7 jähriges Kind will nicht zum Vater

In Umgangsrechtsstreitigkeiten wird von dem betreuenden Eternteil oft vorgebracht, dass das Kind den anderen Elternteil gar nicht sehen und keinen Umgang mit ihm wolle. Diese Ablehnung durch das Kind kann vorgetäuscht sein, in vielen Fällen äußern sich die Kinder aber wirklich ablehnend zu Umgangskontakten. Es fragt sich, wie mit solchen Fällen umzugehen ist.

Einerseits gilt: Lehnt das Kind den Umgang mit dem anderen Elternteil ab, so führt dies nicht zwingend zu einer Versagung des Umgangsrechts. Andererseits darf man den Kindeswillen auch nicht einfach als unbeachtlich abtun oder pauschal unterstellen, der betreuende Elternteil habe das Kind “manipuliert”.

Es ist in solchen Fällen vielmehr zu prüfen, ob die Ablehnung des Kindes eine autonome Entscheidung des Kindes ist – egal ob diese Entscheidung nachvollziehbar ist oder nicht -, oder ob die Ablehnung vielleicht nur aus Loyalität zum betreuenden Elternteil erfolgt, welcher das Kind vielleicht beeinflusst hat. Gerade in letzteren Fällen ist es wichtig, dass ein Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil möglichst doch stattfindet, damit einer Entfremdung entgegengewirkt werden kann. Deshalb gibt es z.B. die Möglichkeit, den Umgang erst einmal unter Vermittlung des Jugendamtes stattfinden zu lassen, evtl. an einem “neutralen” Ort und im Beisein einer Beamtin des Jugendamtes. Vereitelt der sorgeberechtigte Elternteil das Umgangsrecht, macht er sich u.U. wegen Kindesentziehung strafbar (§ 235 Strafgesetzbuch).

Umgekehrt darf man ein Kind aber nicht zum Umgang zwingen, wenn das Kind dem Umgang tatsächlich ablehnend gegenübersteht. Denn dies würde eine Missachtung des Kindeswillens und damit letztlich eine Gefährdung des Kindeswohls bedeuten. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, ob der Kindeswille – tatsächlich oder vermeintlich – “manipuliert” ist. Denn auch ein manipulierter Kindeswille hat aus der Sicht des Kind Anspruch auf Berücksichtigung und darf nicht einfach gebrochen” werden.

Die Gründe für die Ablehnung müssen deshalb im Einzelfall genau erforscht werden, wozu in der Regel ein kinderpsychologisches Gutachten erforderlich ist. Wenn der Kindeswille autonom, intensiv und stabil ist, wäre ein Übergehen des Kindeswillens in aller Regel kindeswohlgefährdend. Ab einem Alter von ca. 11 Jahren kommt die Anordnung eines Umgangs gegen den gefestigten Willen des Kindes nicht mehr in Betracht (OLG Schleswig NZFam 2016,29; OLG Stuttgart NZFam 2016,43).

 

Das “PAS-Syndrom”:

Insbesondere betroffene Väter berufen sich oft auf das Vorliegen eines So genannten “PAS-Syndroms” (“Eltern-Entfremdungs-Syndrom”). Die Theorie, in  Fällen von Umgangsverweigerung durch das Kind liege immer eine einseitige Beeinflussung durch die Mutter vor und der Umgang müsse deshalb notfalls auch gegen den Willen erzwungen werden, hat sich mittlerweile als haltlos und unwissenschaftlich erweisen. Dennoch wird von manchen Anwälten und Richtern immer noch auf diese Theorie Bezug genommen.

Bitte lesen Sie hierzu den informativen Artikel “PAS-Streit gefährdet Kindeswohl” .

Derjenige Elternteil, bei dem das Kind lebt, ist verpflichtet, das Umgangsrecht zu fördern und auf das Kind Einfluss auszuüben, damit es das Umgangsrecht wahrnimmt. (“Verpflichtung zum Wohlverhalten”).

In den letzten Wochen habe ich über drei klassische Situationen gesprochen, in denen wir Mütter das Umgangswochenende zum Teufel wünschen, weil wir es nicht wollen und es uns persönlich tief schmerzt.

Was aber tun, wenn das Kind selbst nicht zum Papa will?

