Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen Kritik

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"Polizeiruf 110" aus Rostock:Frau König haut den Sauerteig

24. April 2022, 19:19 Uhr

Lesezeit: 2 min

Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen Kritik

Profilerin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) wollte eigentlich ihren Kollegen Bukow heiraten. Der ist weg. Stattdessen da: Bukows Halbschwester Melly Böwe (Lina Beckmann).

(Foto: Christine Schroeder/NDR)

Der erste Rostocker "Polizeiruf 110" ohne Charly Hübner bekommt den Übergang gut gebacken.

Von Claudia Tieschky

Bei Lassie war es einfach. Wenn ein Langhaarcollie aus der Serie ausschied, kam der nächste Langhaarcollie. Charly Hübner ist nicht Lassie. Seit sie im Rostocker Polizeiruf 110 in drei fantastischen letzten Episoden Hübners Ermittlerfigur Sascha Bukow ganz langsam auf einen Showdown mit Heulen und Zähneklappern zusteuern und diesen Bukow dann als Desperado im Pick-up aus der Stadt reiten ließen, herrscht eine gewisse Leere im Saloon von Rostock.

Die Leere nach Bukow zeigt sich vor allem im Leben der Profilerin Katrin König (Anneke Kim Sarnau). Bukow und sie wollten ja heiraten. Auffällig: Auch im Dortmunder Tatort liebten sich Bönisch und Faber plötzlich, kurz bevor Bönisch starb; Hobby-Profiler würden von einem Muster sprechen, andere würden sagen, dass die Liebe halt dauert oder auch nicht. Katrin König hat deshalb nun eine sehr schöne Szene, in der sie es morgens mit Sauerteigkneten als Entspannungstechnik versucht, es wird dann Gefühlskampfsport mit Roggenbaatz.

Der Krimi ist beklemmend und stark - auch ohne die Bukow-Story

In der neuen Episode liegt eine alleinerziehende Mutter erstochen in ihrer Küche und im Anbau des Hauses liegt ihr Sohn tot im Bett, weil ihm, dem fast vollständig gelähmten Teenager, niemand mehr den Katheter gewechselt hat. Titel dieser Folge ist allen Ernstes "Seine Familie kann man sich nicht aussuchen" und das ist hier entweder eine verdammt bittere Wahrheit - oder ein Insiderwitz. Bald nämlich gerät in dem Mordfall Max unter Verdacht. Der Pflegesohn der befreundeten Familie Genth ist familiär zweifach belastet: Er gehört zu einem Mafia-Clan, und er befindet sich bei den Genths im Zeugenschutzprogramm. Auf die heitere Seite gewendet betrifft das mit der Familie Bukows Nachfolge. Zusammen mit Katrin König, hat der NDR bekannt gegeben, soll schließlich künftig Bukows Halbschwester Melly Böwe ermitteln - gespielt von Lina Beckmann, die mit Charly Hübner verheiratet ist. Die muss jetzt ins Spiel gebracht werden.

Unter Sauerteigfreunden: Der Drehbuchautor Florian Oeller (der auch zwei der finalen Bukow-Fälle schrieb) und Regisseur Stefan Krohmer haben das ziemlich gut gebacken bekommen. Der Kriminalfall in dieser Übergangsfolge ist beklemmend und stark und steht auch ohne die Bukow-Story für sich. Melly Böwe kommt fast beiläufig dazu, die Bochumer Kommissarin ist Zeugenschutz-Betreuerin für Max und backt daheim gerade Muffins (Entspannungstechnik?), bevor sie sich in ihren Twingo klemmt und nach Rostock fährt.

Lina Beckmann, die immer noch mehr eine Theater- als eine Fernsehschauspielerin ist, schaut man sofort gerne zu. Ihr ist ein ungewöhnlicher Körpereinsatz in völlig gewöhnlichen Situationen eigen, was man schon in dem tollen Film Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer? von Lola Randl bestaunen konnte, in dem sie ganz allerliebst überfordert zwischen ihrem Film-und-auch-sonst-Ehemann Hübner und Liebhaber Benno Fürmann hin- und herwetzte. Im Polizeiruf steigt sie aus dem kleinen Auto, übernimmt das Kommando, sagt zu der entgeisterten Katrin König: "Ich verstehe, warum du jetzt so reagierst", und schaut sie lieb, aber herzlos an: "Nimm's nicht persönlich." Ende der Ansage. Erstaunlich, in dem Moment hört man Bukow sprechen.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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Polizeiruf 110 Alle Infos zu „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“

Am 24.04.2022 lief der „Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“ im Ersten. Kritik, Darsteller und mehr Infos im Überblick.

