Ein Vater oder eine Mutter kennt vor allem die positiven und praktischen Aspekte der Kinderbetreuung, so dass nur selten hinterfragt wird, welche Schattenseiten es bei der (frühkindlichen) Fremdbetreuung geben könnte. Wenngleich ältere Studien der frühkindlichen Pädagogik positive Wirkungen testierten, kommen neue Studien immer mehr zu Erkenntnissen, dass Kinder in Fremdbetreuung häufiger krank sind und darüber hinaus sich sogar der Hormonhaushalt der Kleinkinder negativ verändert. Show
Studienergebnisse lieferten zunächst keine eindeutigen ErgebnisseDiverse Studien belegen oder widerlegen positive Auswirkungen auf außerfamiliäre Betreuung von kleinen Kindern. Die amerikanische Untersuchung nach Clarke-Stewart (1984, 1987) testiert Kindern in Fremdbetreuung verschiedene Entwicklungsvorsprünge. Sie seien kreativer, seien in der Lage, Informationen besser aufzunehmen und wiederzugeben, seien meist selbstbewusster und hätten insgesamt mehr soziale Fähigkeiten erlernt, als gleichaltrige Kinder, die zuhause betreut werden. Der Entwicklungsvorsprung fremdbetreuter Kinder betrüge 6 bis 9 Monate. Die NICHD Studie (NICHD Study of Early Child Care and Youth Development – SECCYD) kommt zum Schluss, dass die frühkindliche Fremdbetreuung bei mehr als 20 Stunden generell ein Entwicklungsrisiko für Kinder unter 3 Jahren darstellt. Mehr Informationen dazu findest du hier. Krippenstudie: Kinder in Fremdbetreuung haben StressEine weitere Studie, nämlich die Wiener Krippenstudie WiKi, wurde von der Universität Wien im Jahre 2012 durchgeführt. Die Untersuchenden beobachteten das Verhalten von Kindern in Fremdbetreuung und stellten mit ihrer Forschungsarbeit heraus, dass die frühkindliche Betreuung durch Fremde sich nicht positiv auf die Stressbewältigung der Kleinkinder auswirkt. Untersucht wurden 65 Kinder im Alter von 10 bis 36 Monate.
Dennoch scheint den Forschungserkenntnissen zufolge insbesondere die Trennung des Kindes von der Hauptbezugsperson für diese gravierenden Auswirkungen verantwortlich zu sein. Die Krippenstudie der Universität ist nicht die einzige Studie, die das Konzept Kindertagesstätte in Frage stellt. Trennung von Haupterziehungsperson schädlich für das KindDie Autorin Hanne K. Götze fasst in Ihrem Buch „Kinder brauchen Mütter: Die Risiken der Krippenbetreuung – Was Kinder wirklich stark macht“ wissenschaftliche Erkenntnisse zahlreicher Studien zusammen und hinterfragt unter Einbezug verschiedener empirischer Untersuchungsergebnisse die gängigen Betreuungsmodelle sehr kritisch. Fakten zur Betreuung durch FremdeBereits 1991 wies der Neuruppiger Kinderarzt Dr. Manfred Balz auf seine Untersuchungsergebnisse hin. Denen zufolge waren Krippenkinder in der DDR durchschnittlich 70 Tage krank. Die Forschungsergebnisse wurden als „Vertrauliche Dienstsache“ vor der Öffentlichkeit geheim gehalten und unter Verschluss gebracht.