Wir selbst können ja noch heldinnenhaft über uns hinauswachsen, indem wir uns klar analysieren und zur Not externe Hilfe suchen oder uns ablenken, aber wenn das Kind mit dem Wochenende ein Problem hat, gehen sämtliche Mütter-Schutzinstinkte in die Alarmstufe-Rot-Position.

Und so sollte es auch sein.

Eine klare Einschätzung wird allerdings umso schwieriger, je kleiner das Kind zu dem Zeitpunkt ist.

Es stimmt, dass Kinder die Stimmungen ihrer Eltern mit ihren seismographischen Antennen sehr feinfühlig aufnehmen und sich mit uns solidarisieren, wenn sie spüren, was für ein Problem wir als Mütter mit dem Umgangswochenende haben.

Wenn du hingegen tapfer versuchst, dein Leben in den Griff zu bekommen und deine freien Wochenenden zu planen, ist es nicht doll, wenn dein Kind dir am Freitag erklärt, es bleibt heute lieber bei dir. Adé, schöner Konzertabend!

Wie wir ja bereits zur Genüge wissen: Umgang muss sein. Der konstante Kontakt zum Vater ist wichtig.

Deshalb machen wir uns ja auch so oft zum Suppenkaspar, verstecken unsere Gefühle und gaukeln dem Kind fröhliche Gelassenheit vor. Oder?

Mancher Pädagoge unkt dagegen bisweilen, dass Kinder sehr schnell rausbekommen, wie sie uns nach ihrer Pfeife tanzen lassen können.

Trotzdem sollten wir uns davor hüten, pauschal unsere Kinder in eine Schublade zu packen. Denn wenn wir es tatsächlich versäumen, sie mit ihren Sorgen und Ängsten wahrzunehmen, dann richten wir mehr Schaden an als uns lieb sein kann.

Lass uns mal zwei Szenarien näher anschauen.

Szenario 1) Dein Grundschulkind bekommt unerklärliches Bauchweh, kurz bevor es abgeholt werden soll. Auf Rückfrage erklärt es dir, dass es lieber auf deiner Couch liegen und eine Wärmflasche haben will.

Check a): Hast du selbst gerade Ärger mit dem Ex oder Angst vor dem Wochenende allein?

Check b): Hast du eigene Pläne (Mädelsabend, Date, Weiterbildung etc), auf die du dich schon sehr freust?

Wenn Du a) mit Nein und b) mit Ja beantwortest, kann es schon mal nicht an dir liegen.

In dem Fall sage das Umgangswochenende eher ab und / oder biete dem Vater an, das Kind am nächsten Tag selbst zu bringen, wenn es ihm wieder besser geht.

Wenn die Bauchschmerzen gleich nach der Absage auf wundersame Weise wieder verschwunden sind, ist das ein Indiz, dem du nachgehen kannst.

Machen wir uns aber nichts vor: Du kannst ganz schön Gegenwind bekommen, je nachdem, wie dein Ex so drauf ist. Falls es ein Machtgefälle zwischen Euch gibt, kann das sogar äußerst unangenehm für dich werden.

Mach dir in dem Fall bitte genaue Notizen, was er sagt oder hebe dir seine Emails gut auf.

Natürlich wird ein Vater auch sehr enttäuscht sein, wenn er sich schon lange auf sein Kind gefreut hat, keine Frage. Aber eine gesunde Enttäuschung zu zeigen oder dich heftig verbal dafür anzugreifen, als ob du die Bauchschmerzen erfunden hättest, sind zwei vollkommen unterschiedliche Paar Stiefel.

Eine solche Situation muss stets im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Sollte der Vater nur alle zwei oder drei Monate sein Kind sehen, weil er zu weit weg wohnt, ist das natürlich nochmal ein ganz anderes Frustrationslevel, was ihm da abverlangt wird, als dem klassischen Jedes-2.-Wochenende-Umgang-und-dazwischen-noch-ein-Nachmittag-in-der-Woche-Papa.

Kleiner Tipp am Rande, falls Ihr noch reden könnt oder gerade den Umgang gerichtlich zu regeln versucht: Sprecht auch solch eine Situation prophylaktisch mal durch, wie Ihr die handhaben werdet, damit du ungefähr weißt, woran du dich orientieren kannst.

