Wer zu spät kommt den bestraft das leben

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Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte: Der Prozeß der deutschen Vereinigung

Politische Vierteljahresschrift

Vol. 40, No. 4 (Dezember 1999)

, pp. 666-673 (8 pages)

Published By: Springer

https://www.jstor.org/stable/24199867

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The Politische Vierteljahresschrift (PVS) has been published since 1960 by the executive and advisory board of the German Association for Political Science (DVPW). The journal provides space for recent research findings from all sub-areas of political science. It therefore contains papers on political theory and the history of ideas; on comparative governance and politics; the domains of policy analysis, international relations and foreign policy; on political sociology; and papers in the areas of empirical social research and methodology.

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Politische Vierteljahresschrift © 1999 Springer
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Gorbatschows Jahrhundertsatz bei seinem DDR-Besuch vor 25 Jahren hat mitgeholfen bei der vollständigen Demontage eines Regimes, dem gerade das Volk davonlief. Doch ist er so überhaupt gefallen?

Acht Wörter soll Michail Gorbatschow, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, vor 25 Jahren gesagt haben, acht Wörter sollen mit entschieden haben über das Schicksal des brüchigen Regimes der DDR: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Ein Satz, der tausendfach zitiert wurde und in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Als der Satz vor 25 Jahren durch die Medien ging, war die Botschaft allen Beobachtern klar: Die Sowjetunion würde nicht bereit sein, dem maroden SED-Regime in Berlin mit Panzern bei einem Volksaufstand oder einer Revolution zu Hilfe zu kommen. Gehört der Satz zu jenen geschichtsträchtigen Sprüchen, die Gewaltiges bewirkt haben und ursprünglich nie so formuliert wurden?

Die SED-Regierung der DDR feierte am 6. Oktober 1989 den 40. Jahrestag der Staatsgründung in einer gespenstischen Atmosphäre, wie wenn alles in bester Ordnung wäre, ganz nach dem Lieblingsmotto des Staatsvorsitzenden Erich Honecker: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ Der 77jährige, der gerade von einer Gallenkolik genesen war, ignorierte in seiner Festrede die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes, er ignorierte die Flüchtlingsströme und auch die Protestmärsche der oppositionellen Bürgerrechtler, die die DDR nicht verlassen, sondern reformieren wollten.

Ehrengast bei den Republikfeierlichkeiten war Michail Gorbatschow, der für viele Bürger der DDR einen attraktiven reformierbaren Sozialismus verkörperte. Der Besucher bekam bei seiner Fahrt in einer schwarzen Limousine am 6. Oktober vom Ostberliner Flughafen ins Stadtzentrum einen ersten Eindruck von der Stimmung in dem Land: Er sah Schilder mit der Aufschrift „Gorbi“, nur ein Plakat mit der Aufschrift „Erich – mach weiter so“, die Menschen am Straßenrand riefen unüberhörbar „Gorbi hilf uns!“

Für Gorbatschow gab es kein „Problem“ DDR

Das war in dieser Deutlichkeit für Gorbatschow neu: Er hatte aus Moskauer Sicht die DDR als stabilen Hort im sozialistischen Lager gesehen, für ihn gab es kein „Problem“ DDR, er hatte mit den Gesellschafts- und Wirtschaftsreformen in der UdSSR genug am Hals. Doch Gorbatschow unterschätzte ähnlich wie die SED-Führung die Attraktivität des in Moskau angestoßenen Modells eines Reformsozialismus und er unterschätzte die Sehnsucht der DDR-Bürger nach Freiheit. Während seines Besuches zogen protestierende Jugendliche mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ zum Palast der Republik, Sicherheitskräfte lösten die Demonstrationen gewaltsam auf.

Gorbatschow legte an diesem Tag in der Berliner Gedenkstätte „Neue Wache“ einen Kranz für die Opfer des Faschismus nieder. Typisch für seinen eigenwilligen Stil: Er ließ die DDR-Medienvertreter links liegen und steuerte schnurstracks auf die aus Westdeutschland angereisten Kamerateams zu. Die Begegnung ist uns überliefert vom „Tagesschau“-Reporter Claus Richter und von dpa-Vertreter Heinz-Joachim Schöttes. Die Journalisten fragten ihn, Bezug nehmend auf die angespannte Stimmung der DDR-Bürger, wie gefährlich die Situation für das Regime inzwischen sei. Und Gorbatschow antwortete: „Gefahren lauern nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren.“ Das ist also noch nicht die Version, die wir kennen.

