzlich so definiert sind, daß ihnen der Steuerpflichtige weniger als ein Drittel seiner Arbeitszeit widmet, werden als besondere Erwerbsquellen für sich gerechnet, also ohne die Möglichkeit eines Verlustausgleiches mit anderen Erwerbsquellen und ohne eine Kürzung mit dem persönlichen Freibetrag. Als »Trost« ist der Verlustvortrag jetzt zeitlich unbegrenzt. Dabei nimmt man bewußt in Kauf, daß Neuunternehmen nicht mehr durch ein Verlustabzugsrecht ermutigt werden.Die Theorie, welche hinter der 30%igen Steuer auf Kapitaleinkommen steht, ist kurz gesagt folgende: Wenn die Bemessungsgrundlage ohne Rücksicht auf die Inflation festgelegt wird, kann man davon ausgehen, daß, um nur ein Beispiel zu nennen, bei einem nominalen Zins von 10% und einer Inflationsrate von 4% eine Steuer von 30% auf den Bruttobetrag einer solchen von 50% auf den realen Nettobetrag genau entspricht. Bei Veräußerungsgewinnen kommen andere Vergünstigungen hinzu - der Maximalsteuerbetrag bei Veräußerung des privaten Hauptwohnsitzes beschränkt sich auf 9%, bei der Veräußerung eines Freizeit- oder Sommerhauses des Steuerpflichtigen auf 18%. Dafür hat man die Indexierung abgeschafft und auch das Recht, Liegenschaftsgewinne auf dem eigenen Wohnhaus bei Wiederbeschaffung eines wenigstens gleichwertigen Wohnhauses unbesteuert weiterzuführen. Mit anderen Worten hat man wieder eine »Umzugsteuer«.Die Möglichkeit, Nettoschuldzinsen vom steuerpflichtigen Einkommen in Abzug zu bringen, war schon vor der Reform begrenzt worden, indem der Abzug den Teil der Steuer, der über 50% hinausging, nicht beeinflussen durfte. Inzwischen ist der Abzug jetzt auf eine Ermäßigung des Steuerbetrages begrenzt worden, die auf 30% der ersten SEK 100 000 Zinsen festgelegt ist, zuzüglich 21% des SEK 100 000 übersteigenden Teils des Nettozinsbetrages. Mit dieser straffen Regelung ist man der Tendenz entgegengetreten, den Verbrauch der Haushalte mit einer Erhöhung der Hypothekenschulden zu finanzieren. Wenn von 1993 ab der Steuersatz auf Einkünfte aus Kapitalvermögen auf 25% begrenzt wird, werden diese Steuerermäßigungen folgerichtig auf 25% bzw. 18% reduziert, was in der Tat ausreichen wird, um den durch die Steuersatzkürzung entstehenden Steuerausfall zu kompensieren.Die Körperschaft- und Einkommensteuer auf gewerbliche Gewinne wurden drastisch geändert. Praktisch alle versteckten Reserven wurden aus der Welt geschafft. Statt 50%iger Warenlagerreserven wurde der niedrigste Wert (FIFO) als Richtschnur gegeben, mit einer nur 3%igen Abschreibung für Inkuranz. Sonderabschreibungen für Gebäude wurden abgeschafft und die Investitionsfonds ebenfalls. Am Ende zeigte es sich, daß mit diesen Änderungen ein Steuersatz von 30% für Kapitalgesellschaften vertretbar ist und daß trotz der formellen Senkung des Steuersatzes von 52 auf 30% ein unveränderter effektiver Steuersatz eine weitere Senkung der Körperschaftsteuer voraussetzte. Diese kam in der Form einer »SURV«, d. h. einer Steuerausgleichsreserve, zustande, indem die Unternehmungen am Ende des Jahres 30% des Eigenkapitals, einschließlich des Jahresgewinnes, absetzen können. Der Effektivsteuersatz für einbehaltene Gewinne wurde auf diese Weise auf 23,7% begrenzt, was dem alten Effektivsteuersatz in etwa entspricht.In dieser Lage sah man es nicht als notwendig an, eine integrierte Lösung des Problems der Besteuerung von ausgeschütteten Gewinnen einzuführen. Steuersätze