Ich bin ein Narzisst Wie kann ich mich ändern

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wäre es nicht wunderbar, wenn deine Träume in Erfüllung gehen? Wenn dein Einsatz sich gelohnt hätte? Wenn du dich nicht getäuscht und geirrt hättest? Wenn du es wert wärst, dass man dich liebt und sich für dich ändert? Wenn deine Illusion der Selbstverleugnung nur ein eingebildetes Beiprodukt deines Geistes wäre und er in Wahrheit doch  nicht so übel ist? Wenn deine Liebe alles heilen könnte?

Ich persönlich glaube fest an das menschliche Potential und bin überzeugt, dass jeder sich bis ins hohe Alter ändern KANN. Das setzt aber voraus, dass man eigene Probleme, Defizite und Mankos erkennt. Ein Narzisst ist aber davon überzeugt, dass er absolut, wahr und im Recht ist und Probleme von anderen Personen oder äußerlichen Faktoren produziert werden. Seine Realitätsverzerrung ist therapieresistent.

Einige Psychologen sind der Meinung, dass eine Möglichkeit, den grandiosen und  malignen Narzissmus zu heilen, darin besteht, ihn von der Außenwelt in einer Dunkelkammer zu isolieren, damit er retraumatisiert wird und sein wahres Sein und Fühlen erkennen muss, um die notwendige Therapieeinsicht zu bekommen. Kein Narzisst wird sich das antun und kein empathischer Therapeut möchte so etwas ausführen. So viel ist sicher.

Natürlich gibt es gauklerische Narzissten, die aufgrund von äußerem Druck zu einer Therapie bereit sind. Sie verfolgen dabei aber wie immer eine andere Strategie. Sie werden versuchen mit ihrem Therapeuten eine Union zu bilden, die beide verbündet, um der Welt aufs Neue zu beweisen wie es um die Realität wirklich steht. Entweder wird er versuchen aus dem Therapeuten eine Objektverlängerung zu machen oder ihn belehren und abwerten. Sie sind hellsichtig genug,  um andere schnell einordnen zu können und ihre Manipulationstaktiken dienen dem restlichen Marionettenspiel. Manche Narzissten drehen auch gerne den Spieß um und führen sich als Psychologen auf, die die Weisheit mit Löffeln gefressen haben. Der Therapeut wird in Staunen versetzt und zum Bewunderer des fundierten Knowhows des Narzissten. Indirekt wechseln die Rollen und der Fachmann selbst landet auf der Couch. Ist der Therapeut in seinem Narzissmus so ausgereift, dass er nicht einsteigt, setzt wie in anderen Beziehungen die Abwertungsphase ein. Der Therapeut wird in den Augen des Narzissten nicht über die notwendige Kompetenz, Professionalität, Reife und Intelligenz verfügen, um seine Grandiosität anzuerkennen. Die Sitzung wird geschlossen.

Kann ein Narzisst sich also ändern? Meiner Meinung nach sind die Chancen sehr gering. Wahrscheinlicher ist es, dass er lernt, Emotionen noch cleverer zu simulieren und unauffälligere Verhaltensweisen zu kultivieren, um im sozialen Geflecht weiterhin Anerkennung und Wertschätzung zu bekommen. Dieser Druck wird ihn aber noch mehr dazu zwingen, seine Destruktivität irgendwo zu entladen – sei es im Bordell oder im erfolgreichen Geschäftsleben. Im Großen und Ganzen werden seine Masken noch trüglicher, aber die Basis wird sich nicht verändern. Er wird nur hinterhältiger und erfolgreicher, nicht authentischer.

Meine persönliche Empfehlung: Renne um dein Leben und lebe deine Träume woanders. Wenn du gerne anderen Menschen hilfst, studiere Psychologie, Soziologie oder werde Entwicklungshelfer. In einer Partnerschaft sollten sich zwei reife und gesunde Menschen auf Augenhöhe und in Liebe begegnen. Eine Therapiestunde gehört da nicht hinein.

Sie protzen, wollen überlegen wirken – und überschätzen sich gnadenlos selbst. Nicht jedem Narzissten kann man aus dem Weg gehen – aber man kann lernen, mit ihnen klarzukommen. Wie, das erklärt Stefanie Stahl.

