Wie können Selbstständige sich gesetzlich krankenversichern?Selbstständige und Freiberufler können als freiwillige Mitglieder in in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sein. In jungen Jahren ist die private Krankenversicherung (PKV) zwar attraktiv, weil sie höhere Leistungen zu oft günstigeren Beiträgen bietet – doch wer stark schwankende oder dauerhaft geringe Einkünfte hat, ist mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) besser dran, um die Kosten der Krankenversicherung dauerhaft gut aufbringen zu können. Show
Vor allem für Geringverdiener sinnvollDie Entscheidung treffen Menschen, wenn sie sich selbstständig machen – später ist eine Rückkehr in die gesetzliche Kasse nicht ohne weiteres möglich. Die Stiftung Warentest bietet deshalb eine Entscheidungshilfe zum Thema Gesetzlich oder privat versichern? Eine Ausnahme gibt es für Menschen, die einen künstlerischen oder publizistischen Beruf hauptberuflich selbstständig ausüben. Sie sind gesetzlich pflichtversichert, und zwar über die Künstlersozialkasse. Tipp: Sie wollen sich privat krankenversichern? Passende Policen finden Sie mit unserem Vergleich Private Krankenversicherung. Alle Einkünfte zählen für den Beitrag mitDen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung berechnen die Krankenkassen auch für Selbstständige nach dem Einkommen des Versicherten. Bei freiwillig Versicherten ziehen die Kassen allerdings nicht nur die Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit für die Beitragsberechnung heran, sondern alle Arten von Einkünften, wie zum Beispiel Mieteinnahmen. Im Folgenden erklären wir, wie die Beiträge berechnet werden und welcher Höchstbeitrag gilt. Bei Zahlungsschwierigkeiten schnell handeln!Haben Selbstständige kein Geld für die Krankenversicherung, können die Krankenkassen ihnen zwar nicht kündigen – säumige Beitragszahler verlieren aber ihren Anspruch auf Leistungen. Gleichzeitig wachsen die Beitragsschulden immer weiter. Deshalb ist es wichtig, schnell zu handeln (Wenn es Zahlungsprobleme gibt). Das zahlen Selbstständige für die KrankenkasseBei hauptberuflich Selbstständigen berechnet die Krankenversicherung die Beiträge anhand der aktuellen Beitragssätze und des beitragspflichtigen Einkommens. So setzt sich der Beitrag zusammen (Werte für 2022)
Ein kinderloser hauptberuflich selbstständiger Versicherter mit Anspruch auf Krankengeld zahlt bei einer Kasse mit durchschnittlichem Zusatzbeitrag also insgesamt 19,3 Prozent seiner Einkünfte für Kranken- und Pflegeversicherung – allerdings werden Einkünfte nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (siehe unten) berücksichtigt. Beitragspflichtiges EinkommenSelbstständige haben in der gesetzlichen Krankenversicherung den Status freiwillig versichert, sie müssen deshalb auf jegliche Art von Einkommen Beiträge zahlen, das für den laufenden Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Dazu gehören neben dem steuerrechtlichen Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit auch andere Einkünfte, etwa aus Vermietung und Verpachtung, Zinsen oder Dividenden, Unterhaltszahlungen vom getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepartner, gesetzliche Rente, Betriebsrenten oder Direktversicherungen. Unter Umständen zählt sogar das Einkommen eines nicht gesetzlich versicherten Ehe- oder Lebenspartners mit. So hoch ist der Höchstbeitrag für SelbstständigeDie Krankenversicherung berücksichtigt Einkünfte aber nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze, die aktuell bei 58 050 Euro im Jahr liegt, das entspricht 4 837,50 Euro monatlich (Werte für 2022). Für eine Krankenkasse mit durchschnittlichem Zusatzbeitrag zahlt ein kinderloser Selbstständiger mit Anspruch auf Krankengeld monatlich rund 770 Euro für die Krankenversicherung plus rund 165 Euro für die Pflegeversicherung. Zusammen liegt der Höchstbeitrag also bei rund 934 Euro im Monat (19,3 Prozent von 4 837,50 Euro). Einkünfte mit dem Steuerbescheid nachweisenEinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und Vermietung oder Verpachtung weisen Versicherte mit ihrem Einkommensteuerbescheid