von jeweils 30% bei der Kapitalgesellschaft und beim Aktionär entsprechen 48%, d. h. weniger als der Spitzensteuersatz auf Erwerbseinkünfte, Löhne und Gehälter. Allerdings wurde die Sonderregelung für die Abzugsfähigkeit der Ausschüttungen auf junge Aktien beibehalten.Interessanterweise bedeutet diese Regelung, daß die Eigentümer von Familiengesellschaften kein Interesse mehr daran haben, ihre Gehälter hochzuschrauben, um der Dividendenbesteuerung zu entkommen. Im Gegenteil muß man aufpassen, daß Ausschüttungen nicht etwa verdeckte Gehälter darstellen! Außerdem gibt es eine Sonderregelung, die es den Besitzern von Familiengesellschaften untersagt, aufgesparte Gewinne nur in der Form von mit lediglich 30% zu besteuernden Veräußerungsgewinnen zu realisieren; ein Teil muß als verdecktes Gehalt mit der vollen Einkommensteuer zuzüglich Lohnsummensteuer und Sozialbeiträgen versteuert werden.2. Der mühselige Weg zu einem verringerten SteuerdruckDie große Steuerreform war grundsätzlich selbstfinanzierend konzipiert, obwohl gewisse dynamische Effekte, insbesondere eine positive Wirkung auf die Neigung zum Arbeiten, erwartet waren. Es ist immer noch etwas früh zu sagen, ob diese Berechnungen zu optimistisch waren oder nicht. Inzwischen ist der internationale Konjunkturrückgang mit Wucht über Schweden hereingebrochen. Das Haushaltsdefizit stellt ein Problem dar, das sich in Anbetracht des überhöhten Marktzinses und der befürchteten Auswirkungen auf die Außenhandelsbilanz nicht als konjunkturpolitisches Ausgleichsmittel akzeptieren oder gar begrüßen ließe.Schweden hat nach zwei Abwertungen der Krone in den 80er Jahren den Weg der währungspolitischen Disziplin gewählt. Die Krone ist an den ECU gebunden worden, und eine Abwertung wird in öffentlichen Stellungnahmen, sowie in der Tat durch die zielbewußte Zinspolitik der Reichsbank, grundsätzlich als eine Unmöglichkeit abgeschrieben. Das Vertrauen des Auslands in diese Politik muß langsam und mit Ausdauer errungen werden. Daß der Marktzins, trotz niedrigeren Preisanstiegs in Schweden als in Deutschland, immer noch um etwa 2% über dem deutschen Niveau liegt, ist ein Indikator dafür, daß das Vertrauen noch nicht ganz da ist. Die Tatsache, daß die Devisenkontrolle abgeschafft wurde, gibt diesem Problem mehr Gewicht denn je. In dieser Lage wäre eine Finanzpolitik, die sich als »locker« anprangern ließe, ein sicherer Weg zu noch höheren Zinsen, d. h. gerade das Gegenteil von dem, was Schweden im Moment nötig hat.Die liberale Finanzministerin, Anne Wibble (die Tochter des Nobelpreisträgers und liberalen Parteivorsitzenden Prof. Bertil Ohlin), und ihr Kollege, der konservative Steuerminister Bo Lundgren, sehen sich in einer Zwickmühle. Der Steuerdruck muß grundsätzlich herunterkommen, und zwar auf ein Niveau, das innerhalb der EG vertretbar ist. Gewisse wachstumshindernde Steuern müssen hier den Vorzug haben - in der Tat ist einiges in diesem Sinne schon beschlossen worden. Zugleich gibt es aber eine eng gezogene Grenze für die Steuersenkungen, die man ohne entsprechende Sparmaßnahmen vornehmen kann. Von Laffer-Effekten redet in Schweden kaum jemand. Das Sparen bei öffentlichen Ausgaben fällt immer schwerer, wenn das Steuerergebnis von dem Wirtschaftsrückgang betroffen wird. ImErgänzungshaushaltsplan vom April 1992 wird die Steuerqoute auf 51% geschätzt und das Staatshaushaltsdefizit auf etwas mehr als SEK 100 