Warum ärgern wir uns so oft über sie?

Narzissmus ist von allen psychologischen Diagnosen die mit den negativsten Sympathiewerten. Das Wort Narzisst wird auch in Fachkreisen immer mit einer gewissen Geringschätzung ausgesprochen. Kein Mensch will ein/-e Narzisst/-in sein. Diese Abneigung beschreibt gleichsam den Kern der Problematik, nämlich dass Narzissten durch ihr Verhalten andere Menschen kränken, verärgern und sehr hilflos machen können. Dies gilt vor allem für die sogenannten grandiosen Narzissten. Wenn wir umgangssprachlich von Narzissten sprechen, meinen wir damit zumeist die grandiosen, die gern auch als maligne, also bösartige Narzissten bezeichnet werden. Mit diesen Menschen ist es wirklich schwierig, gut auszukommen.

Woran erkennt man sie?

Grandiose Narzissten beeindrucken bei oberflächlicher Bekanntschaft durch Charme, Witz und stilvolle Präsenz. Lernt man sie dann jedoch näher kennen, kommt man schnell mit ihren schwierigen Seiten in Kontakt: ihrer Angeberei, der Egozentrik, ihrer mangelnden Fähigkeit zu Empathie und Schwächentoleranz. Ihnen stehen die sogenannten minderwertigen, depressiven Narzissten gegenüber. Sie wittern stets und überall Ablehnung und strengen sich über die Maßen an, alle an sie gestellten Erwartungen zu erfüllen.

Ist es ein eher männliches Phänomen?

Männlicher Narzismus ist augenfälliger als der weibliche. Das liegt daran, dass mehr Frauen zum depressiv narzisstischen Stil neigen, während Männer eher zur Grandiosität tendieren. Laut Bärbel Wardetzki, Psychotherapeutin und Buchautorin, sind weibliche Narzisstinnen stärker vom Wechsel zwischen Größenfantasien und Minderwertigkeitsgefühlen betroffen. Sie sind nach außen scheinbar perfekt, fühlen sich jedoch innerlich depressiv und leer. Männer stellen Angeberei, Arroganz und Machtstreben dagegen oft offen zur Schau.

Kommen Narzissten unter sich gut miteinander aus?

Grandiose und Depressive finden sich in Beziehungen gern zusammen: der grandiose männliche Narzisst, der die Frau herunterputzt, und die abhängige Frau, die es nicht schafft, sich zu lösen. Die grandiosen Narzissten stehen eher auf der Seite der Autonomie: Durchsetzungsvermögen, Streitbarkeit und Egoismus zählen zu ihren Fähigkeiten. Die depressiven Narzissten stehen auf der Bindungsseite: Einfühlungsvermögen und Unterwerfung gehören zu ihrem Verhaltensrepertoire. Es versteht sich von selbst, dass die depressiven Narzissten erheblich umgänglicher sind. Ihr Drama spielt sich eher inwendig ab: Sie leiden unter einer ständigen Angst vor Zurückweisung und Versagen. Natürlich belasten auch sie durch ihre Dünnhäutigkeit die Beziehung, aber nicht so laut und aggressiv.

Was vereint grandiose und depressive Typen?

Für beide trifft zu, dass sie einen mächtigen Hunger nach Anerkennung haben. Die Depressiven tun deshalb alles, um von anderen Menschen gemocht zu werden, während die Grandiosen ihre Stärken zur Schau stellen; sie streben nach Überlegenheit. Ein typisches Anzeichen für einen grandiosen Narzissten ist, dass man sich im Umgang mit ihm schnell unterlegen und ungenügend fühlt. Dazu trägt auch die hohe Abwertungsbereitschaft bei: Narzissten haben ein sicheres Gespür für die Schwächen ihres Gegenübers und vertonen diese gern in Form ätzender Kritik oder Sticheleien.

Finden sie sich wirklich nur großartig?

