Was passiert wenn man Amazon Paket nicht zurückgeschickt?

Amazon-Kunden können immer häufiger kostenlos Ware behalten, die sie eigentlich zurückschicken wollten – Amazon werden die Retouren in der Corona-Pandemie zu teuer.

Was passiert wenn man Amazon Paket nicht zurückgeschickt?
Hadrian / Shutterstock.com

Retouren sind eigentlich eine Pest für Online-Shopper und -Händler: Die ungewollten Sachen müssen wieder eingepackt und zur Post gebracht werden, der Händler macht Verluste, weil er oft nicht nur die Rücksendungskosten übernimmt, sondern die Ware auch nicht mehr zum Neupreis verkaufen kann. 

Darum dürfen Online-Kunden ihre Retouren jetzt behalten

Amazon will sich und den Kunden den Stress und vor allem die Kosten mit zurückgeschickten Artikeln ersparen – und lässt diese einfach bei den Shoppern, wie das Wall Street Journal und Business Insider berichten. In der Corona-Pandemie haben die Online-Bestellungen – und damit auch zwangsweise die Retouren – massiv zugenommen. Laut der US-Retourenabwicklungsfirma Narvar stieg die Anzahl der Online-Retouren im Jahr 2020 um 70 Prozent! Das ist für Amazon und auch US-Konkurrenten wie Walmart und Target mittlerweile zu teuer. Die Unternehmen bieten ihren Online-Kunden daher an, sowohl das Geld als auch die Ware zu behalten, statt sie zurückzusenden.

Diese Amazon-Produkte müssen nicht zurückgeschickt werden

Doch das trifft nur dann zu, wenn die Kosten einer Rücksendung gleich oder höher sind als die Kosten für das Produkt selbst – also bei kleiner oder preisgünstiger Ware und bei Produkten, die wahrscheinlich nicht mehr weiterverkauft werden können. Ob Kunden ihre geplante Rücksendung behalten können, entscheiden auch Algorithmen. 

Ein Beispiel: Lorie Anderson aus Vancouver (Washington) wollte ihr online gekauftes Make-up bei Target und Batterien bei Walmart zurückgeben. Die beiden US-Ketten erstatteten ihr den Kaufpreis, die Artikel konnte sie behalten. „Die Sachen waren preiswert und es hätte finanziell keinen Sinn gemacht, sie mit der Post zurückzuschicken. Es ist sehr mühsam, den Karton zu packen und ihn bei der Post oder UPS abzugeben. Das war eine Sache weniger, um die ich mich kümmern musste.“

Amazon stand in der Vergangenheit wegen seiner Vernichtung von Retouren auch in der Kritik, zuletzt forderte Deutschland-Chef Ralf Kleber aber neue Gesetze für den Umgang mit Retouren: Wegen der anfallenden Umsatzsteuer ist es für betroffene Online-Händler hierzulande billiger, die Ware zu vernichten, statt sie zu spenden. 

Veröffentlicht: 12. Januar 2021 / Geschrieben von Markus Gärtner

330.000 Euro Schaden

So dreist zockte ein Nutzer Amazon ab

| 30. Juni 2022, 12:55 Uhr

Ein Nutzer hat Amazon durch manipulierte Retouren um satte 330.000 Euro betrogen. Statt iPhones und anderen bestellten Geräten hat er Pakete mit Erde an den Versandhändler zurückgeschickt. Die Smartphones hat er behalten und dennoch das Geld für die Käufe zurückbekommen. Möglich war diese Abzocke durch das standardisierte Retoure-Verfahren von Amazon.

Millionen Menschen bestellen täglich auf Amazon. Und viele davon schicken ihre Waren aus verschiedensten Gründen wieder zurück. Dem Versandhändler ist es somit nicht möglich, jedes retournierte Paket zu öffnen und die Waren zu prüfen. Stattdessen hat Amazon ein standardisiertes Verfahren eingeführt, mit denen der Händler Retouren abwickelt. Und genau dieses Verfahren wird ab und zu ausgenutzt, in einem Fall sogar in erheblichem Maße.