Mrd. oder 7% des Bruttosozialprodukts.Ein besonderes Problem stellen die Gebietskörperschaften dar. Die große Steuerreform wurde von einem Verbot der Erhöhung der Gemeindeeinkommensteuersätze begleitet. Der Grund war zweifach: Erstens würden das erweiterte Steueraufkommen und die verbesserte Stellung der Gebietskörperschaften in bezug auf Mehrwertsteuerrückvergütung eine kurzfristige Verbesserung der kommunalen Finanzen mit sich führen, die man sogar mit einer Kürzung der staatlichen Subventionszahlungen sowie mit einem Verbot gegen Steuersatzerhöhungen kompensieren könnte. Zweitens könnte die durchschnittliche Gemeindeeinkommensteuer nicht erhöht werden, ohne daß die Marginaleinkommensteuer aller Steuerzahler beeinflußt würde. Insbesondere fiel hier der Marginalsteuersatz in der höchsten Einkommenstaffel auf, d. h. für die Steuerpflichtigen, die die 20%ige Staatseinkommensteuer zu zahlen haben. Selbst wenn man von den Sozialversicherungsbeiträgen, etwas mehr als 34%, absehen könnte, würde eine Erhöhung des Gemeindeeinkommensteuersatzes für diese Gruppe ein Ansteigen des Marginalsteuersatzes über das psychologisch wichtige 50%-Niveau bedeuten. Der Konjunkturrückgang hat die Gemeindefinanzen stark betroffen, und Stimmen werden immer häufiger laut, die die Verfassungswidrigkeit des Gemeindesteuererhöhungsverbots andeuten. Die Regierung hält aber bisher am Verbot fest.Die Frage, wie man eine Steuersenkung herbeiführen könnte, muß auch im Lichte der Außenbeziehungen beantwortet werden. Wie im folgenden Abschnitt erörtert werden soll, müssen aus Wettbewerbsgründen solche Steuern dem Niveau der Nachbarländer angepaßt werden, die, wenn sie zu hoch sind, Privateinfuhren von Konsumgütern und/oder die Auswanderung von Produktionsfaktoren heraufbeschwören. Umgekehrt kann man daraus schließen, daß Grundsteuern und Mehrwertsteuern auf Alltagseinkäufe - wie Lebensmittel - in dieser Hinsicht weniger senkungsbedürftig sind als Steuern auf Kapital, auf höhere Einkommen und auf wertvolle Konsumgüter. Leider sah sich die neue Regierung, in Erfüllung einer schon getroffenen Grundsatzentscheidung der vorigen Regierung im Einvernehmen mit einer der jetzigen Koalitionsparteien, im Herbst 1991 gezwungen, die Mehrwertsteuer gerade auf Lebensmittel (und Touristenkonsum, wie Restaurantmahlzeiten und Hotelzimmer) von 25% auf 18% zu senken. Was die Grundsteuer anbetrifft, ist die jetzige Krise auf dem Grundstücksmarkt so schwerwiegend, und die Kreditinstitute sind so hart betroffen, daß im Moment, wenn überhaupt, nur eine Senkung zur Diskussion steht. Für andere vermietete Grundstücke als Wohnbauten wurde im Ergänzungshaushaltsplan sogar eine Befreiung von der Grundsteuer vorgeschlagen.Die Durchführung des Steuersenkungsprogramms wurde im Herbst 1991 energisch betrieben, und zwar mit der Abschaffung der Vermögensteuer (allerdings in drei Stufen, so daß der Wegfall erst nach 1993 effektiv ist), mit der Ermäßigung der Erbschaft- und Schenkungsteuer auf die Hälfte, mit der Kürzung der Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte auf 25% mit Wirkung von 1993 und mit einer Vorwegnahme derselben Senkung für Veräußerungsgewinne schon ab 1992. Weitere Regierungsvorschläge laufen auf eine Modifikation der Alkoholbesteuerung hinaus, mit der Wirkung, daß sich die Steuer nur nach dem Alkoholgehalt und nicht mehr teilweise nach dem Preis richtet (der Preis schlägt aber auf