Wie lange kann DNA erhalten bleiben?

Forscher haben bei Menschen DNA im Körper nachgewiesen, die nicht ihre eigene ist: Toleriert das Immunsystem sie, können die fremden Zellen sogar schützen. Wenn nicht, machen sie krank.

Anzeige

Comment 0  Kommentare

Facebook Twitter Whatsapp

Anzeige

Viele Jahrzehnte lang trägt man sie mit sich herum, vielleicht sogar das ganze Leben lang. Erst seit einigen Jahren wissen Forscher, dass während einer Schwangerschaft Zellen zwischen dem Embryo und der Mutter über die Plazenta ausgetauscht werden, und diese nach der Geburt wie kleine Andenken im Körper des jeweils anderen verbleiben. Wie genau das funktioniert, ist bisher ein wissenschaftliches Rätsel – denn die Plazenta galt eigentlich als unüberwindbare Schranke.

Anzeige

„Der Zellaustausch zwischen Mutter und Fetus erfolgt in beide Richtungen – wobei der Mechanismus unbekannt ist“, sagt Peter Sedlmayr vom Institut für Zellbiologie, Histologie und Embryologie an der Medizinischen Universität in Graz. Er ist Grundlagenforscher auf dem Gebiet des sogenannten Mikrochimärismus und erforscht zusammen seinem Kollegen Thomas Kroneis, warum es den Austausch von genetischem Material zwischen Kind und Mutter gibt und was die fremden Zellen im Körper anstellen.

Woher kommt die fremde DNA?

Doch es ist schwierig, sie aufzuspüren, und ebenso schwierig zu sagen, woher genau sie kommen. Denn nicht nur ein geborenes Kind könne der Grund dafür sein, warum fremde DNA im Körper herumschwirre: Auch nach Fehlgeburten, Bluttransfusionen oder Transplantationen nimmt der Körper Zellen eines anderen Organismus auf, die zuweilen mehrere Jahre im Körper verbleiben.

Anzeige

Eine jüngt im Fachblatt „PLoS One“ erschienene Studie brachte noch etwas Erstaunliches zutage: Dort zeigten Forscher um William Chan und Lee Nelson vom Fred Hutchinson Cancer Research Institute in Seattle, dass das Erbgut von menschlichen Embryos sogar die Blut-Hirn-Schranke überwindet, und sich fötale Zellen im Gehirn der Mutter in ganz unterschiedlichen Arealen finden ließen.

Die Blut-Hirn-Schranke ist eigentlich zuständig dafür, dass keine Stoffe in das zentrale Nervensystem kommen, die dort nicht hingehören. Warum also sollte sie fremde DNA ungehindert in die Schaltstelle des Körpers wandern lassen? Bei 63 Prozent der untersuchten Frauen in dieser Autopsie-Studie fanden die Forscher männliche DNA im Gehirn, die sich dort mitunter schon jahrzehntelang befunden haben muss – die älteste untersuchte Frau war 94 Jahre alt. Etwas überrascht stellten die Forscher außerdem fest, dass jene Frauen, die mehr und dichtere Konzentrationen fötaler DNA im Gehirn aufwiesen, weitaus seltener Alzheimer entwickelt hatten.

Fremdes Erbgut könnte wichtige Funktion erfüllen

Könnte die kindliche DNA etwa vor der Krankheit schützen? Ein Anfangsverdacht, der aber aufgrund der geringen Fallzahl nach Einschätzung Sedlmayrs noch nicht genügt, um einen Zusammenhang zu zeigen. Dass die fremde DNA aber eine wichtige Funktion im Körper erfüllt, die etwas mit der Entwicklung von Krankheiten zu tun hat, dafür gibt es bereits einige Hinweise.

Anzeige

Das Immunsystem, so Sedlmayr, scheint die fremden Zellen durchaus wahrzunehmen, toleriere sie aber im Allgemeinen. Ein Grund dafür könnte sein, dass sie im Körper wandern und mit anderen körpereigenen Zellen verschmelzen oder sich selbst zu Körperzellen entwickeln. Sie werden also Teil des Körpers mit fremdem Ursprung. Studien an Mäusen haben gezeigt, dass sich die kleinen Eindringlinge auch zu Nervenzellen und zu Zellen des Immunsystems differenzieren können.

