Was versteht man unter dem Begriff jugenddelinquenz?

Um Ihnen zu verdeutlichen, was wir unter Kinder- und Jugenddelinquenz verstehen, erläutern wir nachfolgend kurz und knapp einige wichtige Bestimmungen und Hintergrundinformationen:

  • Kind im strafrechtlichen Sinn ist nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG), wer noch nicht 14 Jahre alt ist (§1 Abs. 2 JGG).
  • Jugendliche:r ist, wer 14 aber noch nicht 18 Jahre alt ist (ebd.).
  • Heranwachsende:r ist, wer 18 aber noch nicht 21 Jahre alt ist (ebd.).
  • Devianz bezeichnet abweichendes Verhalten im weitesten Sinne, z. B. Essstörungen, Verwahrlosung, Drogenmissbrauch, Wohnungslosigkeit oder Straffälligkeit.
  • Delinquenz meint - vorwiegend jugendliche - Verstöße gegen Strafrechtsnormen, ohne dass eine ordnungs- oder strafrechtliche Reaktion erfolgt sein muss.
  • Jugendkriminalität erfasst strafrechtsrelevantes Verhalten von strafmündigen Jugendlichen und Heranwachsenden mit ordnungs- oder strafrechtlicher Konsequenz.

Diese Begriffe werden in der Alltagssprache oft nicht genau voneinander abgegrenzt, deshalb ist Sorgfalt geboten.

Die eigene Identität finden

Das "Austesten" von Grenzen und Folgen von Grenzüberschreitungen sowie das Ausreizen eigener Handlungsspielräume sind in der Adoleszenz erforderlich. Junge Menschen befinden sich in dieser Zeit in einer physischen und psychischen Umbruchphase. Eine eigene Identität wird entwickelt und die Rolle in der Gesellschaft gesucht. Dazu gehört, dass vorgegebene Normen und Werte, gesellschaftliche Bedingungen sowie Erwachsene und deren Handeln in Frage gestellt werden, dass anders gedacht wird und auch andere Maßstäbe gelten. Eigenes Handeln wird ausprobiert. Dies geschieht oft im Gruppenzusammenhang. Werte der Gleichaltrigen (Peers) haben dabei in der Regel mehr Bedeutung als die der Erwachsenen im sozialen Umfeld. Delinquentes Verhalten junger Menschen ist deshalb in keinem Falle von vornherein als Beweis einer fehlgelaufenen Entwicklung oder einer beginnenden kriminellen Karriere zu werten.

Jugend(typische) Delinquenz verstehen

In der Fachliteratur und unter Praktikerinnen und Praktikern geht man seit langem davon aus, dass delinquentes Verhalten im Jugendalter ein überall verbreitetes Phänomen darstellt und in dieser Lebensphase normal ist. Delinquenz hängt mit der Entwicklung zusammen und gibt sich meistens von selbst wieder (Spontanbewährung). Aus diesen Gründen gibt es zusätzlich zum allgemeinen Strafgesetzbuch (StGB) ein spezielles Jugendgerichtsgesetz (JGG), das die Reaktion auf Straftaten Jugendlicher und Heranwachsender regelt. Dabei wird der Grundgedanke der Erziehung verfolgt, auch wenn das JGG ein Strafgesetz ist.

Wenngleich sich der Titel dieses Newsletters auf Delinquenz von Kindern und Jugendlichen bezieht, sind hier auch Heranwachsende gemeint. Die Delinquenz, um die es im Newsletter geht, ist aber als jugendtypisch zu bezeichnen.

Sollten Sie Fragen zu unserem Verständnis von Kinder- und Jugenddelinquenz haben oder möchten Sie mehr darüber erfahren, nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf!  