die Mehrwertsteuer durch). Eine kleine Senkung der Lohnsummensteuer wurde auch im Herbst beschlossen, und nicht zuletzt sollte erwähnt werden, daß die Börsenumsatzsteuer gestrichen wurde.Praktisch alle diese Maßnahmen standen unter dem Vorzeichen der Förderung des privaten Sparens und des Unternehmertums. Die Verteilungswirkung spielte eine sekundäre Rolle. Man erhoffte eine Beschleunigung des Wachstums - das Vorhandensein eines größeren Kuchens wäre Grund genug, von der ungleichen Größe der einzelnen Kuchenstücke abzusehen.Die einleitenden Steuersenkungsmaßnahmen konnten durch Haushaltsersparnisse finanziert werden. Mit sinkender Konjunktur verschlechterten sich aber die Haushaltsprognosen rapide, und im April 1992, als der Ergänzungshaushalt vorgelegt wurde, konnte man nicht umhin, die erwünschten Steuersenkungsmaßnahmen mit Erhöhungen auf anderen Gebieten zu finanzieren.Was sich ergab, war eine komplizierte und nicht ganz überzeugende Reihe von Maßnahmen. Der Anfang bestand darin, die Energiebesteuerung, die insbesondere die energieintensive Ausfuhrindustrie (Papier und Zellstoff, Stahl und andere Metallprodukte) schwer belastet, anders zu gestalten. Der Druck insbesondere der umweltfreundlichen Centrum-(eigentlich Bauern-)Partei machte es notwendig, diese Maßnahme mit einer entsprechenden Aufrechnung der auf Haushalten lastenden Energiebesteuerung (Haushaltselektrizität, Benzin) zu verbinden, um den Eindruck zu vermeiden, daß Schweden ausgerechnet vor der Umweltkonferenz in Rio seine Energiebesteuerung und damit seine Energiesparförderungsmaßnahmen etwa abschwächen wollte.Für die Haushalte wäre aber eine solche Veränderung eine neue Belastung, die in einer Zeit gestoppter Löhne und Gehälter sowie und steigender Arbeitslosigkeit schlecht zu vertreten wäre. Trotz der Bedenken derer, die in der Maßnahme eine Verstärkung der Konsumgüternachfrage und dadurch der Einfuhren sahen, beschloß die Regierung, die Kompensation durch eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes von 25% auf 22% zu bewirken. Davon würden allerdings die niedriger besteuerten Lebensmittel und Touristenleistungen unberührt bleiben.Da das so gestaltete Paket netto eine Erhöhung des Haushaltsdefizits bedeuten würde, und da eine solche Schwächung der Finanzpolitik mit Sicherheit einen weiteren Druck nach oben auf die Zinsen ausüben würde, blieb die Notwendigkeit einer Verstärkung der anderen öffentlichen Einnahmen. Die Lösung ergab sich in der Form einer Abschaffung der Werbungskostenpauschale von z. Zt. SEK 4000 sowie einer Regel, die den abzugsfähigen Betrag für Reisen zur Arbeit und zurück um die ersten SEK 4000 verkürzt und für sonstige Kostenabzüge eine ähnliche Schwelle von SEK 1000 vorsieht.Dieses Reformprogramm wurde nicht überall begrüßt. Der Regierung wird vorgeworfen, daß nicht der Konsum, sondern die Lohnkosten verbilligt werden müßten, und es wird folgerichtig bemängelt, daß man von der »inneren Abwertung«, d. h. einer Kürzung der Sozialleistungen, abgesehen hat, um stattdessen den Mehrwertsteuersatz zu senken. Es wird auch hervorgehoben, daß die Werbungskostenpauschale für Unkosten in Höhe von SEK 4000 eine Vereinfachungsmaßnahme darstellt, deren Abschaffung neue Forderungen an die Steuerverwaltung stellt. Während noch vor ein paar Jahren die meiste Zeit, welche die Beamten für die Prüfung von Steuererklärungen verwandten, auf die Kontrolle von Lohn- und