Klar wirst du mit deinem Kind im Anschluss an die wundersame Genesung sprechen. Sag, dass du das Gefühl hättest, da wäre noch was anderes als das Bauchweh gewesen, weshalb es nicht zum Papa wollte.

Je nachdem, was es dir dann sagt, kannst du die nächsten Schritte ableiten:

  • Mit dem Vater darüber reden;
  • Mit einem Kinderpsychologen sprechen;
  • Mit dem Jugendamt oder dem Kinderschutzbund Kontakt aufnehmen.

Wenn Ihr gerade im Clinch bezüglich eines regelmäßigen Umgangs seid, kann es dir vor Gericht äußerst negativ ausgelegt werden, wenn du einseitig den Umgang für eine Weile komplett aussetzt.

Sichere dich deshalb weitgehend vorher ab.

Mache dir Notizen, damit du alles dokumentieren kannst, falls er richtig gemein zu dir wird.

 

Einladung zum Mutmach-Freitag

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Szenario 2) Dein 4jähriges Kind versteckt sich bei der Abholung hinter dir oder rennt in sein Zimmer, weg vom Papa. Auf Nachfrage erzählt es irgendeine wirre Begründung.

Willst du meine ganz ehrliche, politisch unkorrekte Meinung hören?

Sag das Umgangswochenende ab und gib das Kind nicht zum Vater bis zur Klärung des Sachverhalts.

Geh auch sofort zum Kinderpsychologen, wenn du merkst, dass es dein Kind wirklich sehr bedrückt.

Eine Mutter erzählte mir von dieser Situation und blieb trotzdem standhaft, dass das Kind mitgehen sollte. Und bereut es heute zutiefst. Erst viele Jahre später wurde ihr klar, in welcher eigentlichen Zwickmühle sie war.

Sie hatte die Reaktion damals vollkommen überrascht und hatte nicht damit gerechnet. Das Kind ging bis dahin immer sehr gern zum Vater. Der Sohn erzählte bei dieser denkwürdigen Abholung, dass die Decke so dunkel gestrichen sei – obwohl der Vater nicht gestrichen hatte – und er deshalb nicht hinwollte.

Sie war sich immer sicher gewesen, dass ihr Ex den Sohn nicht geschlagen hat oder sonstwie physisch gewalttätig wurde. Und so war ihr erster Gedanke, dass der Sohn seine Grenzen auszuloten versuchte, weil er nun mal lieber jetzt (!) Lego spielen wollte.

Heute weiß sie, dass sie wohl auch Angst vor der Reaktion des Ex hatte. Die Elternbeziehung war damals extrem angespannt, es gab äußerst hässliche Szenen auch in der Öffentlichkeit, und sie war deshalb ganz besonders beflissen, entgegenkommend und neutral die Umgangswochenenden zu ermöglichen.

Sie war überzeugt, er wäre zumindest verbal explodiert, hätte sie ihn ohne Kind wieder nach Hause geschickt.

Der Junge weinte übrigens auch nicht zum Gotterbarmen, sondern lief „nur“ weg oder versteckte sich hinter ihr.

Heute weiß sie, dass ihr Verhalten damals nicht richtig war.

Wie sich nämlich ein Jahr später herausstellte, gab es im Haus des Ex zu der Zeit großen Ärger mit der Stiefmutter, die mit dem Halbgeschwisterchen schwanger gewesen war. Das Kind war wohl eine Art Blitzableiter für Probleme zwischen dem Paar.

Das ging so ungefähr 3 – 4 Wochen, danach stellte sich die Freude auf die Papazeit beim Kind wieder ein.

 

Ach komm – das passt dir doch gut in den Kram, wenn das Kind nicht will!

Man mag vielleicht denken, dass es eine Mutter insgeheim freut, wenn das Kind sich weigert, zum Ex zu gehen, mit dem sie gerade Stress hat. So wie: „Ällerbätsch! Das Kind ist lieber bei miiihiiir!“

Ich kann nur für mich sprechen, aber ich denke, es geht vielen Müttern so: Ich bin immer heilfroh gewesen, dass unser Kind extrem selten krank gewesen ist, und dass ich deswegen nie den Umgang aussetzen musste. Das Kind ging stets gern zum Papa, und dafür war ich sehr dankbar.

