Sanktionen auch gegen deutsche unternehmen möglich

Bei den Sanktionen gegen Russland geht es bisher vor allem um das Finanzsystem und um einen möglichen Importstopp für Öl und Gas. Doch weitergehende Beschränkungen wären durchaus möglich. Denkbar wären etwa ein Exportstopp, ein Handelsembargo oder ein Betätigungsverbot für europäische Firmen in Russland.

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Ausfuhrverbote nach Russland: derzeit wenige Produkte betroffen

Verbindliche Ausfuhrverbote nach Russland gelten bislang nur für Rüstung, einige High-Tech-Produkte und Luxusgüter. Auch einige Lebensmittel sind davon betroffen. Viele andere Dinge wie Babynahrung und Medikamente bleiben ausgenommen. Westliche Unternehmen verzichten aber oft freiwillig auf ihr Russlandgeschäft. Dafür sprechen auch praktische Gründe wie Lieferschwierigkeiten oder drohende Finanzsanktionen.

Viele deutsche Unternehmen halten Geschäft mit Russland aufrecht

Tausende deutsche Firmen sind aber weiterhin in Russland aktiv. Einige liefern wie bisher oder stellen dort wichtige Produkte her. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft – ein Interessensverband von in östlichen Ländern tätigen deutschen Firmen – hält das für legitim. Ob es noch gut begründete Geschäftsbeziehungen mit Russland geben kann, wird aber mit jedem Kriegstag in der Ukraine fragwürdiger.

  • Zum Artikel: Sanktionen: Russland-Geschäfte gefährlich für deutsche Firmen

Ost-Ausschuss gegen pauschale Kritik an deutschen Firmen in Russland

Der Ost-Ausschuss verwahrt sich gegen eine völlige Zerstörung der russischen Wirtschaft und eine Verarmung der Bevölkerung dort. Das wäre mit härteren Sanktionen offenbar möglich. Deutsche Firmen haben in Russland 280.000 Beschäftigte und Milliarden schwere Produktionsanlagen.

"Pauschale Verurteilungen von Unternehmen, die weiter auf dem russischen Markt aktiv sind, weisen wir daher entschieden zurück. Diese Kritik ist unberechtigt." Oliver Hermes, Vorsitzender vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

Wenn die EU wegen Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine wesentlich härtere Strafmaßnahmen gegen Russland verhängen würde, könnte das ebenfalls als ein Verstoß gegen Menschenrechte gewertet werden. Viele Bereiche seien auch deshalb bewusst nicht sanktioniert worden, sagt Oliver Hermes, Vorsitzender vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

  • Zum Artikel: Ukraine-Krieg: Firmen wollen weiter in Russland produzieren

Ausnahmen für Händler, Nahrungsmittel- und Pharmahersteller

Zu den Ausnahmen gehören etwa die Bereitstellung von Medikamenten, medizinischen Gütern und Lebensmitteln zur Grundversorgung der russischen Bevölkerung. Darauf beruft sich zum Beispiel der Handelskonzern Metro, der in Russland ein eigenständiges Handelsunternehmen in vollem Umfang weiterbetreibt. Im Sortiment finden sich allerdings nicht nur Grundnahrungsmittel. Besonders gut aufgestellt sieht man sich bei Metro in Russland im Catering für Gaststätten, also einem Lieferservice von fertigen Gerichten, auch für besondere Anlässe.

Russischer Pharmamarkt verspricht weiter hohe Umsätze

Auch der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé beruft sich darauf sowie die Pharmakonzerne Bayer, Roche und der hessische Hersteller Stada. Das Unternehmen aus Bad Vilbel bei Frankfurt gilt als einer der größten Arznei-Anbieter in Russland. Stada-Chef Peter Goldschmidt sagte, er mache sich derzeit keine Sorgen um die Arznei-Nachfrage in Russland. Es sei vielmehr eine Herausforderung, die Lieferkette und die Produktion sicherzustellen, so Goldschmidt, entscheidend sei aus wirtschaftlicher Sicht vor allem die Entwicklung des Rubels. Stada bilanziert in Euro, so dass ein schwacher Wechselkurs in Russland die Geschäfte dort belastet. Bei Henkel ist die Argumentation komplizierter.