Gehaltsempfängern entfiel, ist man jetzt endlich dahin gekommen, die Veranlagung solcher Steuerzahler weitgehend automatisch durchzuführen, während die Prüfung selbständiger Gewerbetreibender erweitert wurde. Die neue Maßnahme könnte - so meinen die Kritiker - leicht dazu führen, daß die Steuerverwaltung wieder mit Lappalien überlastet wird und den Steuerzahlern erneut die unbeliebte Aufgabe zukommt, Belege aufzuheben und detaillierte Angaben in den Steuererklärungen zu machen.Inzwischen geht die politische Diskussion weiter: Mit welchem Steuerdruck muß gerechnet werden, um den Wohlfahrtsstaat in allen wesentlichen Teilen noch zu behalten? Sind Ersparnisse möglich, ohne eine unerwünschte Standardsenkung? Ist die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen eine Lösung oder eine Scheinlösung? Als wären diese Fragen nicht heikel genug, verschlimmert sich die Lage mit dem Anstieg der Arbeitslosenzahlen und dem Rückgang der industriellen Produktion. Rufe nach einer Wiederbelebung der Wirtschaft nach Keynes'schem Muster sind zu vernehmen, während die Regierungslinie grundsätzlich darin besteht, durch straffe Finanzpolitik endlich mal das Mißtrauen zu beseitigen, dem sich Schweden ausgesetzt sieht, und das dazu geführt hat, daß das Zinsniveau unnötigerweise über dem schon bedenklich hohen deutschen Satz liegt.Somit wird die finanzpolitische Diskussion zum Gespräch zwischen Schwerhörigen: Die Opposition bemängelt die negative Verteilungswirkung der beschlossenen und vorgeschlagenen Steuerkürzungen und greift die Sparmaßnahmen der Regierung als verfehlt an. Die Regierung sieht »prosperity around the corner«, wenn einmal dank ihrer Politik das Vertrauen der aus- und inländischen Investoren wiedergewonnen ist, das Zinsniveau sinkt, und die in- und auslandsfinanzierte Investitionstätigkeit wieder angekurbelt wird. Inzwischen ist schwer abzusehen, wie die Steuerqoute in absehbarer Zeit drastisch gesenkt werden könnte.III. Zukünftige Entwicklungsperspektiven1. Was bedeutet ein EG-Anschluß?a) Formale BetrachtungsweiseSchweden reichte im Sommer 1991 sein Mitgliedsgesuch bei der Europäischen Gemeinschaft ein. Dahinter standen Parteien, die etwa 90% der Wählerschaft vertreten, und eine starke Mehrheit der durch Umfragen gehörten Bevölkerung. Mittlerweile ist die EG durch das Maastrichter Abkommen voraussichtlich in die EU verwandelt worden, und während die Parteien immer noch am Antrag festhalten, wächst im Moment die Opposition, in Vorbereitung auf die wahrscheinlich im Jahre 1994 durchzuführende Volksabstimmung. Die Vorbereitungen auf den EG-Anschluß sowie das inzwischen zu verwirklichende Abkommen zwischen der EFTA und der EG, laufen indessen auf Volldampf.Was die Steuerharmonisierung anbetrifft, die ein EG-Anschluß erforderlich machen würde, bestehen im formellen Sinne keine großen Probleme. Die schwedische Mehrwertsteuer entspricht mit wenigen Ausnahmen den europäischen Normen. Die Null-Tarif-Methode wird nicht praktiziert, außer für Ausfuhren. Die Liste der Ausnahmen ist kurz und mit Ausnahme von einigen wenigen Waren- und Dienstleistungsgruppen (Tageszeitungen, Theater- und Konzertkarten etc.) der EG-Freiliste gut angepaßt. Von einer Diskriminierung der Einfuhren ist nicht die Rede. Daß ein niedriger Steuersatz auf Restaurant-Mahlzeiten zur Anwendug kommt, ist gegen die Norm, wird aber in einigen EG-Ländern übergangsweise geduldet und