Am Sonntag, 24.04.2022, lief der "Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen" im Ersten.

Am Sonntag, 24.04.2022, lief der „Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“ im Ersten. © Foto: NDR/Christine Schroeder

  • Am Sonntag, 24.04.2022, lief der „Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“ um 20:15 Uhr im Ersten.
  • Die Handlung und Kritik zum Krimi aus Rostock.
  • Besetzung, Mediathek und Sendetermine des Sonntagskrimis im Überblick.

Mörderisches Rätsel um eine Pflegefamilie – Im neuen „Polizeiruf“ aus Rostock feierte Charly Hübners Frau Lina Beckmann ihren Einstand als neue Kollegin von Anneke Kim Sarnau.

„Polizeiruf 110“: Erster Krimi mit Lina Beckmann

Sie ist die Neue beim „Polizeiruf“ aus Rostock: Kommissarin Melly Böwe, die Halbschwester von Sascha Bukow, der seiner Heimat den Rücken gekehrt hat. Als Nachfolgerin des von Charly Hübner großartig gespielten und mit Kritikerlob überhäuften Kommissars und Publikumslieblings hat es die Schauspielerin Lina Beckmann – übrigens Hübners Ehefrau – natürlich nicht leicht, aber sie macht ihren Job bei ihrem Debüt als Rostocker Ermittlerin gut. Wobei sich schon die Frage stellt, warum die Figur der Melly Böwe derart umständlich eingeführt wird: Die im Ruhrgebiet beheimatete Kommissarin reist aus Bochum an, um einen Jungen zu suchen, der im Zeugenschutzprogramm bei einer Rostocker Familie als Pflegekind lebt und plötzlich verschwunden ist.

„Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“: Handlung

Auch Böwes Rostocker Kollegin Katrin König, die sich immer noch wegen Sascha Bukows Ausstieg grämt, ist an dem abgängigen Pflegekind Max interessiert, denn der 16-Jährige könnte für den brutalen Doppelmord an einer allein erziehenden Mutter und ihrem schwerbehinderten Sohn verantwortlich sein. So gehen die beiden Kolleginnen in diesem sehenswerten Krimi erst mal getrennte Wege, bis Melly Böwe ihre Karten auf den Tisch legt und die beiden endlich an einem Strang ziehen. Dabei geraten die vom alten Team übrig gebliebenen männlichen Kollegen Anton Pöschel, Volker Thiesler und ihr Chef Henning Röder naturgemäß etwas in den Hintergrund, aber das ist nicht weiter schlimm.

Lustiges Detail am Rande: Uwe Preuss, der vor ein paar Tagen im Frankfurter „Tatort“ noch als überraschend blutrünstiger Killer im Gewand eines biederen Vorortspießers zu sehen war, tritt hier wieder als gestresster Vorgesetzter auf, der schwer genervt ist, weil Katrin König die von ihm wie Sauerbier angebotene Beförderung auf Bukows Stelle partout nicht annehmen will.

Die Kommissare mussten im neuen "Polizeiruf 110" aus Rostock einen Doppelmord aufklären.

Die Kommissare mussten im neuen „Polizeiruf 110“ aus Rostock einen Doppelmord aufklären.
© Foto: NDR/Christine Schroeder

Während Melly Böwe nach dem ausgebüxten Max sucht, der mit dem ermordeten Jungen befreundet war, versucht sich Katrin König einen Reim darauf zu machen, warum jemand eine in bescheidenen Verhältnissen lebende Frau und ihr Kind umbringt. Sie fühlt dem Ex-Mann der Ermordeten auf den Zahn, außerdem gerät Max‘ Pflegefamilie in den Fokus der Ermittlungen. Bei den Genths, das spürt die erfahrene Kriminalistin genau, stimmt etwas ganz und gar nicht. Außerdem scheint ihr Kollegin Böwe ein entscheidendes Detail zu verheimlichen. Der drogensüchtige Ausreißer Max irrt derweil auf der Suche nach Betäubungsmitteln durch die Gegend und findet bei einer allein lebenden und krebskranken Frau in einem Bootshaus Unterschlupf. Die beiden Außenseiter freunden sich vorsichtig miteinander an – ein Lichtblick in einem ziemlich düsteren „Polizeiruf“ aus dem hohen Norden.

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„Polizeiruf“ Kritik: Wie ist „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“?

