Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca

Die Unsicherheit in der Bevölkerung scheint groß. Gerade erst war Astrazeneca in Deutschland auch für die Impfung für Menschen über 65 Jahren freigegeben worden. Jetzt hat das Paul-Ehrlich-Institut, die deutsche Zulassungsstelle für Impfstoffe und Medikamente, den Impfstoff gegen Covid-19 auf Eis gelegt.

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Dadurch wird die Impfstrategie des Bundes kräftig durcheinander gewirbelt. Und Impfberechtigte fragen sich, wie es nun weitergeht. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Wie gefährlich ist Astrazeneca denn nun?

Es sind bei der Impfung mit Astrazeneca in Deutschland sieben Fälle von Thrombosen festgestellt worden, dabei sind drei Menschen verstorben. Auffällig dabei ist, dass offenbar besonders häufig Frauen zwischen 20 und 50 Jahren betroffen sind. Warum das so ist, wird noch untersucht.

Was ist eine Thrombose?

Es handelt sich bei den sehr seltenen Hirnvenenthrombosen um Blutgerinnsel im Gehirn. Von dort transportieren große Blutgefäße sauerstoffarmes Blut in Richtung Herz. Bei einer Verstopfung durch ein Blutgerinnsel ist dieser Blutabfluss gestört. Es kommt zu einem Druckanstieg im Hirn. Im schlimmsten Fall kann die Erkrankung tödlich verlaufen.

Wie unterscheidet man normale Kopfschmerzen von den Symptomen einer Hirnvenenthrombose?

Patienten mit einer Hirnvenenthrombose leiden häufig an Kopfschmerzen, Sehstörungen oder bekommen sogar epileptische Anfälle. Weitere Symptome können Übelkeit, Erbrechen oder Bewusstseinsstörungen sein.

Zunehmendes Unwohlsein mehr als vier Tage nach der Impfung, starke und anhaltende Kopfschmerzen oder punktförmige Hautblutungen sind laut dem Paul-Ehrlich-Institut Indikatoren für eine solche Thrombose.

Welche Nebenwirkungen sind nach Impfungen normal?

Zu den typischen Beschwerden nach einer Impfung zählen Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle, aber auch Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein.

Diese Reaktionen zeigen, dass sich das Immunsystem mit dem Impfstoff auseinandersetzt. Sie sollten aber nach wenigen Tagen vollständig abklingen.

Ich bin nicht sicher, ob meine Nebenwirkungen normal sind. Was soll ich tun?

Im Zweifelsfall einen Arzt aufsuchen, wenn mehr als vier Tage nach der Impfung die oben beschriebenen Indizien für eine Hirnvenenthrombose auftreten.

Gab es auch Fälle in Baden-Württemberg?

Die Leitstelle Arzneimittelüberwachung Baden-Württemberg hat nach Angaben des Sozialministeriums Kopien von zwei Verdachtsmeldungen aus Baden-Württemberg erhalten. Bewertungen, Prüfungen oder Maßnahmen obliegen demnach aber dem PEI.

Ist Astrazeneca nun in der ganzen EU vom Tisch?

Nein, die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) ließ den Impfstoff von Anfang an ohne Einschränkung für alle Menschen über 18 Jahren zu. Daran hält sie auch fest.

Doch mehrere Länder in und außerhalb der EU haben den Impfstoff vorläufig ausgesetzt, dazu gehören Dänemark, Norwegen, Island, Bulgarien, Irland und die Niederlande. Einzelne Chargen wurden in Österreich, Estland, Lettland und Litauen sowie Luxemburg, Italien und Rumänien aus dem Verkehr gezogen.

Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca

Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca
Ein Senior in Friedrichshafen wird mit dem Pfizer-BioNTech-COVID-19-Impfstoff geimpft. Impftermine mit den anderen Impfstoffen finden weiterhin statt. | Bild: Felix Kästle/dpa

Wie viel Schutz bietet die Erstimpfung von Astrazeneca für sich genommen?

Laut Bundesgesundheitsministerium schützt bereits die Erstimpfung „gut gegen einen schweren Verlauf einer Infektion“. Eine Gefahr gehe demnach nicht davon aus, „wenn man die zweite Impfung auslässt“.

Dennoch wird empfohlen, die Zweitimpfung wahrzunehmen, sollte der Impfstoff zugelassen bleiben. Denn die Zweitimpfung verstärkt den Schutz „um ein Vielfaches“, so das Bundesgesundheitsministerium.

Wie viele Menschen haben bereits eine Impfung mit Astrazeneca erhalten?

Deutschlandweit sind 1.748.563 Menschen bis zum vorläufigen Impfstopp am 15. März mit Astrazeneca einmalig geimpft worden, 250 Menschen haben bundesweit bereits ihre Zweitimpfung erhalten.

256.876 Menschen in Baden-Württemberg sind bislang erstmals mit Astrazeneca geimpft worden, das entspricht rund 29 Prozent der bisher geimpften Menschen im Land.

Hat es in Baden-Württemberg schon Zweitimpfungen mit Astrazeneca gegeben?