dürfte möglicherweise auch Schweden gestattet werden.Das schwerwiegendste Problem dürfte freilich die Höhe des Körperschaftsteuersatzes sein. Wenn sich die Ruding-Kommission mit ihrem Vorschlag eines effektiven Minimalsteuersatzes von 30% durchsetzen sollte, würden die Schweden mit Bedauern auf einen Konkurrenzfaktor um das ausländische Kapital verzichten müssen, von dessen Gewicht die Sachverständigen anscheinend ziemlich allgemein überzeugt sind. Selbstverständlich geht es hier darum, wie man die Steuerausgleichreserven (SURV) im Hinblick auf die Ruding-Kommission betrachten soll. Soweit der Kommissionsbericht bekannt ist, ist es kaum anzunehmen, daß die SURV-Absetzung als mit der Neutralitätsnorm vereinbar zu betrachten wäre.Andere Steuern werden dagegen eher höher sein als in den EG-Staaten. Normalerweise stellt dies kein rechtliches Problem dar. Die EG-Staaten haben an sich nichts dagegen, wenn ein Mitgliedstaat aus der Reihe tanzt, vorausgesetzt daß das Tanzen die Wettbewerbsstärke des betreffenden Staates vermindert und nicht umgekehrt. Wenn allerdings die Besteuerung den Verkehr zwischen Mitgliedstaaten trifft, muß etwas getan werden. Es ist z. B. vorgesehen, daß die Kilometersteuer, die in- und ausländischen Dieselkraftfahrzeugen auferlegt wird, im Sinne der Harmonisierung gestrichen werden muß, und dafür das für Kraftwagen bestimmte Dieselöl einer höheren Besteuerung unterworfen werden muß, während für andere Zwecke bestimmtes Öl gefärbt werden soll.b) Reale Betrachtungsweise - im Sinne des Wettbewerbs?Diese formellen Maßnahmen stellen mit Ausnahme der Körperschaftsteuerharmonisierung eigentlich kein sehr ernstes Problem dar. Was mehr Kummer bereitet, ist die Notwendigkeit der Approximierung, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und den Mißbrauch des freien Grenzhandels zu vermeiden. Schweden hat schon Erfahrungen mit Grenzhandelsströmen, die durch hohe Steuern entstanden. Einst gab es an der schwedisch-norwegischen Grenze Einzelhandelsgeschäfte, wo im norwegischen Sektor von Norwegen subventionierte Waren verkauft wurden, während die Kunden im schwedischen Teil desselben Ladens solche Warengruppen einkaufen konnten, die in Schweden einen günstigeren Preis hatten. Der enorme Fährverkehr über den Öresund zwischen Schweden und Dänemark läßt sich zum großen Teil mit den Einkaufsreisen erklären, die zur Nutzung des niedrigeren Preisniveaus unternommen werden, welches in Dänemark für Lebensmittel und Spirituosen besteht.Nach dem geplanten EG-Anschluß rechnet man damit, daß die Grenzhandelsprobleme zunehmen werden, zumal spätestens nach einer Übergangszeit Privateinfuhren voraussichtlich unbegrenzt möglich sind. In offiziellen Dokumenten zitierte amerikanische Untersuchungen deuten an, daß die Existenz eines Umsatzsteuergefälles zwischen Nachbarstaaten bei der Grenzbevölkerung eine klarte Neigung heraufbeschwört, im steuerbilligeren Staat Einkäufe zu machen3Die beiden Berichte existieren leider nur auf schwedisch: Andersson, Krister, »Svensk beskattning i ett integrerat Europa«, Bilaga 2 till Långtidsutredningen 1992, Allmänna Förlaget, Stockholm 1992, und Finansdepartementet, »Sverige, Europa och skatterna«, Allmänna Förlaget, Stockholm 1992. Beide ziehen sie grosso modo dieselben Schlüsse, aber Andersson ist etwas ausführlicher und betont mehr die Notwendigkeit einer Senkung des Kapitaleinkommensteuersatzes.. Es ist zu