Ab wann gilt die ausgangssperre in dortmund

Ab wann gilt die ausgangssperre in dortmund
Die Sieben-Tage-Inzidenz könnte in Kürze auf über 200 steigen. Dortmund will die Notbremse ziehen, verzichtet aber auf eine nächtliche Ausgangsbeschränkung, die auf private Aktivitäten zielt. Foto: Alex Völkel

Die Stadt Dortmund zieht die Notbremse – und folgt damit dem Rat von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Dieser hatte Kommunen und Ländern geraten, nicht auf die „Bundesnotbremse“ zu warten. Weil diese nun doch nicht dieses Wochenende in Kraft treten kann und Dortmund droht, am Wochenende die 200er-Marke bei der Sieben-Tage-Inzidenz zu knacken, hat die Stadt eine eigene Allgemeinverfügung auf den Weg gebracht. Bis auf nächtliche Ausgangssperren bzw. Ausgangsbeschränkungen beinhaltet sie fast alle Vorschläge, die auch das neue Bundesinfektionsschutzgesetz umfassen soll.

Kein Einkaufen mit Termin mehr, keine Museen und kein Mannschaftssport im Freien

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Die Stadt Dortmund will die Corona-Notbremse ziehen. Foto: Sascha Fijneman

Die Stadt will auf die Durchführung von Präsenzunterricht verzichten. Das gilt allerdings nicht für Förderschulen und Abschlussklassen – und auch eine Notbetreuung soll gesichert sein. Die Stadt hält die Landesregelung, Präsenzunterricht mit zwei Tests in der Woche zu begleiten, angesichts der hoch dynamischen Infektionslage für nicht ausreichend.

Ferner sollen ab Montag in Dortmund wieder die Museen schließen und das Konzept von „Click & Meet“ (Termineinkauf) nicht weitergeführt werden.

Im Vorgriff auf die kommende Bundesverordnung möchte die Stadt Dortmund den Sport auf den Sportplätzen gänzlich untersagen. Sollte das Land diesem Antrag nicht folgen, werden die kommunalen Sportplätze – dort hat die Stadt Hausrecht – auf jeden Fall geschlossen.

Nicht auf den Weg gebracht hat die Stadt allerdings eine nächtliche Ausgangssperre bzw. Ausgangsbeschränkungen: „Wir haben sie nicht vorgesehen, weil dies auf Bundesebene intensiv diskutiert wird und wir auch verfolgen, wie andere lokale Ausgangssperren gerichtlich beklagt werden“, sagte OB Thomas Westphal. Daher will Dortmund auf eine mögliche Bundesregelung warten, um in diesem Punkt mehr Rechtssicherheit zu haben. Doch Westphal machte keinen Hehl daraus, dass er auch diese Maßnahme begrüßen würde. 

„Weitere Verzögerungen können wir uns angesichts der aktuellen Zahlen nicht mehr leisten“

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In Dortmund wird deutlich mehr gegen Corona geimpft und auf Covid-19 getestet. Foto: Alex Völkel

Denn es müsse alles getan werden, um die dritte Welle zu brechen. Die baut sich in Dortmund mächtig auf: Allein in der vergangenen Woche ist sie um 100 Punkte gestiegen. Dortmund hat am heutigen Freitag (16. April 2021) eine Inzidenz von 172,9 (RKI). Es ist davon auszugehen, dass der im kommenden Bundesgesetz für viele kontaktbeschränkende Maßnahmen genannte Wert einer Inzidenz von 200 schon in den nächsten Tagen erreicht und überschritten wird. 

„Mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen sind die bundeseinheitlichen Maßnahmen überfällig“, so der Oberbürgermeister. „Wir reagieren somit im Vorgriff darauf. Weitere Verzögerungen können wir uns angesichts der aktuellen Zahlen nicht mehr leisten. Trotz steigender Infektionszahlen ist seit Ostern nichts passiert, ein weiterer Zeitverlust ist nicht hinnehmbar.“

Er stimmt die Menschen schon darauf ein, „dass die dritte Welle deutlich höher und vielleicht auch länger sein wird“, fürchtet Thomas Westphal. Er kritisiert, dass „wir schon zwei Wochen verloren haben, um der dritten Welle entgegenzutreten. Die Allgemeinverfügung hatte die Stadt am Freitagmittag ans Land übermittelt, nachdem dieser Schritt am Donnerstag angekündigt worden war. 