Weitere Forschungsergebnisse stammen von Sickert und Ahnert, bei denen im Jahr 2000 70 Kinder im Untersuchungsmittelpunkt standen. Die Kleinkinder im Alter von 15 Monaten wiesen nach dem Eintritt in die Kita einen signifikant höheren Puls auf. Es habe 5 Monate gedauert, bis der Puls der Kinder wieder Normalwerte erreichte. Quelle & Leseempfehlung: Wie wichtig ist die Bindung zur Mutter resp. zum erziehenden Vater?Der Forscher Wilfried Datler, Uni Wien, kommt zu der Erkenntnis, dass die Auswirkungen durch die Inbetreuunggabe auf das Kind auch davon abhängen, wie der Wechsel in die Fremdbetreuung ausgestaltet wird. Würde die Betreuungsperson seltener gewechselt, handele es sich um eine sehr kleine Gruppe mit Kindern und würden mehrere Kinder gleichzeitig den Start in die Krippe erleben, wäre die Belastungssituation für die Kleinen nicht mehr ganz so hoch. Trennung gefährdet BindungElementar für eine positive Entwicklung des Kindes ist eine sichere Bindung zu wichtigen Erziehungspersonen. Eine sichere Bindung entsteht durch die Verlässlichkeit der Erziehungsperson, die jedoch nicht mehr gegeben ist, wenn das Kind von dieser getrennt wird. Fearon et al. untersuchte 69 Studien mit insgesamt über 6.000 explorierten Kindern. Das Resultat ist niederschmetternd. Jungen, die nicht in einem sicheren Bindungsgefüge aufwuchsen, entwickeln Verhaltensprobleme und Aggressionen; Mädchen neigen zu Depressionen. Trennung ist Belastung und messbarer StressverursacherWissenschaftler vertreten die Annahme, dass die tägliche Abgabe des Kindes in Fremdbetreuung jeden Tag auf´s Neue eine starke Belastung darstellt, die physiologisch messbar sei. Stress und erhöhter Puls könnten möglicherweise auf eine Traumatisierung hinweisen. Kleinkinder haben im Idealfall eine sogenannte sichere Bindung an die Haupterziehungsperson. So wichtig ist die Bindungsqualität Kind – MutterWie gut die Bindungsqualität zwischen Mutter und Kind ist, kann durch eine einfache Exporationsmethode untersucht werden. Mutter und Kind werden in einem Raum beobachtet. Dabei wird gemessen, wie weit das Kind sich freiwillig (!) von der Mutter entfernt und ob das Kind zur Mutter schaut. Forscher haben Folgendes herausgefundenKinder entfernen sich durchschnittlich
von der Kindesmutter. Kein sicher gebundenes Kind geht freiwillig auf DistanzEin sicher gebundenes Kind käme niemals auf die Idee, aus eigenem Antrieb in die Kita zu gehen, da die frühkindliche Trennung von der Hauptbindungsperson (meistens die Mutter) nicht dem natürlichen Verhalten, aber auch nicht dem natürlichen Bedürfnis eines Menschenkindes entspricht. Sichere Bindung das A & O für die Entwicklung?Gerade die ersten Lebensjahre eines Kindes sind für die kindliche Entwicklung eminent. Bereits im Babybauch nimmt das Kind erste Eindrücke von außen wahr und kaum ist es auf der Welt, werden die Lernprozesse kontinuierlich fortgesetzt. Babys merken schnell, wer eine verlässliche Bezugsperson ist, Babys bauen ihre ersten Bindungen zu anderen Menschen bereits im Mutterleib auf und im Kleinkindalter werden die Grundsteine für Charakter und Wesensbildung gelegt. John Bowlby – Vater der BindungstheorienDie Wesentlichen „Ur-Erkenntnisse“ der Bindungstheorie gehen auf den Psychoanalytiker und Kinderarzt John Bowlby zurück, der bereits in den 1960er Jahren sich diesem Forschungsgebiet widmete und die Folgen von Mutterentbehrung untersuchte. Gemeinsam mit seinem Assistenten Robertson arbeite Bowlby auch nach der Jahrtausendwende in diesem Themenbereich. James Robertson drehte bereits in 1951 einen Dokumentarfilm über Kinder, die wegen Krankenhausaufenthalten von den Eltern getrennt wurden und beschrieb das daraus resultierende Leid der Kinder. Fremde-Situations-Tests nach Ainsworth & WittigDie Psychologin Mary D. S. Ainsworth erforschte unter den Grundlagen der Bowlby-Theorien die Mutter-Kind-Interaktion und bestätigte empirisch Bowlbys Thesen. Heute zählt der „Fremde-Situations-Test“ nach Ainsworth & Wittig zu den anerkannten Messinstrumenten, geht es um Bindungsqualität.