Amazon-Retouren: Wiegen statt prüfen

Geht eine Rücksendung bei Amazon ein, prüft der Online-Händler sie auf ihr Gewicht. Stimmt dieses mit dem angegebenen Inhalt überein, landet das Paket in einem Lager, wo es auf den Wiederverkauf oder eine spätere Vernichtung wartet. Amazon leitet unterdessen die Rückabwicklung des Kaufes ein. Das heißt in den meisten Fällen, dass dem Kunden das Geld für die Bestellung zurücküberwiesen wird.

Aufgrund der hohen Anzahl der Retouren können nicht alle an Amazon gesendeten Pakete manuell von einem Mitarbeiter geprüft werden. Eine solche Prüfung findet zumeist nur bei Auffälligkeiten statt. Diesen Umstand nutzte ein Kunde aus Spanien im Jahr 2019 aus und zockte Amazon im großen Stil ab.

Die Masche: Waren behalten und dennoch Geld zurück bekommen

Zusammen mit einem Komplizen hat der 22-jährige Spanier wiederholt iPhones und andere elektronische Produkte auf Amazon bestellt. Die eingetroffenen Pakete hat er penibel gewogen und sich das Gewicht notiert. Nachdem er die Pakete ausgepackt und die Geräte entnommen hatte, füllte er die Kartons mit einer solchen Menge Erde, die dem Gewicht der ursprünglichen Sendung entsprach. Das so manipulierte Paket schickte er an Amazon als Retoure zurück.

Was nun folgte war das Standard-Vorgehen: Amazon registrierte die Rücksendung, wog sie und überwies dem Kunden das Geld für die retournierte Ware zurück. Dieser bekam so also nicht nur das Geld für die Bestellung, sondern behielt auch die Ware. Doch damit nicht genug: Der Spanier gründete ein Unternehmen, über das er die so erhaltenen Produkte weiterverkaufte. Über seinen Online-Shop erwirtschaftete er somit einen zusätzlichen Gewinn. 

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Größter Amazon-Betrug in Europa

Lange Zeit ging die Masche offenbar gut – bis Amazon auf die hohe Zahl der Retouren aufmerksam wurde. Aufgrund der hohen Rücksendequote kontrollierte der Online-Händler in seinem Standort in Barcelona alle weiteren Retouren des Kunden sowie seines Komplizen und wurde auf den Betrug aufmerksam. Die beiden Männer wurden verhaftet.

Durch die verlorenen Waren entstand Amazon ein Schaden in Höhe von 330.000 Euro. Es soll sich laut der Webseite Tamebay, die auf den Online-Handel spezialisiert ist, um den bis dahin größten Amazon-Betrug in Europa gehandelt haben. Die Beschuldigten selbst dürften durch den Wiederverkauf und die Rücküberweisung aber deutlich mehr Profit gemacht haben.

Was passiert wenn Retoure nicht zurückschicken?

Solange also der Verbraucher die Ware nicht zurückschickt, darf der Händler den Kaufpreis behalten. Grundsätzlich kann der Händler zudem nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB auch Schadensersatz wegen der verspäteten oder Nicht-Rücksendung der Ware verlangen.

Wie kulant ist Amazon bei Rücksendungen?

Amazon ist sehr kulant und ermöglicht die kostenfreie Rücksendung vieler Artikel. Teils geht die Kulanz sogar so weit, dass Kunden ihr Geld erstattet bekommen, ohne die Artikel zurücksenden zu müssen. Das soll Stammkunden zufriedenstellen, falls ein Defekt oder ein anderes Problem auftreten sollte.

Warum muss ich bei Amazon den Artikel nicht zurücksenden?

Dass Amazon Produkte im Wert von mehr als 20 Euro nicht zurückhaben will, ist selten. Ist ein Produkt aber defekt oder übersteigen die Kosten für Versand und Produktprüfung den Wert eines Produkts, verzichtet Amazon häufiger auf die Rücksendung, so die Erfahrungen der Nutzer.

Werden Retouren bei Amazon kontrolliert?

Amazon-Retouren: Wiegen statt prüfen Geht eine Rücksendung bei Amazon ein, prüft der Online-Händler sie auf ihr Gewicht. Stimmt dieses mit dem angegebenen Inhalt überein, landet das Paket in einem Lager, wo es auf den Wiederverkauf oder eine spätere Vernichtung wartet.