Nicht nur, dass ich mit der Zeit mehr und mehr eigene Interessen und Aktivitäten entwickelte, daher mein kindfreies Wochenende gern verplante und auch genoss. Aber mein Ex hätte mir die Hölle auf Erden bereitet, wenn ich kurz vorher den Umgang wegen Krankheit des Kindes ausgesetzt hätte.

Also, ich war froh, dass dieser Kelch in der Regel an mir vorbeizog.

Aber wenn du merkst, dass es deinem Kind wirklich nicht gut tut, dann möchte ich dich ermutigen, deine Löwenmama-Bärinnenpower zu aktivieren, die in dir steckt!

Fazit

Die Zwickmühle, in der du dich befindest, ist größer und schwieriger zu lösen je kleiner das Kind noch ist – und je mehr Stress du mit dem Ex hast.

Es wird aber immer leichter für dich, je größer das Kind wird und je besser es sich und seine Wünsche artikulieren kann.

Wenn das Kind in die Pubertät kommt und so richtig in die Verweigerung geht, dann ist dein Ex bestimmt auch eher erleichtert, dass ihm ein stressiges und mies gelauntes Wochenende erspart bleibt.

Wenn sich kleine Kinder aber noch nicht richtig ausdrücken können geschweige denn klar realisieren, was da mit ihnen passiert; wenn ein Kind einfach das Bedürfnis nach Wärme und Kuscheln und nicht nach Action hat, aber an dem Papa-Wochenende nun mal Action geplant ist – dann muss es auch mit diesem Bedürfnis wahrgenommen werden dürfen.

Ohne dass du als Mutter per se den schwarzen Peter zugeschoben bekommst.

Deinem Bauchgefühl solltest du jedenfalls nachgehen, mit allen Mitteln, die dir als Mutter zur Verfügung stehen.

Wenn du hingegen selbst verunsichert bist und keinen Ex-Partner hast, mit dem du gemeinsam beratschlagen kannst, wie jetzt die beste Vorgehensweise aussieht, weil der sich nur übervorteilt fühlt, dann solltest du dich an die Behörden und an den Kinderschutzbund wenden dürfen, ohne dass dir von dort auch noch Gegenwind entgegenbläst!

Welche Lösung hast du selbst gefunden? Ich freue mich über deinen Kommentar weiter unten!

 

P.S.: Kennst du das eBook von Carola Fuchs „Mama zwischen Sorge und Recht“? Das ist in diesem Zusammenhang sehr zu empfehlen.

Was tun wenn das Kind nicht zum Vater will?

Das Jugendamt versucht dann zwischen den Eltern und dem Kind zu vermitteln und eine Lösung herbeizuführen. Wenn das Verhalten des Ex-Partners ausschlaggebend dafür ist, dass das Kind seinen Vater oder seine Mutter nicht mehr sehen will, dann kann eine Mediation helfen, eine Lösung herbeizuführen.

Ist es normal wenn die Kinder nicht zum Papa wollen?

Sie erklärt: "Wenn Kinder nicht zu einem Elternteil wollen, gibt es dafür nicht immer einen konkreten Grund. Die Kinder haben in solchen Situationen oft einen Loyalitätskonflikt und meinen zu spüren, dass es beispielsweise von der Mutter nicht gewünscht ist, wenn sie zum Vater gehen.

Kann ein Kind zum Umgang mit dem Vater gezwungen werden?

Muss ein Kind gegen seinen Willen zum Vater? Man darf ein Kind nicht zum Umgang zwingen, wenn es diesem ablehnend entgegensteht. Dies stellt eine Missachtung des Kindeswillens dar und bedeutet letztendlich eine Kindeswohlgefährdung.

Was kann ein Kind mit 7 Jahren entscheiden?

Ab der Vollendung des siebten Lebensjahres ist das Kind zwar noch immer minderjährig, kann aber bereits unter bestimmten Voraussetzungen Entscheidungen treffen, z.B. wie es sein Taschengeld ausgibt. Es bleibt aber in seiner Geschäftsfähigkeit immer noch beschränkt (§ 107 BGB).