Einige Untersuchungen legen sogar nahe, dass die fremde DNA helfen kann – indem sie Funktionen übernimmt, die der Körper sonst nicht leisten könnte. Das zeigen etwa Daten der University of Bristol bei Kindern mit Diabetes Typ 1. Sie haben in ihrer Bauchspeicheldrüse keine oder nur wenige der Betazellen, die das wichtige Insulin produzieren.

In der Studie fanden die Forscher heraus, dass bei einigen von ihnen die fremden Zellen der Mutter zu Hilfe kamen: Sie entwickelten sich zu Betazellen und übernahmen die Insulinproduktion. Auch weitere Studien aus dem Labor von Lee Nelson zeigen einen schützenden Effekt der Fremd-DNA. So reduziert sie das Risiko, an Brustkrebs oder Gehirntumoren zu erkranken.

Der Körper kann auch feindlich reagieren

Anzeige

Anzeige

Manchmal aber reagiert der Körper auch feindlich. Erkennt er die fremden Zellen und attackiert sie, schadet er unwissentlich sich selbst. „Es gibt Hinweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen Mikrochimärismus und Autoimmunerkrankung, etwa in einer Untergruppe von Patienten mit rheumatoider Arthritis“, sagt Sedlmayr.

Das würde erklären, warum Frauen häufiger an Autoimmunerkrankungen wie multipler Sklerose oder dem Schilddrüsenleiden Hashimoto erkranken. Denn sie tragen mehr fremde DNA in sich als Männer: die ihrer Mutter, und zusätzlich die ihrer eigenen Kinder. Doch allzu robust sind die Befunde zum Mikrochimärismus nicht. Das größte Problem war es bisher nämlich, die fremden Zellen überhaupt zu finden, denn sie sind äußerst selten.

Und die bisherige, recht fehleranfällige Methode erlaubt es zwar, männliche DNA bei der Mutter zu identifizieren, jedoch ohne ihren Ursprung zu klären. „Neue Techniken sollten zukünftig ermöglichen, die Zellen schnell zu sehen, zu zählen und Art und Ursprung zu bestimmen“, sagt Lee Nelson. Und genau das ist Sedlmayrs Kollege Thomas Kroneis nun erst jüngst gelungen.

„Wir haben uns an forensischen Methoden orientiert, also der DNA-Typisierung, die zum Beispiel für Vaterschaftstests angewendet wird oder um Tote zu identifizieren“, sagt Kroneis. Dazu untersucht er bestimmte Muster in den Sequenzen der DNA, die bei jeder Person anders aussehen. „Es ist praktisch ausgeschlossen, dass das gleiche DNA-Profil bei zwei zufällig ausgewählten Personen identisch ist“, erklärt er.

Diese Methode erlaubt es nicht nur, jede Zelle eindeutig zu identifizieren, auch die Herkunft lässt sich genau bestimmen. „Es lässt sich sogar sagen, von welchem der Kinder die DNA ist, egal ob es sich dabei um einen Sohn oder eine Tochter handelt“, sagt Kroneis – und ist damit der Lösung des Rätsels Mikrochimärismus einen kleinen, aber bedeutenden Schritt näher.

Wie lange bleibt DNA bestehen?

Den noch wird angenommen, dass DNA selbst unter idealen Bedingungen nicht länger als eine Million Jahre amplifizierbar erhalten bleibt.

Wie lange darf die DNA gespeichert werden?

Wie lange werden meine DNA-Daten gespeichert und wie kann ich sie löschen lassen? DNA-Daten, die im Rahmen von Massengentests erhoben wurden, müssen gelöscht werden, wenn „sie nicht mehr erforderlich“ sind. Es gibt hier also keine gesetzliche Speicherungsfrist.

Kann DNA verfallen?

Denn im Allgemeinen hat DNA eine sehr kurze Halbwertszeit, ein Fragment von 200 Basenpaaren zum Beispiel zerfällt nach ungefähr 400 Jahren.

Was vernichtet DNA Spuren?

Chlorhaltiges Reinigungsmittel hat DNA-zerstörende Wirkung „Sowohl die Spurenmenge als auch die Beschaffenheit der Oberfläche nehmen dabei Einfluss darauf, wie gut die DNA nach Reinigungsvorgängen nachweisbar bleibt“, so Professor Micaela Poetsch, Leiterin der Forensischen Genetik.