erwarten, daß viele Schweden, besonders in Süd-Schweden, bereit sein werden, das Auto mit der Fähre Trelleborg-Saßnitz überzusetzen, um statt in Schweden 25% in Deutschland 15% Mehrwertsteuer für Haushaltsmaschinen, Elektronik u. a. m. zu bezahlen, von Spirituosen und Weinen ganz zu schweigen.Dagegen wird allerdings argumentiert, daß die 3stündige Fährenreise etwas komplizierter wird als das einfache Überfahren der Landesgrenze zwischen zwei amerikanischen Staaten. Wenn aber Dänemark, was man nicht ausschließen darf, in den sauren Apfel beißen muß und seinen Mehrwertsteuersatz dem deutschen angleichen, dann werden die Schweden, insbesondere nach der Errichtung der geplanten Brücke zwischen Malmö und Kopenhagen im Jahre 2000, den Unterschied möglicherweise mehr relevant finden. Es scheint der allgemeine Eindruck zu herrschen, daß das Steuergefälle möglichst nicht 3% überschreiten sollte. Im stillen hofft man vielleicht, daß die Annäherungnicht nur durch eine schwedische Steuerermäßigung, sondern auch durch eine deutsche Steuererhöhung bewirkt werden kann.In denselben Dokumenten wird auch festgestellt, daß die freien Kapitalbewegungen innerhalb der EG eine weitere Ermäßigung der Quellensteuer nötig machen könnten, vielleicht, wie Krister Andersson voraussieht, bis auf 15%. Dagegen glaubt niemand, daß eine weitere Senkung der Körperschaftsteuer nötig wäre - im Gegenteil: wie angedeutet, besteht die Gefahr, daß eine Angleichung nach oben aus Harmonisierungsgründen erforderlich wird.Falls aus Grenzhandelsgründen eine Senkung der Steuern auf alkoholische Getränke erforderlich sein sollte, würden die Gefühle vieler Schweden gewiß intensiv aufwallen. Schon sind Stimmen zu hören, die die »verantwortungsbewußte« Alkoholbesteuerungspolitik Schwedens als ein so wichtiges Element unserer Gesellschaftsstruktur bezeichnen, daß es trotz der sonstigen Vorteile eines EG-Anschlusses richtig wäre, auf den Anschluß zu verzichten, wenn er eine Alkoholsteuersenkung nötig machen würde. Andere meinen, daß wir schon jetzt in einem solchen Ausmaß aus »tax free shops« versorgt werden, daß eine Angleichung der Steuern in Verbindung mit der Abschaffung der »tax free shops« u. U. den Konsum und damit die schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums praktisch unberührt lassen würde. Die Mehrheit der Schweden dürfte auf jeden Fall der Ansicht sein, daß die Frage des EG-Anschlusses auf der Grundlage anderer Überlegungen, als die der Alkoholbesteuerung beschlossen werden sollte.2. Wie sind die steuerlichen Beziehungen zur übrigen Welt?a) Industrieländer außerhalb EuropasSchweden muß selbstverständlich seine Beziehungen mit anderen Ländern auch pflegen, und zwar insbesondere mit dem großen Handelspartner USA. Das alte Doppelbesteuerungsabkommen von 1939 und 1964 ist inzwischen veraltet, und man wartet etwas ungeduldig darauf, daß das längst fertig ausgehandelte Abkommen unterzeichnet und ratifiziert werde. Druckmittel sind kaum vorhanden. Von einem schwedischen Einsatz gegen die diskriminierenden nachlaßsteuerrechtlichen Folgen der TAMRA, so wie man ihn von deutscher Seite anstrebte, ist unter solchen Umständen keine Rede.Inzwischen steigt die Unruhe darüber, wie die Antidumpinggesetzgebung in den USA gehandhabt wird. Und die schwedischen Wirtschaftskreise sehen mit Unruhe der Zeit entgegen, wo die schon überenergisch ausgelegte Transferpreisgesetzgebung im I.R.C. Sec. 