Stadt rechnet mit einer Zustimmung des Landes für die Dortmunder Notbremse

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OB Thomas Westphal. Foto: Anja Cord

Eine Absage durch das Land erwartet Westphal – anders als bei seinem Versuch vor Ostern, die Schulen im Alleingang zu schließen, nicht.

„Sie können es, glaube ich, nachvollziehen, dass es sich um ein Gesamtangebot handelt. Das muss in der Gesamtstruktur zusammenpassen. Wir haben das dem Land deutlich gemacht.“ 

Nach einem Monat sieht sich der Dortmunder Oberbürgermeister leider bestätigt. Er hatte nach der Absage der Schulschließungen durch das Land kritisiert, dass die Dortmunder Stadtspitze nicht verstehen könne, dass das Land so wenig auf die dynamische Lage reagiere. 

„Wir können jetzt sehen, was nach Ostern passiert. Ich habe das gesagt bei einer Inzidenz von 72. Jetzt haben wir 100 Punkte mehr“, ärgert sich Westphal. „Wir wollen besonnen, aber vorausschauend reagieren und nicht zu spät schließen und zu früh öffnen“, betont er mit Blick auf die neue Allgemeinverfügung. 

Kaum freie Betten auf Intensivstationen – jüngste beatmete Covid-Patientin ist 29 Jahre

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Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner. Foto: Anja Cord

Gesundheitsdezernentin Birgit Zoerner machte deutlich, dass an zusätzlichen Maßnahmen kein Weg vorbei führe. Seit März hat sich das Infektionsgeschehen strukturell nicht verändert. Die hoch ansteckende britische Virusmutation ist bestimmend, unter den Betroffenen befinden sich zunehmend Kinder und Jugendliche. 

Zudem seien die Belegungszahlen auf den Intensivstationen der Kliniken in den letzten Wochen kontinuierlich gestiegen. „Die Tatsache, dass sich immer mehr junge Menschen infizieren, zeigt sich auch in unseren Krankenhäusern. Die jüngste Person, die mit Covid beatmet wird, ist 29 Jahre alt. Das ist eine Situation, wie wir sie noch nie gehabt haben und das erfüllt uns mit großer Sorge“, so Zoerner.

Denn die Infizierten, die mit schweren Verläufen in die Kliniken kommen, seien deutlich jünger als in der zweiten Welle. „Wir gucken nicht nur auf Inzidenz, sondern auch auf die Dynamik dahinter. Und wir sehen eine erhebliche Dynamik und ein diffuses Infektionsgeschehen, bei dem die Jüngeren bei der Übertragung aber auch bei Erkrankungen eine größere Rolle spielen“, berichtet die Gesundheitsdezernentin.

Problem: Covid-Infizierte brauchen deutlich mehr Personal als andere Intensivpatient*innen

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Die Betreuung von Covid-Patient*innen ist deutlich personalintensiver als bei „normalen“ Patient*innen auf einer Itensivstation. Foto: Wiki

Die Arbeitsgemeinschaft der Dortmunder Krankenhäuser und das Gesundheitsamt machen sich Sorgen, dass bald der Punkt erreicht werden könnte, ab dem das Gesundheitssystem nicht mehr mitkomme. Daher hat nun auch Dortmund die Warnampel auf „rot“ gestellt. So wird dem Land signalisiert, dass die Kapazitäten in den Kliniken immer knapper werden.

Bei den freien Intensivbetten gibt es „unter zehn Prozent freie Kapazitäten“. Doch das alleine sei nicht ausschlaggebend. Denn ein Covid19-Patient brauche einen viel höheren Betreuungsschlüssel als ein „normaler“ Intensivpatient. „Das ist ein komplett anderer Aufwand. Daher sind freie Betten trügerisch, weil ja auch das Personal dafür dasein muss, um das zu betreuen.“

Daher hat man weiter auch die Regelungen für die Einrichtung von Behelfskrankenhäusern im Blick. Das Land hatte die Entscheidung getroffen, Rehakliniken zu benennen, die als Behelfskrankenhaus fungieren könnten. Für Dortmund steht die Johanniterklinik am Rombergpark auf der Liste. „Die weiß das auch und steht Gewähr bei Fuß. Aber es ist anders als bei der ersten Welle, weil ja Rehakliniken in Betrieb sind. Sie stehen ja nicht leer und warten darauf, dass etwas passiert“, so Zoerner. 