Nein, ihr Streben nach Grandiosität ist lediglich eine Selbstschutzstrategie, um ihre gefühlte Minderwertigkeit zu kompensieren. Ihr Perfektionswille treibt sie oft zu großen Leistungen an – nicht selten findet man sie in Führungspositionen. Sind sie von der Erfolgswelle getragen, kann dies ihre tiefsitzende Verunsicherung so gut überdecken, dass sie sie selbst nicht mehr verspüren. Grandiose Narzissten haben deshalb ein hohes Machtmotiv, sie sind dominant und fordernd. Dahinter verbirgt sich eine überwertige Angst vor Abhängigkeit und Unterlegenheit. Seine Mitarbeiter/-innen bekommen häufig jene Ohnmachtsgefühle zu spüren, die der Narzisst bei sich selbst abwehrt. In der psychologischen Fachsprache nennt man das Übertragung. Allerdings reagieren Narzissten empfindlich auf Kritik. Für Außenstehende ist schwer nachvollziehbar, aus welch harmlosen Anlässen sie sich gekränkt fühlen, zumal sie ja sehr selbstsicher und nicht wie Sensibelchen wirken. Oft reagieren sie auf Kritik mit ganz arger Wut, dem narzisstischen Furor.

Können oder wollen sie nicht vom hohen Ross?

Grandiose Narzissten haben eine geringe Neigung, auf andere einzugehen. Sie verfügen über wenig Einfühlungsvermögen, und die anderen spüren recht schnell, dass sie eigentlich nur als Applaus-Lieferanten benutzt werden. Die depressiven Narzissten können sich hingegen extrem gut in andere einfühlen. Das ist ihr Radarsystem, um die an sie gestellten Erwartungen bestmöglich zu erfüllen und so Kritik abzuwehren.

Wird man so geboren?

Die Ursachen für diese Persönlichkeitsstörung sind mäßig gut erforscht. Studien weisen auf eine hohe genetische Disposition – zwischen 25 bis 75 Prozent – hin. Einige nennen auch eine lieblose Elternbeziehung; die Kindheit eines Narzissten ist dann von dem Gefühl geprägt, "nicht wichtig zu sein". Der grandiose Narzisst will sich später nie wieder so ausgeliefert fühlen. Nicht selten ist ein Elternteil selbst ein Narzisst. Wenig Belege gibt es hingegen für die jüngst häufig postulierte Annahme, Narzissmus würde durch Eltern gefördert, die ihre Kinder zu viel und für geringe Leistungen lobten, sowie sie übermäßig verwöhnten.

Fördern Instagram und Facebook das Phänomen?

Auf keinen Fall. Ein Mensch, der viele vorteilhafte Bilder von sich in den sozialen Medien postet, mag eitel sein, aber nicht zwangsläufig ein Narzisst. Der Eindruck, dass es immer mehr Narzissten gibt, resultiert eher aus dem Umstand, dass hierüber in den letzten Jahren sehr viel publiziert wurde. Studien haben aber keine Zunahme an krankheitswertigem Narzissmus in den letzten 40 Jahren festgestellt. Allerdings fördert unsere Gesellschaft gewisse narzisstische Ideale: Körperkult und die ständige Beschäftigung mit sich selbst können die Tendenz bei einigen Menschen verstärken.

Und was, wenn ich selbst solche Züge habe?

Die Frage ist eher, wo die Grenze zu ziehen ist zwischen narzisstischen Neigungen, wie sie fast jeder kennt, und einer Persönlichkeitsstörung. Schließlich werden die meisten Menschen lieber gelobt als kritisiert, das ist ein Grundbedürfnis. Gleichwohl kommt ein stabiles Selbstwertgefühl von innen und lässt sich in Sätzen wie "Ich bin okay so, wie ich bin" zusammenfassen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von positivem Narzissmus. Die Persönlichkeitsstörung zeigt sich an der äußerst geringen Anpassungsfähigkeit der Betroffenen im sozialen Miteinander und ihrer geringen Fähigkeit zur Selbstreflexion. Stellte der grandiose Narzisst sich nämlich infrage, müsste er sich verletzlich machen – das will er aber mit allen Mitteln verhindern. Deswegen begibt er sich selten in Psychotherapie. Wenn er es doch tut, dann meist wegen sekundärer Leiden, etwa einer Depression. Ein privater oder beruflicher Misserfolg kann den Narzissten in ein tiefes Loch stürzen, der psychotherapeutische Behandler braucht viel Fingerspitzengefühl. Narzissten sind schnell geneigt, die Therapie abzubrechen, wenn sie den Therapeuten nicht als ihrer würdig empfinden oder sich kritisiert fühlen.

