Was macht mehr wach Espresso oder Kaffee?

Koffein verstellt innere Uhr: Darum sollten Sie nach dem Abendessen lieber keinen Espresso mehr trinken

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Was macht mehr wach Espresso oder Kaffee?

teleDesign Ohne Schlaf würden wir sterben – Das passiert in unserem Körper, während wir schlafen

Donnerstag, 11.03.2021, 12:40

Koffein hält wach und kann den Schlaf stören. Doch das ist nicht alles: Offenbar wirkt ein Espresso vor dem Schlafengehen so extrem auf den Körper, dass er sogar seine innere Uhr stören kann.

  • Das Koffein blockiert die Schlafkaskade und hält den Menschen dadurch wach.
  • Bei hellem Licht wirkt ein Espresso noch einmal stärker als bei gedimmtem Licht.

Ein doppelter Espresso drei Stunden vor der üblichen Bettgehzeit verzögert die innere Uhr um rund 40 Minuten. Zu diesem Schluss kamen Forscher nach einer kleinen, aber sehr aufwendigen Studie zu regelmäßigem Koffein-Konsum.

Der Einfluss sei damit etwa halb so groß wie der von drei Stunden hellem Licht am Abend. Zu später Stunde getrunkener Espresso oder Kaffee könnte demnach mit ein Grund dafür sein, dass immer mehr Menschen über Schlafstörungen klagen.

Einfluss auf die innere Uhr

Dass Koffein wach hält und den Schlaf stören kann, haben bereits viele Studien gezeigt. Die Forscher um Tina Burke und Kenneth Wright von der University of Colorado in Boulder untersuchten den Einfluss der Substanz auf die innere Uhr, die über den Botenstoff Melatonin das Schlaf-Wach-Verhalten des Menschen steuert. Produziert wird das Hormon vor allem bei Dunkelheit, nachts ist der Spiegel im Blut daher etwa zehnmal so hoch wie am Tag.

Für ihren 49 Tage dauernden Versuch hatten die Forscher zunächst alle anderen Variablen so weit wie möglich ausgeschlossen, berichtete das Team im Fachjournal „Science Translational Medicine“. Es erfasste zunächst das herkömmliche Schlafverhalten der Teilnehmer. Während des Versuches wurden dann Faktoren wie Aktivität, Essenszeiten, Lichtstärke und Temperatur identisch gehalten. Dafür lebten die jungen Frauen und Männer in einer Umgebung ohne jegliche natürliche Einflüsse von außen.

Die Forscher ließen ihre fünf Probanden in einer Versuchsreihe jeweils drei Stunden vor ihrer üblichen Schlafenszeit eine Kapsel mit je 2,9 Milligramm Koffein für jedes Kilogramm Körpergewicht schlucken. Für einen 69 Kilogramm wiegenden Menschen sind das 200 Milligramm – etwa so viel wie in zwei Espressi. Zum Vergleich wurde der Einfluss hellen Lichts (etwa 3000 Lux) in den drei Stunden ab der üblichen Schlafenszeit gemessen.

Effekt bei hellem Licht noch stärker

Das aufgenommene Koffein verzögere die innere Uhr bei hellem Licht noch einmal deutlich stärker als bei gedimmter Helligkeit, schreiben die Forscher. In Versuchen mit Zellkulturen zeigten sie zudem, worauf der Effekt des Koffeins vor allem zurückgeht: Es hindert den Botenstoff Adenosin daran, an spezielle Rezeptoren zu binden und so die nächtlichen Abläufe im Körper in Gang zu setzen.

Die Struktur des Koffeins ähnele der des Adenosins, beide Substanzen konkurrierten deshalb um die vorhandenen Rezeptoren, erläutern die Forscher. Binde Koffein statt Adenosin, werde die Schlaf-Kaskade nicht in Gang gesetzt. Abends keinen Kaffee mehr zu trinken und elektrisches Licht sowie das von Bildschirmen so weit wie möglich zu vermeiden oder zumindest zu dimmen, könne möglicherweise Schlafstörungen beseitigen helfen. Bei Jetlag könne gezielter Kaffeekonsum wohl dabei helfen, die innere Uhr schneller an die veränderte Zeitzone anzupassen.

Folgeuntersuchungen über Koffeinwirkung nötig

Die Studie sei aus medizinischer und gesellschaftlicher Sicht hoch interessant und relevant, erläuterte Horst-Werner Korf von der Universität Frankfurt. Es sollte aber Folgeuntersuchungen mit einer größeren Zahl von Probanden aller Altersgruppen geben, insbesondere auch mit älteren Menschen, da sich die innere Uhr im Alter verändere. Zudem sei es wünschenswert, den individuellen Chronotyp – ob jemand Lerche oder Eule ist – der Probanden zu bestimmen. Möglicherweise sei die Reaktion von Frühaufstehern und von Langschläfern auf den Koffeinkonsum unterschiedlich.

Auch die in der Studie präsentierte biochemische Begründung der Wirkung von Koffein sei sehr plausibel. Die Ergebnisse seien aber an einer Zelllinie erhoben worden, die aus Knochentumoren stamme. „Es wird daher in Zukunft zu prüfen sein, ob die durch Interaktion zwischen Koffein und Adenosin bedingten Phasenverschiebungen des molekularen Uhrwerks auch in normalen Zellen des Körpers nachweisbar sind.“

Im Video: Ist der Morgenkaffee am Nachmittag noch genießbar?

sym/dpa

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Leser-Kommentare (1)

Bei den folgenden Kommentaren handelt es sich um die Meinung einzelner FOCUS-online-Nutzer. Sie spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.

Mittwoch, 16.09.2015 | 18:39 | Alexander John

Da krig isch Plack....

Koffein macht wach und Kaffee macht Zahnbeläge! Das sollte jedem bekannt sein. Warum also noch Studien darüber machen? Macht lieber Studien darüber, wie man bei einer evtl. Freigabe von Hanf den "Breitheitsgrad" (beim Schlucki ist es der Promillegehalt) ermitteln kann. Sonst verliert jeder, der vor einem Jahr einen gedochtet hat seinen Führerschein...

Was hat mehr Koffein Cafe oder Espresso?

100 ml Espresso enthalten laut Deutscher Kaffeeverband zwischen 100 und 300 mg Koffein, die gleiche Menge Kaffee enthält nur ca. 80mg. Die getrunkene Menge Kaffee macht es also aus! So gesehen hat Espresso tatsächlich mehr Koffein als Kaffee.

Wird man durch Espresso wach?

Koffein hält wach und kann den Schlaf stören. Doch das ist nicht alles: Offenbar wirkt ein Espresso vor dem Schlafengehen so extrem auf den Körper, dass er sogar seine innere Uhr stören kann. Das Koffein blockiert die Schlafkaskade und hält den Menschen dadurch wach.

Wie viel Espresso zum wach werden?

Kein Wunder: Mit einem Spitzenwert von etwa 110 Milligramm pro hundert Milliliter macht der Espresso wacher als alle anderen koffeinhaltigen Produkte. Natürlich trinkt man von ihm aber auch weniger: In eine größere Tasse Kaffee passt etwas weniger als ein viertel Liter, in eine Espressotasse nur ungefähr 70 Milliliter.

Wie lange hält ein Espresso wach?

10 bis 40 Minuten nach der Einnahme erreicht das Koffein den Blutkreislauf. Nimmt man eine direkte Wirkung wahr handelt es sich um einen Placebo-Effekt. Nach ungefähr vier Stunden sind Abbau und Ausscheidung dann abgeschlossen.