Nach dem Ersten Weltkrieg teilen die Siegermächte den Nahen Osten unter sich auf. Nur nach und nach erlangen die arabischen Staaten ihre Unabhängigkeit, ein gemeinsames arabisches Nationalgefühl entsteht, kann aber die Einzelstaaten nicht überwinden. Erst der gemeinsame Feind, der neue Staat Israel, schweißt die arabischen Länder zusammen. Show Postkarte von 1905 (© SSPL / Getty Images) Gleichwertigkeit sieht anders aus. Eine Postkarte von 1905 karikiert das Missverhältnis zwischen der Selbstwahrnehmung europäischer Touristen in Ägypten und ihrer Sicht auf die einheimische Bevölkerung (© SSPL / Getty Images) Gleichwertigkeit sieht anders aus. Eine Postkarte von 1905 karikiert das Missverhältnis zwischen der Selbstwahrnehmung europäischer Touristen in Ägypten und ihrer Sicht auf die einheimische Bevölkerung (© SSPL / Getty Images) Zu Anfang des 20. Jahrhunderts waren die meisten Einwohner des Nahen Ostens und Nordafrikas Untertanen des osmanischen Sultans, der als Kalif für viele von ihnen gleichzeitig religiöses Oberhaupt war. Zwar entstand in dieser Zeit eine embryonale arabische Nationalbewegung, aber letztlich eher als Antwort auf den erstarkenden türkischen Nationalismus und ohne zentrale Führung. Arabischer Nationalismus äußerte sich anfänglich weniger in politischen Forderungen als in dem Bestreben, das arabische kulturelle, speziell das literarische Erbe wieder zu beleben. "Nahda" (dt.: Erwachen) war das Schlüsselwort dafür. Bis zum Ersten Weltkrieg forderten die frühen arabischen Nationalisten eher Gleichberechtigung bzw. eine Anerkennung ihrer Kultur – etwa durch die Zulassung des Arabischen als Amtssprache – als staatliche Souveränität für arabischsprachige Regionen. QuellentextBrief Henry McMahons an den Sherifen Hussein von Mekka (1915)Am 24. Oktober 1915 schrieb der britische Hochkommissar in Kairo, Sir Henry McMahon, an den Scherifen Hussein von Mekka: Deshalb nahm er 1915 einen lebhaften Briefwechsel mit dem Hochkommissar des britischen Protektorats Ägypten, Henry McMahon, auf. Dieser schickte seinerseits Abgesandte, allen voran Thomas Edward Lawrence ("Lawrence von Arabien"), um die Araber unter Führung des Scherifen zum offenen Aufstand gegen die Osmanen zu bewegen. Im Juni 1916 brach der "Aufstand in der Wüste" tatsächlich aus und störte die Nachschub- und Verbindungslinien der Osmanen auf der arabischen Halbinsel empfindlich. Das Sykes-Picot-Abkommen (1916) (© picture-alliance, dpa-Grafik 24 066; Quelle: bpb / Passia) Das Sykes-Picot-Abkommen (1916) (© picture-alliance, dpa-Grafik 24 066; Quelle: bpb / Passia) Das Sykes-Picot-Abkommen (1916) (© picture-alliance, dpa-Grafik 24 066; Quelle: bpb / Passia) Als Gegenleistung für die militärische Unterstützung sicherte die britische Regierung zu, nach dem Sieg über das Osmanische Reich einen unabhängigen arabischen Staat zu gewähren. Nach der Kapitulation der Osmanen am 30. Oktober 1918 hatten die aufständischen Araber also allen Grund, von der Einlösung der britischen Versprechungen auszugehen. Sie konnten nicht wissen, dass London schon längst mit Paris anderslautende Abmachungen getroffen hatte. Am 16. Mai 1916 waren die britischen und französischen Diplomaten Mark Sykes und Georges Picot übereingekommen, die arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches in Form von "Einflusszonen" untereinander aufzuteilen (Sykes-Picot-Abkommen). Ein gutes Jahr später, am 2. November 1917, hatte der britische Außenminister Arthur James Balfour zudem im Namen seiner Regierung erklärt, die Errichtung einer "jüdischen Heimstätte" in Palästina zu unterstützen (Balfour-Deklaration). Damit waren schon vor der osmanischen Niederlage weitreichende Entscheidungen gefallen. QuellentextDie Balfour-Deklaration (1917)Ministerium des Äußeren, 2. November 1917 Aus gutem Grund hielten Frankreich und insbesondere Großbritannien die Abkommen geheim, denn sie bedeuteten nichts weniger als den Bruch aller Zusagen gegenüber den Arabern, allen voran Hussein von Mekka. Bis zum Kriegsende war London somit an der Aufrechterhaltung der Fiktion von der britisch-arabischen Waffenbrüderschaft interessiert. Noch im Januar 1918 verfasste die britische Regierung, gemeinsam mit der französischen, eine Deklaration über die "Befreiungsmission", die den "von den Türken unterdrückten Völkern" die Souveränität nach dem "Sieg über den gemeinsamen Feind" verhieß. Arabische Staatsbildung im Schatten des Verrats
Islamismus oder Nationalismus
Antizionismus als Identitätsstifter
Der Zweite Weltkrieg als Wegscheide
Die Arabische Liga (© picture-alliance, dpa-Grafik 10477, Quelle: Auswärtiges Amt, Arabische Liga; Stand: August 2015) |