Henkel stoppt künftige Investitionspläne und Staatswerbung

Der Düsseldorfer Spezialchemiekonzern produziert in elf russischen Werken Klebstoffe, Waschmittel und Körperpflegeprodukte für den dortigen Markt. Um die EU-Sanktionen zu erfüllen, reichte für Henkel die Ankündigung aus, vorerst keine zusätzlichen Investitionen in Russland mehr vorzunehmen. Die weitere Expansion dort werde gestoppt, sonst soll alles wie bisher weiterlaufen. Außerdem will Henkel die Werbung in staatlichen Medien einstellen und in Russland nicht mehr als Sponsor auftreten.

Bosch reagiert auf Kritik des ukrainischen Außenministers

Ein weiterer Fall, der Schlagzeilen machte, ist die Bosch Gruppe. Als einer der weltweit größten Autozulieferer und Technologiekonzerne unterhalten die Stuttgarter in Russland ein Werk mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warf Bosch in der ARD-Sendung "Anne Will" vor, dass in russischen Militärfahrzeugen wichtige Teile des Antriebs von dem deutschen Konzern verbaut seien. In der Stuttgarter Zentrale kündigte man an, den Fall zu prüfen und wies anschließend den Vorwurf des ukrainischen Außenministers zurück: "Für die Belieferung von russischen Automobilkunden ist in den lokalen Verträgen grundsätzlich geregelt, dass Bosch-Produkte ausschließlich für zivile Anwendungen eingesetzt werden."

Exportverbot umfasst auch Dual-Use-Güter

Möglicherweise hat sich also ein Kunde in Russland nicht an den "lokalen Vertrag" gehalten und das Teil von Bosch nicht in einem zivilen LKW sondern in einem gepanzerten Fahrzeug verbaut. Oder Kuleba hat sich schlicht geirrt. Die Bundesregierung soll eine Untersuchung eingeleitet haben wegen möglicher Verstöße gegen ein Russland-Exportverbot. Das umfasst seit dem Krim-Krieg von 2014 auch sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Da hatte die Bosch-Gruppe im russischen Samara schon den Grundstein gelegt für ein neues Werk, das ab 2015 Kraftfahrzeugtechnik liefern sollte. Inzwischen hat Bosch Konsequenzen gezogen und erklärt, man wolle nun auch keine LKW-Komponenten mehr in Russland und an russische Kunden liefern.

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Wer beteiligt sich nicht an Sanktionen gegen Russland?

Im Januar 2022 hat die EU angekündigt, dass die Sanktionen zumindest bis Ende Juli 2022 verlängert werden. Russland hat seinerseits mit Sanktionen gegen eine Reihe von Ländern geantwortet. Zum Beispiel dürfen Lebensmittel aus der EU, den Vereinigten Staaten, Kanada, Norwegen und Japan nicht eingeführt werden.

Welche Unternehmen ziehen sich nicht aus Russland zurück?

Der schwedische Autohersteller Volvo Cars, eine Tochter des chinesischen Fahrzeugkonzerns Geely, liefert seine Autos bis auf Weiteres nicht mehr nach Russland. Auch der amerikanische Hersteller General Motors (GM) hat einen Exportstopp nach Russland angekündigt.

Welche Konzerne haben sich aus Russland zurückgezogen?

Russlands Angriffskrieg Davon haben sich 306 Unternehmen vollständig zurückgezogen - darunter auch deutsche Unternehmen wie Aldi, Daimler und DB Schenker. Weitere 496 Unternehmen haben ihre Aktivitäten zu 100 Prozent ausgesetzt, halten sich aber eine Rückkehr offen.

Wer kann internationale Sanktionen verhängen?

Sanktionen können nur vom Sicherheitsrat verhängt werden, nicht jedoch von der UN-Generalversammlung.