Auch wenn die Einführung der neuen Rolle kompliziert ist, überzeugt der von Regisseur Stefan Krohmer inszenierte „Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“ mit einer spannenden und auch tragischen Story rund um eine Sippe, bei der einiges im Argen liegt. In dem sehenswerten Krimi müssen sich die Kolleginnen zwar noch etwas besser aufeinander einspielen, doch unter dem Strich legt das neue Frauenduo aus Rostock einen vielversprechenden Start hin.

Insgesamt bringt das dem Sonntagskrimi drei von vier Pistolen ein: Kann man nichts falsch machen.

„Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“: Darsteller

Wer die Darsteller im Cast des Sonntagskrimis sind, erfahrt ihr hier:

Rolle – Schauspieler

  • Katrin König Anneke Kim Sarnau
  • Melly Böwe Lina Beckmann
  • Anton Pöschel Andreas Guenther
  • Volker Thiesler Josef Heynert
  • Henning Röder Uwe Preuss
  • Jule Genth Susanne Bormann
  • Holger Genth Jörn Knebel
  • Max Wagner Alessandro Schuster
  • Emma Pettke Paraschiva Dragus
  • Jens Sommer Christian Beermann
  • David Sommer Paul Ahrens

„Polizeiruf 110“ aus Rostock: Das ist Lina Beckmann

Lina Beckmann ist eine deutsche Schauspielerin, die bis dato überwiegend in Theater-Produktionen gespielt hat. Von 2007 bis 2013 war sie im Ensemble des Schauspiels Köln. Seither ist sie am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg engagiert. Die 41-Jährige war aber bereits in einigen TV- und Kinofilmen zu sehen, darunter „Die Besucherin“, „Resturlaub“ sowie mehrere „Tatorte“. Beim Rostocker „Polizeiruf 110“ löst sie ihren Ehemann Charly Hübner ab, der zuvor zwölf Jahre lang als Kommissar Sascha Bukow ermittelte. Das Paar lebt in Hamburg, Beckmann hat einen Sohn aus einer früheren Beziehung.

Lina Beckmann spielt die neue Kommissarin Melly Böwe im "Polizeiruf 110" aus Rostock.

Lina Beckmann spielt die neue Kommissarin Melly Böwe im „Polizeiruf 110“ aus Rostock.
© Foto: NDR/Christine Schroeder

„Polizeiruf 110“ am Sonntag: Sendetermine und Mediathek

Alle Sendetermine des neuen „Polizeiruf 110“ aus Rostock auf einen Blick:

  • Sonntag, 24.04.2022 um 20:15 Uhr im Ersten
  • Sonntag, 24.04.2022 um 21:45 Uhr auf ONE
  • Montag, 25.04.2022 um 03:55 Uhr
  • Dienstag, 26.04.2022 um 00:40 Uhr im Ersten

Nach der Ausstrahlung ist der Krimi für sechs Monate in der ARD Mediathek als Stream verfügbar.

Was ist der Unterschied zwischen Tatort und Polizeiruf 110?

Während es der Tatort auf über 20 Städte, Teams und Solo-Kommissare bringt, ermitteln im Polizeiruf 110 derzeitig "nur" fünf Teams und Solo-Kommissare – in Rostock, Magdeburg, Halle und München sowie im deutsch-polnischen Grenzgebiet.

Wer spielt die Frau König im Polizeiruf 110?

Zu den von Beginn an im Team vertretenen Ermittlern gehören Katrin König, gespielt von Anneke Kim Sarnau, ihre Kollegen Anton Pöschel und Volker Thiesler sowie ihr Vorgesetzter Hennig Röder. Bis 2022 ermittelte König an der Seite von Kommissar Alexander Bukow, gespielt von Charly Hübner.

Wer hört bei Polizeiruf 110 auf?

Wie der Bayerische Rundfunk am Montag mitteilt, macht Verena Altenberger mit dem Münchner "Polizeiruf 110" Schluss. Im Herbst 2022 stehe die Schauspielerin demnach zum sechsten und letzten Mal als Kommissarin Elisabeth "Bessie" Eyckhoff für die ARD-Krimireihe vor der Kamera.

Wie scheidet Charly Hübner aus dem Polizeiruf aus?

Kleine Überraschung beim Abschied von Charly Hübner aus dem "Polizeiruf" am Sonntagabend: Nach einem vollkommen missratenen letzten Polizei-Einsatz, der mehr einer privaten Rachefehde glich, steigt der von Hübner gespielte Kommissar Sascha Bukow in sein Auto und fährt nach Sibirien, um dort zu sich zu kommen.