Kinder, die als sicher gesundes Kind bezeichnet werden, legen bestimmte Verhaltensmuster an den Tag:
Ein Kind, das nur wenig oder keine Reaktion auf das Verlassen des Raums durch die Mutter zeigt, gilt als nicht sicher gebunden. Eingewöhnung in den Kindergarten Trauma?Wohl alle Eltern kennen die Situation, wenn das Kind zum ersten Mal im Kindergarten / Krippe abgegeben wird. Solange Mutter bzw. Vater zugegen sind, lässt sich das Kindergartenkind bzw. das Krippenkind auf das neue Umfeld ein – mal mehr oder weniger schüchtern. Kaum verlässt die bis dahin hauptsächlich mit der Betreuung betraute Person die Einrichtung, steht das Kind schreiend an der Eingangstür. Erzieher besänftigen die verunsicherten Elternteile mit den Worten „Das wird schon!“ oder „Das Kind muss sich gewöhnen!“. Sind das wirklich Worte der Beruhigung? Eingewöhnung in die Kita: Eltern sind verunsichertViele Eltern suchen im Internet Antworten auf die Frage, ob das Kind durch die Eingewöhnung traumatisiert sei. Hier und da ist auch zu lesen, dass die Eingewöhnungsphase mehrere Monate dauern kann. Konkret bedeutet dies: Bei nicht eingewöhnten Kindern kommt es zu körperlichen Beeinträchtigungen und zu Entwicklungsdefiziten. Die Schrift stellt Erwartungen an die Eltern:
Bei der Eingewöhnung soll bei weniger sicher gebundenen Kindern die Trennungsperiode 30 Minuten andauern. Bei Kindern, die bei der Trennung stark weinen und sich nicht beruhigen lassen wollen, soll – nach Empfehlung von Braukhane & Knobloch – die Trennung „nicht länger als zwei bis drei Minuten“ dauern. Eine Traumatisierung ist deshalb nicht auszuschließen. Epigenetik: Erlebnisse schreiben den DNA-Code umNoch absolut junge Forschungen der Epigenetik beschäftigen sich mit den Auswirkungen frühkindlicher Erlebnisse, die sogar in der Lage sein sollen, den genetischen Code des Kindes umzuschreiben. Thesen lassen die Annahme zu, dass z. B. durch Trennungssituationen oder Traumata die DNA des Kindes verändern, wodurch schwere Erkrankungen gefördert werden könnten (siehe http://www.peter-spork.de/files/newsletter_epigenetik_2016_01_mar.pdf Seite 11). Soll das Kind in die Kita gebracht werden?Nahezu alle Wissenschafter sind sich dahingehend einig, dass Kinder in Fremdbetreuung häufig gefährdet sind, weil ihre kognitiven Fähigkeiten noch gar nicht in der Lage sind, eine frühkindliche Trennung von der Mutter bzw. dem Vater zu verarbeiten. Umso sicherer das Kind gebunden ist, desto tiefer kann die Trauer über die Trennungssituation sein, während sich unsicher gebundene Kinder häufig leichter mit der befremdlichen wie auch unnatürlichen Situation abfinden.
Wäre es den Wissenschaftlichen überhaupt erlaubt, die erschütternden wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht (in Teilen) zu relativieren? Die Pädagogik hätte mit einem Male ihre Daseinsberechtigung verloren. Welche Zustände herrschen in Kitas?Neben den bisherigen Ausführungen zum Thema „Kinder in Fremdbetreuung“ kommt erschwerend ein ausführlicher Artikel von ZEIT ONLINE, erschienen am 30. Juni 2016, hinzu. Die Kollegen Biermann, Faible, Geister, Polke-Majeweski, Steffen und Venohr machen den Artikel „Kita – Was macht ihr da mit unseren Kindern?“ wie folgt auf:
ZEIT ONLINE beklagt im gesamten Bundesgebiet unhaltbare Zustände in Kitas. Rund 2.000 Eltern und 260 Erzieherinnen sind einem Aufruf gefolgt, über Erfahrungen mit Kinderbetreuungseinrichtungen zu berichten. Eine scheinbar grundsätzliche Schieflage in der Pädagogik kam dabei zum Vorschein. Misshandlungen in Kitas an der Tagesordnung?Hier einige Beispiele der geschilderten Missstände, die, würden sie im familiären Umfeld stattfinden, zur Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt führen würden:
Diese und zahlreiche weitere Vorkommnisse werfen ein wenig rühmliches Licht auf Kindertageseinrichtungen. Wahl der Kita: Russisches Roulette?Die Journalisten bringen es unverblümt auf den Punkt:
NUBBEK-Studie: Nur 6 % der Krippen „gut“Bereits 2013 brachte die NUBBEK Studie ähnliche Erkenntnisse zu Tage. Von 550 Kleinkind-Einrichtungen wurden lediglich 6 % aller untersuchten Kinderkrippen als „gut“ bewertet. 17 % der untersuchten Einrichtungen bekamen das Qualitätsurteil „unzureichend“. Kein Kinderschutzkonzept: Kinder bleiben hilflos zurückSchubsen, Schlagen, Demütigen, Erniedrigen, Minderversorgung scheinen an der Tagesordnung zu sein, so dass Experten längst nach einem Kinderschutzkonzept rufen. Doch die Politik schaut weg und viele Eltern wissen gar nicht, wie es ihrem Kind in der Einrichtung geht und selbst wenn, stehen sie den Missständen machtlos gegenüber, da es hinter den geschlossenen Türen keine Zeugen gibt und Erzieher sich gegenseitig decken. Die Kinder sind zu klein, um über Missstände erzählen zu können. Fazit zu Trennungstrauma und Missständen in KitasWie folgenreich die Auswirkungen auf das Leben unserer Kinder sein können, wird kaum öffentlich zur Diskussion gestellt und mangelnde Transparenz ist generell zu beklagen. Die hier vorgetragenen Informationen sind keinesfalls neu gewonnene Erkenntnisse, sondern beschäftigten die Wissenschaftler bereits in den 1960er Jahren ff, die seit Generationen immer wieder bestätigt werden. Umdenken und Wandel wäre längst von Nöten, doch es passiert nichts. Die Frage, ob überhaupt Kinder in Fremdbetreuung gehören, erscheint mehr, als berechtigt. Sexuelle Übergriffe und GewaltandrohungIm Sommer 2015 machte eine Mainzer Kindertagesstätte Schlagzeilen. Es kam zu sexuellen Übergriffen unter den Kindern. Die Betreuungseinrichtung wurde geschlossen.