Die Johanniter hätten signalisiert, dass im Fall der Fälle die Hälfte der Betten zur Verfügung gestellt werden könne. Doch das Land hat die Frage, wer die Aktivierung und Belegung koordinieren soll, noch immer nicht beantwortet. Dies ist insofern richtig, da es nicht in allen Städten und Kreisen solche Behelfskrankenhäuser gibt. So hat der Kreis Recklinghausen nicht ein einziges.

Maskenpflicht in Park und am Phoenixsee gilt weiter – Spielplätze bleiben offen

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In Fußgänger-Zonen, aber auch in Parks und am Phoenixsee, gilt die Maskenpflicht. Foto: Karsten Wickern

Umso wichtiger sei es, jetzt auf kommunaler Ebene zu handeln, bis auf Bundesebene das neue Infektionsschutzgesetz mit der „Bundesnotbremse“ in Kraft getreten ist, machte Ordnungsdezernent Norbert Dahmen deutlich.

Doch weil dieses frühestens Ende der nächsten Woche in Kraft treten kann, seien die Länder gefordert, ihre Coronaschutzverordnungen jetzt schon anzupassen – also landesrechtlich Vorreiter zu sein.

„Gesundheitsminister Spahn hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jeder Tag eine verpasste Chance sei. Länder sollten ausdrücklich vorsorglich handeln und nicht auf den Bund warten. Er sagt, dass wir schneller sein sollen als der Bund“, so Dahmen. Sie sollten Vorreiter werden.

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Norbert Dahmen. Foto: Anja Cord

Doch die bisherige Regelung für NRW sehe nur eine Fortführung der bisherigen Regelungen vor. Doch das sei bei der dynamischen Infektions-Lage in Dortmund nicht genug.

„Dies bedeutet: Wenn wir die Notbremse nicht ziehen, kommen wir nicht dahin, wo wir hinwollen. Daher haben wir eine neue Allgemeinverfügung erlassen, die aber nur im Einvernehmen mit dem Ministerium in Kraft treten kann“, so Dahmen. 

Die Maskenpflicht in Parks und am Phoenixsee wird weiter gelten. Das ist die einzige Regelung, die die Stadt im Alleingang treffen kann. Allerdings wird man Spiel- und Bolzplätze nicht schließen.

Kein Präsenz- und Wechselunterricht – Ausnahme für Abschlussklassen und Förderschulen

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Daniela Schneckenburger. Foto: Anja Cord

Ein wichtiger Baustein für das Brechen der dritten Welle ist nach Ansicht der Stadtspitze, dass die Dortmunder Schulen ab kommenden Montag keinen Präsenz- oder Wechselunterricht mehr machen sollen – mit Ausnahme der Abschlussklassen und der Förderschulen. Auch eine Notbetreuung werde es geben.

„Wir sind uns unmittelbar einig, dass alle am Schulleben Beteiligten in den mehr als 12 Monaten einen unheimlichen Stresstest ausgesetzt waren. Für mich in meiner Rolle ist auch klar, dass das hohe Augenmerk auf den Bedarfen von Kindern und Eltern liegen muss“, sagte Schuldezernentin Daniela Schneckenburger. 

„Aber aktuelle Lage löst hohe Besorgnis aus – wir brauchen eine Abwägung in beide Richtungen. Wir wissen um die Belastungen für Kinder, Eltern und Lehrkräfte, aber sehen auch den Infektionsschutz. Daher wollen wir den Präsenzunterricht aussetzen.“ Doch damit sei über kurz oder lang ohnehin zu rechnen.

„Ich höre Signale aus dem Land, eine automatische Notbremse ab einer Inzidenz ab 200 zu erlassen. Das soll beim Bund ja auch Gesetzeslage werden“, so Schneckenburger. Mit der neuen Allgemeinverfügung, sollte sie denn in Kraft treten, könnten sich Schulen und Familien jetzt schon darauf einstellen. Denn das Überschreiten der 200er-Grenze sei ja schon in den nächsten Tagen zu erwarten. 

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Die Sieben-Tage-Inzidenz nach Altersgruppen in Städten und Kreisen. Quelle: https://semohr.github.io/risikogebiete_deutschland/

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