nach. Bestimmte Betriebsausgaben wie oder Werbungskosten behandelt die Krankenkasse ebenso wie das Finanzamt: Diese Kosten mindern die Einkünfte. Tipp: Haben Sie noch keinen Einkommensteuerbescheid, weil Sie sich gerade erst selbstständig gemacht haben, können Sie Ihr Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit auch schätzen. Wer anfangs zu viel zahlt, kann Geld zurückverlangenEin Vorteil für Selbstständige: Legt jemand keine Einkommensnachweise vor, zum Beispiel, weil es noch keinen Steuerbescheid gibt, muss er erst einmal den Höchstbeitrag von 933,64 Euro (2022) für Kranken- und Pflegeversicherung berappen. Sobald er sein tatsächliches Einkommen bei der Kasse belegen kann, und dieses niedriger ist, reduziert diese den Beitrag. Für bis zu zwölf Monate können die Beiträge rückwirkend neu festgesetzt werden, wenn Selbstständige ihren Steuerbescheid nachreichen. Für viele kann es Geld zurückgeben. Bei Höchstbeitrag kein Einkommensnachweis nötigSelbstständige, deren Einkommen bei mindestens 58 050 Euro im Jahr liegt (Wert für 2022), brauchen keinen Einkommensnachweis bei der Krankenversicherung einzureichen. Denn sie zahlen ohnehin den Höchstbeitrag. Tipp: Viele weitere Informationen zu Beiträgen und Leistungen der GKV finden Sie in unserem Special Gesetzliche Krankenversicherung. Mindestbeitrag für gering verdienende Selbstständige
Selbstständige Reiseleiter. Sie verdienen oft sehr wenig. Seit 2019 gilt für sie und andere Selbstständige mit kleinem Einkommen ein reduzierter Mindestbeitrag zur Kranken- und Pflegekasse. © mauritius images / imageBROKER / Stefan Kiefer Selbstständige mit geringen Einkünften mussten bis zum Jahr 2018 unverhältnismäßig hohe Krankenkassenbeiträge zahlen. Das ist nun vorbei: Für rund 200 Euro im Monat gibt es die Kranken- und Pflegeversicherung. Früher hohe Beiträge für gering verdienende SelbstständigeGering verdienende Selbstständige mussten zuvor mehr als 400 Euro im Monat für Kranken- und Pflegeversicherung aufbringen. Ausnahmen galten lediglich für Existenzgründer und im Rahmen einer Härtefallregelung. Anders als bei Angestellten im Niedriglohnsektor richtet sich der Beitrag bei Selbstständigen nicht immer nach dem Einkommen. Die Kassen setzen bei ihnen ein fiktives Mindesteinkommen an, unabhängig davon, wie wenig sie tatsächlich verdienen. Von diesem Betrag, der jährlich neu festgelegt wird, errechnen sich dann die Beiträge. Entlastung durch niedrigeren MindestbeitragJetzt gilt für Selbstständige ein fiktives Mindesteinkommen von 1 096,67 Euro im Monat. Selbstständige, deren regelmäßige monatliche Einkünfte diesen Betrag nicht übersteigen, zahlen für Kranken- und Pflegeversicherung rund 212 Euro Beitrag im Monat. Der Beitrag verringert sich allerdings auch nicht weiter, wenn jemand zum Beispiel nur 800 Euro im Monat verdient. Etwas günstiger wird es, wenn eine Kasse weniger als den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von derzeit 1,3 Prozent verlangt. Sind die Einkünfte auch noch so gering: Ist jemand hauptberuflich selbstständig, kommt eine beitragsfreie Familienversicherung beim Ehepartner nicht infrage. Tipp: Nutzen Sie unseren umfassenden und ständig aktuellen Krankenkassen-Vergleich! Vorsorgen für krankheitsbedingten VerdienstausfallDer Mindestbeitrag von 211,66 Euro (Wert für 2022) sichert Selbstständigen mit geringem Einkommen den kompletten Versicherungsschutz einschließlich eines Krankengelds ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Auf das gesetzliche Krankengeld zu verzichten, um nur den ermäßigten statt des allgemeinen Beitragssatzes zu zahlen, lohnt sich für Selbstständige mit kleinem Einkommen nicht. Die Versicherung einschließlich des Krankengeldes kostet sie nur 6,58 Euro im Monat mehr. Wer schon ab dem 15., 22. oder 29. Krankheitstag einen Ersatz für fehlende Einkünfte braucht, kann dafür einen speziellen Wahltarif bei seiner Kasse abschließen. Tipps: Krankengeld-Zusatzangebote der Kassen für Selbstständige zeigt unser Vergleich Wahltarife Krankengeld. Preise und Leistungen unterscheiden sich enorm! Gesetzlich Versicherte können auch mit einer privaten