Wie oft kann man eine schmerztherapie machen

Schmerzen sind eine individuelle Erfahrung. Sie werden von Mensch zu Mensch und von Situation zu Situation unterschiedlich empfunden und können chronisch werden. Helfen kann eine multimodale Schmerztherapie.

Wissenschaftlich belegt ist, dass unzureichend behandelte akute Schmerzen einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung chronischer Schmerzen sind. Schmerzen sind dann chronisch, wenn sie länger als drei bis sechs Monate bestehen. In Deutschland leben nach Angaben der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes mehr als zwölf Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen. Oft beschreiten Betroffene einen jahrelangen Leidensweg, bevor sie tatsächlich Hilfe finden.

Ausgangspunkt für chronische Schmerzen sind häufig Erkrankungen oder Fehlhaltungen des Bewegungs- und Stützapparats wie Muskelverspannungen, Arthrose, Osteoporose und rheumatische Erkrankungen. Verspannungen an einer Körperstelle wie beispielsweise dem Becken können starke Auswirkungen auf Beine und Rücken teilweise bis zur Halswirbelsäule haben.

Chronische Schmerzen mindern die Lebensqualität

Aber auch Nervenschmerzen - sogenannte neuropathische Schmerzen - infolge von Operationen, Verletzungen, Stoffwechselerkrankungen oder Krebsleiden können die Lebensqualität dauerhaft beeinträchtigen. Die Schmerzen können in allen Bereichen des Körpers auftreten. Häufig betroffen sind Beine, Hände, Kopf und der Magen-Darm-Bereich.

Zu den chronischen Schmerzerkrankungen zählen auch das Fibromyalgie-Syndrom sowie das Komplexe Regionale Schmerzsyndrom (CRPS). Zudem können Schmerzen das Leitsymptom einer psychischen Erkrankung sein.

So entsteht eine Schmerzspirale

Akute Schmerzen sollen dem Körper helfen. Sie signalisieren: "Achtung - da ist etwas kaputt." Im Gehirn beurteilen mehrere Regionen, wie intensiv wir den Schmerz wahrnehmen. Doch wenn akute Schmerzen über Monate anhalten und nicht richtig behandelt werden, dann können sich daraus chronische Schmerzen entwickeln. Sie haben die ursprüngliche Funktion des Schmerzes verloren, ein Warnsignal vor körperlicher Gefährdung zu sein. Stattdessen sind sie zu einer eigenen Krankheit geworden.

"Schmerzgedächtnis": Der Körper lernt Schmerzen

Unzureichend behandelte akute Schmerzen - etwa durch wiederkehrende Überlastung - können Spuren im Zentralnervensystem hinterlassen. machen die Nervenzellen, das Rückenmark und auch das Gehirn empfindlicher für Schmerzreize. Die Folge ist, dass bereits leichte Reize als Schmerz empfunden werden. Im Verlauf der Erkrankung bildet sich ein Schmerzgedächtnis (zentrale Sensitivierung) aus, das auch bestehen bleibt, während die eigentliche Schmerzursache schon nicht mehr vorhanden ist. Es entsteht ein sich selbst verstärkender Mechanismus - eine Schmerzspirale. Das Schmerzgedächtnis lässt sich nicht einfach "löschen". Es muss überschrieben werden. Dies ist ein längerer Prozess.

Stress, soziale Isolation und Depression können Folge sein

Durch die schmerzbedingte Inaktivität kommt es oft zu sozialer Isolation. Betroffene verlieren ihre Lebensfreude, meiden Kontakte, leiden unter Stress oder gar Depressionen. Auch beruflich geraten Menschen mit chronischen Schmerzen schnell ins Abseits - vielen droht der Verlust des Arbeitsplatzes oder gar die Frühverrentung.

Hilfe für Schmerzpatienten

Bei Vereinen und Organisationen finden Betroffene Informationen, Adressen von Ärzten und Schmerzzentren sowie Selbsthilfegruppen.

Deutsche Schmerzliga e.V.
Deutsche Schmerzgesellschaft e.V.
Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V.

Gefahr für chronische Schmerzen steigt im Alter

Ältere Menschen klagen häufig weniger über ihre Schmerzen als junge. Die weit verbreitete Vorstellung, dass Schmerzen im Alter normal sind, führt dazu, dass sie selten angemessen behandelt werden. Altersbedingte Hirnveränderungen wiederum beeinflussen die Schmerzwahrnehmung: So ist die Schmerzschwelle im Alter erhöht, die Schmerztoleranz dagegen vermindert.

Behandlung mit multimodalem Therapieansatz

Obwohl chronische Schmerzen als eigenständige Krankheit anerkannt sind, ist es oft problematisch, den Weg zu einem Spezialisten zu finden. Auch müssen sich Betroffene darüber im Klaren sein, dass eine Therapie langwierig und schwierig sein kann.

Zu diesen zählen beispielsweise Diclofenac und Ibuprofen. Sie hemmen die Freisetzung bestimmter Botenstoffe und blockieren damit den nozizeptiven Schmerz. Die zentrale Hemmung der Schmerzverarbeitung erfolgt im zentralen Nervensystem unter anderem durch Opioide.

Diese kommen vor allem dann zur Anwendung, wenn der Kranke so intensive Beschwerden hat, dass die NSAR nicht mehr wirken. Patienten, die keine geeignete Schmerztherapie erhalten, haben ein erhöhtes Risiko für eine Schmerzmittelabhängigkeit.

Weil sie die quälenden Beschwerden nicht mehr aushalten, kommt es mitunter zum Schmerzmittelmissbrauch. Der Schmerzmittelabusus betrifft schnell wirkende Analgetika. 