Nicht in Baden-Württemberg. Die erste Lieferung mit Astrazeneca am 11. Februar ging vollständig an die Krankenhäuser im Land. „Da der Mindestabstand zwischen Erst- und Zweitimpfung von AstraZeneca neun Wochen beträgt, ist mit Zweitimpfungen aus dieser ersten Lieferung erst ab dem 15. April zu rechnen“, erklärte ein Sprecher des Sozialministeriums.

Bei den vier gemeldeten Fällen beim RKI handele es sich vermutlich um Fehlbuchungen, so ein Sprecher des Sozialministeriums.

Was passiert mit Menschen, die bereits eine Erstimpfung erhalten haben? Kann die Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff erfolgen?

Ob im Fall eines dauerhaften Verzichtes auf Astrazeneca ein anderer Impfstoff für die Zweitimpfung verwendet werden könnte, ließ Gesundheitsminister Spahn mit Verweis auf die Prüfung der EMA vorerst offen. Derzeit laufen Studien dazu, ob sich verschiedene Impfstoffe kombinieren lassen uns sich der Impfschutz so gegebenenfalls sogar erhöht.

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Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca

Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca

Für wie lange sind die Impftermine mit Astrazeneca denn nun ausgesetzt?

Die Impftermine mit Astrazeneca werden für die laufende Woche bis einschließlich Montag, 22. März, abgesagt. Das betrifft den Angaben des Sozialministeriums zufolge in Baden-Württemberg derzeit etwa 15.000 Impfungen pro Tag.

Wer bei der Terminbuchung eine E-Mail-Adresse angegeben hat, soll auf diesem Wege über die Absage informiert werden. Telefonische Absagen seien aufgrund der Vielzahl der Termine aber nicht für alle möglich, hieß es.

Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca

Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stimmt Bürger auf Fortsetzung des Lockdowns über Ostern hinaus ein. | Bild: Kay Nietfeld/dpa

Ändert sich durch den Impfstopp etwas an der bisherigen Impfreihenfolge in Baden-Württemberg?

Das Sozialministerium will nun wieder primär die über 80-Jährigen und über 65-Jährige aus besonders exponierten Berufsgruppen impfen lassen. Wer aus dieser Altersklasse bereits einen Termin hatte, der nun ausfällt, soll möglichst auf einen anderen Impfstoff „umgebucht“ werden.

Andernfalls soll eine dafür gesonderte Warteliste eingerichtet werden – unabhängig von der bereits bestehenden Warteliste für über 80-Jährige. Alle anderen müssen sich erst einmal wieder gedulden. Bis kommenden Montag, 22. April, ist es nach Landesangaben nicht möglich, neue Termine zu vereinbaren.

Was ist mit vereinbarten Impfterminen mit Biontech oder Moderna? Entfallen auch sie?

Nein. Die Termine mit Biontech oder Moderna bleiben bestehen. Das gilt für alle Menschen aus der ersten und der zweiten Priorität, egal wie alt sie sind.

Ich habe einen Termin in den kommenden Wochen. Wie erkenne ich, welchen Impfstoff ich bekomme?

Sofern dies nicht auf der Terminbestätigung der Impfstoff vermerkt ist, lässt sich anhand des Abstands zwischen Erst- und Zweittermin feststellen, um welchen Impfstoff es sich handelt.

Bei einem Abstand von neun oder mehr Wochen handelt es sich nach Angaben des Sozialministeriums um einen Termin mit Astrazeneca. Kürzere Abstände bedeuten entsprechend, dass die Termine auf Biontech oder Moderna gebucht sind.

Wie funktioniert das mit der Warteliste?

Wer ab 16. März eine Absage für einen Impftermin mit Astrazeneca bekommt, landet automatisch hinter den Menschen über 80 Jahren auf einer gesonderten Warteliste.

Sobald alle über 80-Jährigen auf der Liste einen Termin bekommen haben, sollen diejenigen folgen, die schon einen Termin mit Astrazeneca gebucht hatten. Wer auf der Warteliste ist, wird direkt vom Callcenter informiert, wenn ein Termin für sie verfügbar ist.

Ich habe schon eine Terminabsage bekommen. Wie komme ich nun an einen neuen Termin?

Menschen, die schon am 15. März eine Terminabsage erhalten haben, müssen sich selbst um einen erneuten Impftermin bemühen, sobald die Terminbuchung wieder geöffnet ist.

Das Sozialministerium erklärt dies damit, dass bereist abgesagte Termine sich nicht mehr wiederherstellen ließen und diese Menschen aus technischen Gründen nicht mehr nachträglich auf die neue Warteliste übertragen werden könnten.

Mein erster Termin wurde abgesagt, ich habe aber schon einen Termin für die Zweitimpfung. Was soll ich tun?

Menschen, deren Ersttermin jetzt abgesagt wird, werden gebeten, die Informationen zum Zweittermin vorerst aufzubewahren. Das hat den Hintergrund, dass die Termine vorerst nur bis 22. März abgesagt sind und voraussichtlich danach wieder aufgegriffen werden.

Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca

Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca
Das Warten auf den Piks geht für einige nun wohl länger: Lediglich Impftermine mit Biontech und Moderna werden fortgesetzt. | Bild: Felix Kästle/dpa

Gibt es auch dokumentierte Nebenwirkungen bei den anderen Impfstoffen von Biontech und Moderna?

Das Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht regelmäßig sogenannte Sicherheitsberichte zu den neuen Impfstoffen.

Seit Beginn der Impfungen Ende Dezember bis zum 26. Februar wurden deutschlandweit 8.368 Fälle zur Impfung mit dem Impfstoff von Biontech gemeldet, 484 Fälle zu dem Impfstoff von Moderna, 2.765 Fälle zu dem Impfstoff Astrazeneca. In 298 weiteren Fällen wurde der Impfstoff nicht angegeben.

16,8 Prozent der Meldungen wurden den Angaben zufolge als schwerwiegend eingestuft, 83,2 Prozent der Fälle als nicht schwerwiegend. Insgesamt wurden für alle drei Impfstoffe zusammengenommen in zwei von 1000 Fällen Nebenwirkungen gemeldet.

Wie hoch ist die Gefahr einer Thrombose bei anderen Medikamenten?

In den sozialen Medien kursiert aktuell der Vergleich mit der Pille: Sie ist bekannt dafür, die Gefahr von Thrombosen zu erhöhen. Frauen mit Übergewicht und Raucherinnen sind in den ersten Wochen der Einnahme eher gefährdet, es gibt aber kein generell erhöhtes Risiko von Thrombosen durch die Einnahme der Pille.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Mediziner Karl Lauterbach sagt allerdings, die spezielle Form der nun im Zusammenhang mit den Impfungen aufgetretenen Thrombosen im Hirn seien in ihrer Schwere nicht vergleichbar mit normalen Thrombosen, die von der Pille ausgelöst werden können.

Wer kommt für etwaige Impfschäden auf?

Für Impfschäden gelten die Regelungen des sozialen Entschädigungsrechts, das sogenannte Bundesversorgungsgesetz. Darin heißt es: Wer durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung einen Impfschaden erlitten hat, erhält auf Antrag Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz. Das ist auch im Infektionsschutzgesetz (Paragraf 60) geregelt.

Wer entscheidet, ob ein Impfschaden vorliegt?

Die Beurteilung, ob eine gesundheitliche Beeinträchtigung in Verbindung zu einer Impfung steht, ist Sache des Versorgungsamtes. Sollte das zuständige Amt negativ entscheiden, können Betroffene beim Sozialgericht dagegen vorgehen.

Was passiert, wenn im schlimmsten Fall jemand in zeitlichem Zusammenhang zu einer Impfung verstirbt?

Zunächst muss der behandelnde Arzt bei Verdachtsfällen das örtliche Gesundheitsamt informieren. Laut Infektionsschutzgesetz wäre dann eine Meldung des Gesundheitsamtes an das Regierungspräsidium Tübingen, die landesweit zuständige Leitstelle für Arzneimittelüberwachung, nötig. Von dort werden dann Fälle an das Paul-Ehrlich-Institut übermittelt.

Im Regierungspräsidium Tübingen heißt es allerdings, die Gesundheitsämter müssten Fälle selbst und direkt ans PEI vermelden, das Regierungspräsidium werde darüber lediglich informiert.

Was passiert mit denen die mit AstraZeneca geimpft wurden?

Seit dem 1. Dezember 2021 kommt Vaxzevria® von AstraZeneca in Deutschland gar nicht mehr zum Einsatz. Eine konstante Impfstoffversorgung in Deutschland ist durch die Belieferung aus Verträgen mit anderen Impfstoffherstellern auch zukünftig sichergestellt.

Ist Astra ein totimpfstoff?

Vektorimpfstoffe nutzen ein ähnliches Wirkprinzip, allerdings nutzen sie anstelle kleinster Fettpartikel ein harmloses, nicht vermehrungsfähiges Vektorvirus, um den Bauplan des Spike-Proteins in die Zellen zu transportieren. Beispiele sind die Corona-Impfstoffe von Johnson & Johnson und AstraZeneca.

Was ist ein totimpfstoff Corona?

Um die Immunantwort des Körpers auf die Schutzimpfung zu verstärken, ist im Novavax-Impfstoff ein sogenanntes Adjuvans (Matrix M™) enthalten. Solche Wirkverstärker sind in vielen inaktivierten Impfstoffen enthalten („Totimpfstoffe“), damit diese eine ausreichende Immunreaktion auslösen können.

Wie lange hält der Impfschutz?

Die Nachbeobachtung des US-Herstellers Moderna etwa zeigt bisher, dass Antikörper mindestens sechs Monate nach der zweiten Dosis bestehen bleiben. Man kann aber nicht pauschalieren: Watzl zufolge bewirken verschiedene Impfstoffarten auch unterschiedliche Immunantworten.