Der Spiegel zitiert diese Worte des Mainzer Generalvikars; dieser bezeichnet die Vorfälle als „Perversitäten sexueller Gewalt“, deren Ausmaße „harter Pornografie“ glichen. Zudem kam es zu „üblen Gewaltandrohungen“, so Spiegel. ZEIT ONLINE bezeichnet es angesichts der bundeslandübergreifenden Schilderungen von Eltern und Angestellten sowie der hohen Fallzahlen als Glücksspiel, wenn Eltern ihre Kinder einer Kita anvertrauen. Kinderbetreuung: Eltern haben oft keine WahlOhnehin würden viele Väter und Mütter ihr Kleinkind am liebsten Zuhause behalten und sich um Betreuung, Versorgung und Erziehung selbst kümmern wollen. Gesellschaftlicher Druck („Das Kind muss unter Gleichaltrige!“) und die unabdingbare Notwendigkeit, das Existenzeinkommen der Familie sicherzustellen nehmen Eltern oftmals die Wahl ab. Der Nachwuchs „muss“ in Hort, Kindergarten oder Kita gebracht werden, damit Mutter und / oder Vater zur Arbeit gehen können. Im Laufe der Generationen haben sich die Familienverhältnisse zudem verändert, so dass Großeltern immer seltener bei der Betreuung der Enkelkinder einspringen (können). Die Kinder in Fremdbetreuung unterzubringen, ist dann meist die einzige Möglichkeit, die Vätern und Müttern bleibt. Was kannst du tun, wenn du dein Kind in die Kita geben musst?Bist du in der Situation, dass du einen Betreuungsplatz für dein Kind zwingend benötigst, musst du dich möglichst umfangreich über Hort, Kita bzw. Kindergarten informieren. Schau dir die Einrichtung an und spreche mit Eltern, deren Kind dort untergebracht ist. Dies gibt dir zwar keine Sicherheit, dass dort alles in Ordnung ist. Doch du bekommst einen ersten Eindruck. Die Eingewöhnungszeit deines KindesSobald dein Kind in eine Einrichtung gehen soll, trainiere dein Kind, mit Trennungssituationen besser zurecht zu kommen. Übe, indem du es kurz bei Opa, Oma oder einer vertrauenswürdigen Nachbarin lässt. Hole dein Kind nach kurzer Zeit wieder ab, damit es das Vertrauen behält, dass du bald wieder zurückkommen wirst. Die erste Zeit in Kindergarten und KrippeSetze dich im Kindergarten bzw. in der Krippe durch. Vertraue auf dein Gefühl. Wenn dein Kind länger braucht, um sich einzugewöhnen, bist du in der Verantwortung, dies im Interesse deines Kindes durchzusetzen. Auch dann, wenn die Kindergärtnerinnen dich eines Besseren belehren wollen. Nehme dir, falls möglich, ein paar Urlaubstage, um dein Kind zu begleiten.
Wie lange dauert die Eingewöhnungszeit in die Kita?Die Eingewöhnungszeit kann ein paar Tage, aber auch Wochen und Monate dauern. So lange bekommt kein Vater Urlaub. Bitte Mutter, Oma, Opa, Tante, Onkel um Hilfe. Scheue dich nicht, deinem Kind zwischendurch einen freien Tag zu geben, wenn es sich schwer tut. Dein Kind gewöhnt sich nicht einSollte dein Kind auch nach Wochen oder Monaten nicht bereit sein, in der Kita zu bleiben, brauchst du eine andere Lösung, die nicht leicht zu finden ist. Lote aus, ob es innerhalb der Familie jemanden gibt, der euch unterstützen kann. Eine Tagesmutter kann eine bessere Lösung sein, wenngleich auch dort es zu ähnlichen Problemen kommen kann. In letzter Konsequenz kann es auch vorkommen, dass dein Kind gar nicht soweit ist und du dich mit der Mama neu organisieren musst. |