482 mit Verwaltungsregeln wie I.R.C. Sec. 6038A in Kraft gesetzt wird. Dabei ist es allerdings bedenkenswert, daß vieles in der amerikanischen Gesetzgebung, was einst in Europa scharf kritisiert wurde, inzwischen auch in europäischen Ländern eingeführt wurde. Schweden, wie auch Deutschland, hat z. B. eine Art Subpart F-Gesetzgebung eingeführt und durchaus vergessen, was in unseren Ländern Anfang der 60er Jahre über jenes Gesetz gesagt wurde.Es ist bedauerlich, daß der Unwille seitens der amerikanischen Gesetzgeber, die Steuern so zu erhöhen, wie es die Haushaltslage erforderlich macht, anscheinend dazu geführt hat, daß man mit immer größerer Energie die in den USA nicht stimmberechtigten Ausländer als Steuerzahler und -auskunftgeber heranzieht. Mehr denn je ist es wichtig, im Rahmen der OECD zu vernünftigen Lösungen zu kommen.b) Dritte WeltSchließlich soll noch kurz auf die Frage eingegangen werden, wie die steuerrechtlichen Beziehungen zu den Entwicklungsländern gestaltet werden sollten. Schweden hat in einer großen Zahl von Doppelbesteuerungsabkommen mit Entwicklungsländern die Anrechnung fiktiver Steuerbeträge erlaubt. Im Rahmen der technischen Hilfe, die einen Teil von Schwedens umfassender Auslandshilfe darstellt, hat man auch auf steuerlichem Gebiet in einer Anzahl von Ländern einen Beitrag geleistet. Die Frage bleibt aber nach wie vor aktuell, wie man den internationalen Informationsaustausch steuerlich so gestalten kann, daß sich die geltenden Regeln selbst von Steuerverwaltungen in wenig entwickelten Ländern sinnvoll handhaben lassen. Wenn wir in den reichen Ländern unsere Steuersysteme zu überkomplizierter Perfektion ausbauen, brauchen wir uns gar nicht zu wundern, wenn sich Länder der dritten Welt weigern, unseren Spielregeln zu folgen. Ähnliche Maßstäbe müssen auch angelegt werden, wenn steuerrechtliche Beziehungen zu den osteuropäischen Staaten und den Ländern der GUS aufgebaut werden. Es wäre verfehlt. wenn wir von diesen Ländern dieselbe Genauigkeit und dieselben Methoden verlangen würden, die wir nach langer Erfahrung mühsam entwickelt haben.

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Sind die Steuern in Schweden höher als in Deutschland?

Der Großteil der Steuern wird in Schweden auf der Ebene der Zentralregierung erhoben. Auch hier liegt das Land 2012 mit 58% weit höher als der EU-28 Durchschnitt (48,7%). Noch signifikanter ist der Anteil der Steuern, der auf lokaler Ebene (Stadtverwaltungen und Landräte) erhoben wird.

Welche Steuern gibt es in Schweden?

Das schwedische Steuersystem umfasst eine Reihe von Steuern – sowohl direkte wie indirekte – und Abgaben. Die wichtigsten direkten Steuern sind die staatliche und die kommunale Einkommensteuer sowie die staatliche Vermögensteuer. Zu den direkten Steuern gehören auch die Erbschafts- und die Schenkungssteuer.

Ist das Leben in Schweden teurer als in Deutschland?

Je nach Region schwanken die Preise für öffentliche Verkehrsmittel und können im Vergleich zu Deutschland teilweise doppelt so teuer sein. Betrachtet man die Höhe der Steuern und Lebenshaltungskosten, wird Schweden zu einem teueren Auswanderungsland.

Wie viel verdient man in Schweden im Monat?

Hohe Durchschnittsgehälter in Schweden 46.900 Euro). In Deutschland lag das BIP 2015 bei rund 37.100 Euro pro Person. Der Durchschnittsverdienst in Schweden betrug 2012 im Monat SEK 29.800 (ca. 3.000 Euro).