Wie kommt man mit Narzisst/-innen klar?

Mit grandiosen Narzissten ist das schwierig. Ihre Abwertungen, Wutausbrüche, Angeberei machen dem Gegenüber zu schaffen. Als Beziehungspartner sind sie unerträglich, als Vorgesetzte oder Kollegen schwer handhabbar. Folgende Tipps können helfen: Machen Sie sich bewusst, dass sich hinter der arroganten Fassade ein gedemütigter Mensch steckt. Nehmen Sie sein Verhalten nicht persönlich. Hierfür können Sie auch eine Imaginationsübung durchführen: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einer Pyramide, in der sie zu 100 Prozent geschützt sind. Von außen ist sie mit lauter Spiegeln geschmückt. Jeder Angreifer, der auf sie zuläuft, bekommt bloß sein eigenes Verhalten zurückgespiegelt. Legen Sie sich ein paar Antwortstrategien zurecht. Wichtig ist, dass Sie auf eine ruhige Art Ihre Grenzen aufzeigen. Die Antworten müssen nicht besonders geistreich sein. Wenn ein narzisstischer Chef Sie wiederholt anschreit, können Sie jedes Mal sagen: "Es wäre keine Information verloren gegangen, wenn Sie dies freundlich gesagt hätten." Wenn Sie sich angesichts einer Wutattacke völlig überfordert fühlen, kann "Niederschweigen" auch eine Strategie sein. Sie schauen den Narzissten schweigend an, bis er wieder unten ist.

Narzissten benötigen Lob wie die Luft zum Atmen. Loben Sie den Narzissten, wenn er etwas gut macht. Das Lob sollte jedoch ernst gemeint sein.

Geben Sie alle Erwartungen auf, dass der Narzisst Sie so anerkennt, wie Sie sich das wünschen. Machen Sie sich immer wieder klar: Er kann nicht auf Augenhöhe kommunizieren, und das Problem liegt NICHT bei Ihnen. Stärken Sie Ihren Selbstwert im Umgang mit empathischen Menschen und Tätigkeiten, die Sie aufbauen.

Denken Sie über Ihre eigenen Anteile nach. Sofern Sie nicht durch äußere Zwänge mit ihm zu tun haben, fragen Sie sich, wieso Sie Zeit mit dem Narzissten verbringen. Laufen Sie vergeblich seiner Anerkennung hinterher? Welche alten Muster von Ihnen bedient er? Oder sind Sie zu wenig bereit, Neues zu wagen, indem Sie an Beziehung oder Job festhalten? Nehmen Sie die Begegnung als sportliche Herausforderung, sich in Gelassenheit zu üben oder etwas an Ihrem Leben zu ändern.

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BRIGITTE LEBEN 01/2020

#Themen
  • Narzissmus
  • Selbstvertrauen
  • Selbstbewusstein
  • Egoismus

Was mache ich wenn ich Narzisst bin?

Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung wird in erster Linie mit Psychotherapie behandelt. Allerdings kommen die Betroffenen nur selten von sich aus in eine Therapie. Gründe für die Therapie sind meist andere psychische Störungen, vor allem Depressionen.

Wie bin ich kein Narzisst mehr?

"Narzissten können lernen, weniger selbstbezogen zu sein, wenn sie andere an ihrer Zeit, ihren Talenten und ihrem Vermögen teilhaben lassen", sagt Ferretti. "Sie werden davon profitieren, indem sie Demut, Mitgefühl und Empathie lernen – zum Beispiel durch ehrenamtliche Arbeit."

Warum wird man narzisstisch?

Die Entwicklung einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung wird oft durch eine Verknüpfung von Leistung und Anerkennung in der Erziehung, fehlende emotionale Wärme in der Familie, materielle Verwöhnung und unzureichende Grenzen begünstigt.

Wie werde ich Narzist los?

Wenn man einen Narzissten loswerden will, dann helfen nur ein konsequenter, vollständiger Kontaktabbruch und der komplette Verzicht auf irgendeine Reaktion ihm gegenüber, sobald er wieder auf der Bildfläche erscheint.