Gegenirritationsverfahren

In der Schmerzklinik wendet man heute oft Gegenirritationsverfahren an.

Sie erregen die A-Delta-Nervenfasern und können so Signalleitungswege aktivieren, die die Synapsen der Regionen hemmen, in denen man das Schmerzgedächtnis vermutet. Zu diesen Verfahren gehören Wärmeanwendungen, die transkutane elektrische Stimulation (TENS) und einige Elektro-Akupunktur-Methoden. 


Elektrotherapie

Sie zählt zu den physikalischen Therapien und wird in Form der transkutanen elektrischen Stimulation eingesetzt.

Um die TENS an den stationär in der Schmerzklinik untergebrachten Patienten vorzunehmen, klebt der Physiotherapeut neben den schmerzenden Stellen Elektroden auf. Die schwachen Stromstöße hemmen die Schmerzweiterleitung so, dass sie sich nach einiger Zeit meist normalisiert. Die TENS hat sich insbesondere bei Migräne und Spannungskopfschmerzen als hilfreich erwiesen. 


Physikalische Therapie

Kältereize helfen bei Gelenkschmerzen, die Folge von Entzündungen sind. Wärme (Infrarotlicht) lässt Muskelverspannungen verschwinden. Die Wirkung der physikalischen Verfahren ist oft aber nur vorübergehend. 


Manuelle Therapie

Sie wird als klassische Massage, Osteopathie oder Chiropraktik durchgeführt. Der Schmerztherapeut wendet bestimmte Griffe an, um Blockaden im Stütz- und Bewegungsapparat und Verspannungen zu lösen. Die Verfahren eignen sich vor allem bei Schulter-, Nacken- und Rückenschmerzen. 


Krankengymnastik

Sie hat einen andauernden und zugleich vorbeugenden Effekt. Der Patient erhält ein individuell zugeschnittenes Übungsprogramm, das er in der Schmerzklinik und zusätzlich zu Hause durchführt. Die Physiotherapie lockert die verkrampften Muskeln und stärkt die Haltemuskulatur an Rücken, Nacken und Schultern. 


Multimodale Schmerztherapie

Die stationäre multimodale Schmerztherapie erfolgt in Einzel- oder Gruppensitzungen und dauert wenigstens sieben Tage.

Das interdisziplinäre Therapeutenteam erstellt den individuellen Behandlungsplan nach der Eingangsuntersuchung und Befundauswertung. Diese Therapieform ist dann indiziert, wenn Einzelverfahren nicht den gewünschten Erfolg bringen. Ihre Wirksamkeit gilt als wissenschaftlich bewiesen. Außerdem lässt sich mit ihrer Hilfe eine Chronifizierung der Schmerzen vermeiden.

Die multimodale Schmerztherapie umfasst beispielsweise:

  • Pharmakotherapie

  • Physiotherapie (Krankengymnastik, Rückenschule, Bewegungstraining, Muskelaufbautraining)

  • physikalische Therapie (Elektrotherapie, Wärmebehandlungen, Fango, Massagen, Bewegungsbäder)

  • Verhaltenstherapie

  • Akupunktur/Akupressur

  • Entspannungstechniken

  • Ergotherapie

  • Biografiearbeit

Spezielle Schmerzen wie die Migräne erfordern besondere Behandlungsansätze wie eine Leitungsanästhesie.

Alternative therapeutische Verfahren wie Akupunktur und Entspannungstechniken (Autogenes Training) sind das Mittel der Wahl, wenn die Betroffenen die Analgetika nicht dauerhaft einnehmen möchten. Sie verringern die Muskelspannung und wirken so schmerzlindernd. Die CT-gesteuerte Schmerztherapie wird bei radikulären Schmerzen durchgeführt.

Die schmerzende Nervenwurzel wird unter Kontrolle des Computertomografen mit einer feinen Nadel örtlich betäubt. Die neben die Nervenwurzel gesetzte Injektion enthält ein schmerz- und ein entzündungshemmendes Medikament. 

Wie lange hält eine Schmerztherapie an?

Es werden schnell freisetzende (sogenannte unretardierte) Wirkstoffe unterschieden, deren Wirkung rascher einsetzt, aber meist nur für bis zu 4 Stunden andauert. Beispiele sind Metamizol, Paracetamol, Ibuprofen, Morphin, Hydromorphon.

Was wenn Schmerztherapie nicht hilft?

Wenn die einfache Schmerztablette nicht mehr hilft und der Schmerz zur Dauerbelastung wird, führt das oft zu Einschränkungen in Alltag und Lebensqualität. Soziale Abgrenzung und depressive Verstimmung können die Folge sein. Das kann den Schmerz noch verstärken. Für die Zahl der Betroffenen gibt es keine Statistiken.

Wie geht es nach einer Schmerztherapie weiter?

Wurde Ihre medikamentöse Schmerztherapie optimiert? Haben Sie neue Medikamente erhalten oder wurden Dosierungen geändert? Dann ist es zwingend notwendig, dass Sie diese Medikamente wie verordnet kontinuierlich weiter einnehmen, damit es nicht zu einer Unterversorgung und möglicherweise wieder stärkeren Schmerzen kommt.

Ist ein chronisches Schmerzsyndrom heilbar?

Wer unter diesem mittlerweile eigenständigen Krankheitsbild leidet, muss nicht mehr verzweifeln. Spezielle Schmerztherapeuten können heute über moderne Behandlungskonzepte chronische Schmerzen nicht nur lindern, sondern tatsächlich heilen.