Unter vier Augen mit Erich Honecker und vor dem gesamten Politbüro verwies Gorbatschow am Tag darauf, dem 7. Oktober, auf die jüngsten Erfahrungen in der Sowjetunion, in Ungarn und in Polen: Man dürfe nicht zu spät auf Impulse aus der Gesellschaft reagieren. Die Formulierung, die er – in russischer Sprache – benützte, ist etwas zu vertrackt-holprig, um reif für das Sentenzenbuch zu werden: „Ich glaube, Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren. Und wer die Impulse aus der Gesellschaft aufgreift und dementsprechend seine Politik gestaltet, der dürfte keine Angst vor Schwierigkeiten haben, das ist eine normale Erscheinung.“ Gorbatschow wollte nicht zu schroff wirken und fügte hinzu: Die Probleme seien in der Sowjetunion nicht unbekannt. Honecker antwortete darauf – gar nichts.

Es gab danach keine offizielle Pressekonferenz, doch die Westjournalisten hängten sich an den Gorbatschow-Tross an und gelangten dadurch zu einer informellen, improvisierten Pressekonferenz um 18 Uhr 30. Gorbatschows Sprecher Gennadi Gerassimow, bei Journalisten beliebt wegen seiner griffigen Formulierungen, versuchte nun, in englisch den Kernsatz seines Chefs wiederzugeben und wählte die Formulierung: „Those who are late will be punished by life itself“. Das waren ungewöhnlich deutliche Worte für eine Pressekonferenz im sozialistischen Ostblock, undenkbar, dass etwa ein DDR-Sprecher das hinausgetragen hätte.

Aufgenommen haben den Satz AP-Journalist Jürgen Mettkemeyer und Heinz-Joachim Schlötte von der dpa. Die jungen Reporter, der AP-Mann war damals 34 Jahre alt, Schöttes 30, übersetzten dann das englische Statement für ihre deutschsprachigen Nachrichten – und damit war der berühmte Satz geboren. Er wurde wohl geboren in einer Art „sprachlichem Pingpong“ (Mettkemeyer), einem Gemeinschaftswerk, wie es oft unter Agenturjournalisten üblich ist, um zu einheitlichen Formulierungen für ihre Meldungen zu gelangen. Sie hatten beide keine Ahnung, welche Wirkungsmächtigkeit dieser Satz in den folgenden Wochen und Monaten haben sollte, das Originalzitat von Gerassimow wurde von Schöttes wenige Tage später gelöscht, er brauchte Platz für neue Interviews.

Der Satz entfaltete eine ungeheure politische Dynamik, bereits am 30. Oktober war er auf einem Transparent in einer der Montagsdemonstrationen zu sehen. Gorbatschow selbst fühlte sich offensichtlich gut interpretiert, er nahm den Satz exakt mit dieser Formulierung zwei Jahre später in seine Memoiren auf. Fairerweise hat er Gerassimow für die pointierte Ausformulierung seines Gedankens gedankt.

Wo starb Gorbatschow?

Moscow Central Clinical Hospital, Moskau, RusslandMichail Sergejewitsch Gorbatschow / Sterbeortnull

Ist Gorbatschow noch am Leben?

Michail Sergejewitsch Gorbatschow (russisch Михаил Сергеевич Горбачёв, wiss. Transliteration Michail Sergeevič Gorbačёv; * 2. März 1931 in Priwolnoje; † 30. August 2022 in Moskau) war ein sowjetischer Politiker.

Wann ist Gorbatschow gestorben?

30. August 2022Michail Sergejewitsch Gorbatschow / Sterbedatumnull

Was versteht man unter Glasnost und Perestroika?

Der Prozess stand in engem Zusammenhang mit der Verbreitung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Sowjetunion unter dem Schlagwort Glasnost (nach dem russischen Wort für ‚Offenheit' und ‚Transparenz').