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Delinquenz (lateinisch delinquere „sich vergehen“) ist die Neigung, vornehmlich rechtliche Grenzen zu überschreiten, das heißt, straffällig zu werden.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Kriminologin Terrie E. Moffitt (* 1955) ist zu unterscheiden zwischen persistenter Delinquenz mit Beginn im Kindesalter und meist vorübergehender Jugenddelinquenz.[2]

Gelegentlich erfolgt eine Unterscheidung zwischen „Delinquenz“ (alle Altersgruppen, auch Kinder) und „straffällig werden“ (ab 14, da damit das Alter beginnt, ab dem Menschen in Deutschland und Österreich strafmündig werden können im Sinn einer Verfolgung durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte).

Delinquenz als juristisches Phänomen sollte abgegrenzt werden von dem in der soziologischen und psychologischen Literatur über Delinquenz und Kriminalität ebenfalls häufig auftauchenden Begriff Devianz. Letzterer bezeichnet „abweichendes Verhalten“ im Allgemeinen, also auch Phänomene wie Anorexie oder Bulimie.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Delinquent
  • Entwicklungskriminologie
  • Kriminalätiologie
  • Antisoziale Persönlichkeitsstörung gegenüber Psychopathie
  • Störung des Sozialverhaltens

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Stefan Weyers: Moral und Delinquenz. Moralische Entwicklung und Sozialisation straffälliger Jugendlicher. Juventa, Weinheim u. a. 2004, ISBN 3-7799-1671-1 (zugleich Dissertation an der Universität Heidelberg).
  • Jochen Wittenberg: Diebstahlskriminalität von Jugendlichen. Eine Überprüfung der Theorie des geplanten Verhaltens am Beispiel des Ladendiebstahls. Waxmann, Münster u. a. 2009, ISBN 978-3-8309-2067-0 (Kriminologie und Kriminalsoziologie 8), (Zugleich Dissertation an der Universität Trier 2008).
  • Monica Budowski, Michael Nollert, Christopher Young (Hrsg.): Delinquenz und Bestrafung. Diskurse, Institutionen und Strukturen. Seismo Verlag, Zürich 2012, ISBN 978-3-03777-115-0.
  • Illich, M.: Jugendliche und Devianz. Institut für Psychologie der Universität, Linz 1997.
  • Giebel, S.M. (2009): Rückfälligkeit jugendlicher Straftäter, Universität Luxemburg. (PDF; 2 MB)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Leo Montada: Delinquenz. In: R. Oerter, L. Montada (Hrsg.): Entwicklungspsychologie. Beltz, Weinheim 2002, S. 859–873.
  2. Terrie E. Moffitt: Life-course-persistent and adolescence-limited antisocial behavior: A developmental taxonomy. In: Psychological Review. Band 100, 1993, S. 674–701.

Was versteht man unter Delinquenz?

Delinquenz (lateinisch delinquere „sich vergehen“) ist die Neigung, vornehmlich rechtliche Grenzen zu überschreiten, das heißt, straffällig zu werden.

Was ist ein Delinquentes verhalten?

Delinquenz/Devianz, abweichendes Verhalten, Bezeichnung für Verhaltensweisen, die mit geltenden Normen und Werten nicht übereinstimmt“ (Fuchs, Klima, Lautmann, Rammstedt & Wienhold 1973, S. 135). „Mit Delinquenz/Devianz wird ein Verhalten bezeichnet, das von den Normen und Werten einer Gesellschaft abweicht.

Wie hoch ist die Jugendkriminalität in Deutschland?

Lesehilfe: Der Wert 4.712,1 in der Tabelle bedeutet, dass 4.712,1 von 100.000 deutschen Jugendlichen zwi- schen 14 und unter 18 Jahren im Jahr 2020 einer Straftat verdächtigt wurden, in anderen Worten etwas mehr als 4 Prozent. , d. h. Jugendliche können sowohl Täterinnen/Täter als auch Opfer sein.

Was ist Spontanbewährung?

Im Altersverlauf geht die Kriminalität bei allen Deliktsarten nach einem steilen Anstieg gegen Ende des Kindesalters bereits im Jugendalter wieder deutlich zurück. Letzteres wird als Spontanbewährung bezeichnet.