Krankentagegeld-Police ergänzend oder alternativ zum Krankengeld der Kasse vorsorgen. Hier geht es zum Vergleich Krankentagegeld für gesetzlich Versicherte. Wenn schon vor der Krankheit kein Verdienst mehr da warAchtung: Wer schon vor der Erkrankung nichts verdient, hat keinen Anspruch auf Krankengeld. In einem aktuellen Fall ging ein selbstständiger Veranstaltungsmanager leer aus. Pandemiebedingt hatte er keine Einnahmen. Dann wurde er krank. Dafür hatte er einen Wahltarif abgeschlossen und mit Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit versichert. Die Krankenkasse verweigerte die Zahlung der beantragten rund 107 Euro pro Tag für etwa zwei Wochen. Ihr Argument: Trotz Corona-Beihilfen hatte der Mann ein negatives Betriebsergebnis erzielt. Es liege also gar kein Arbeitseinkommen vor, nach dem ein Entgeltausfall berechnet werden könne (Sozialgericht Berlin, Az. S 56 KR 1969/20). Wenn es Zahlungsprobleme gibtRund 9,6 Milliarden Euro Beitragsschulden notierten die gesetzlichen Krankenkassen Anfang 2021. Und zwar von den sogenannten Selbstzahlern, also den Mitgliedern, die ihren Beitrag komplett selbst zahlen – ohne Unterstützung eines Arbeitgebers. Die meisten sind Selbstständige, so der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung. Ihre finanzielle Instabilität hat sich in der Pandemie weiter verschärft. Mindestbeitrag gesenktEin Teil der Schulden sind älter und haben nichts mit der Pandemie zu tun. Weil der bis 2018 geltende Mindestbeitrag von rund 420 Euro für Kranken- und Pflegeversicherung viele Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer finanziell überforderte, wurde er auf rund 210 Euro gesenkt (FAQ: Kein Geld für die Krankenkasse – was tun?). Bei Zahlungsschwierigkeiten mit der Kasse sprechenOb als Freiberufler, Solo-Selbstständige oder als kleine Firma mit einigen Angestellten: Schwankende Einkünfte gehören für fast alle zum Alltag. Manchmal bricht die Auftragslage sogar komplett ein. Wer dann nur geringe Rücklagen hat, kann in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Was viele nicht wissen: Auch mit der gesetzlichen Krankenversicherung können Selbstständige – wie mit anderen Gläubigern – über einen Zahlungsaufschub verhandeln. Beiträge für die GKV nicht einfach aussetzenSelbstständige und Freiberufler sollten nicht einfach weniger oder nichts mehr zahlen, in der Hoffnung, später nachzahlen zu können. Wichtig ist, frühzeitig Kontakt mit der Krankenversicherung aufzunehmen und die Situation zu schildern. Gesetzliche Krankenkassen haben verschiedene Möglichkeiten, wie sie mit Beitragsschulden umgehen können (FAQ: Kein Geld für die Krankenkasse – was tun?).
Wer zahlt eine Krankenversicherung Wenn ich kein Einkommen habe?Wer dauerhaft kein Einkommen bezieht und kein Vermögen besitzt, von dem er leben kann, hat in der Regel Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG-II) oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dann übernimmt das Jobcenter oder Sozialamt die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung.
Wie viel kostet es sich selbst zu versichern?Wie viel Du für die freiwillige Krankenversicherung zahlst, hängt davon ab, ob Du angestellt oder selbstständig tätig bist. Grundsätzlich liegt der Beitrag bei 14,6 Prozent zuzüglich Zusatzbeitrag der jeweiligen Krankenkasse. Obendrauf kommt noch der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung.
Bin ich krankenversichert Wenn ich nicht arbeite?Sobald Du länger ohne Job bist, musst Du ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Melde Dich arbeitslos. Die Agentur für Arbeit übernimmt dann die Kosten für die Krankenversicherung, auch wenn für die sonstigen Leistungen eine Sperrzeit gilt.
Ist man krankenversichert wenn man keine Beiträge zahlt?Da die Krankenversicherung ein verpflichtender Teil des deutschen Solidarsystems ist, werden die Beiträge auch dann fällig, wenn man keine Leistungen in Anspruch nimmt. Wer eine gewisse Zeit nicht krankenversichert war, muss die ausstehenden Beiträge deshalb begleichen, wenn er in die Krankenversicherung zurückkehrt.
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