Anischampignon gleich wiesenchampignon

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Rund 3400 Pilzarten gibt es in Deutschland, 500 davon sind essbar und 200 giftig. Ein Irrtum beim Pilze sammeln kann folgenschwer, in seltenen Fällen sogar tödlich sein. Bundesweite Pilzberatungsstellen sagen, wie man richtig sammelt. Mecklenburg-Vorpommern hat sich das sogar zur Landesaufgabe gemacht.

Pilzberatung in der Naturschutzstation Zippendorf in Schwerin. Die ehrenamtliche Pilzexpertin der Landeshauptstadt, Hannelore Michael, wartet auf ihre Kunden

"Na, kommen sie mal rein" - "Die wachsen bei Oma in Garten, schon das ganze Jahr. Und da hab ich gedacht, ich lass die mal prüfen" - "Ja, die Pilzsammlerin hat Champignons gesucht. Und das sieht aus, als wäre es der Anischampignon, es kann aber auch der Giftchampignon sein, die beiden Pilze sehen sich sehr ähnlich. Und ich habe jetzt geprüft, indem ich hier was abgeschnitten habe am Stil, ob es gelb wird. Ich sage immer den Sammlern - giftig und gelb - die zwei Gs - wenn es gelb wird, ist es giftig."

Hier ein Stück abgeschnitten, schnuppern, schauen. Mecklenburg-Vorpommern ist das einzige Bundesland, das die Pilzberatung gleich nach der Wende über eine gesetzliche Regelung zur Landesaufgabe im Bereich des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gemacht hat. Unterstützt wurde die Regelung 1994 durch einen Erlass des Sozialministers in der "Richtlinie zur Pilzberatung und zur Aufklärung von Pilzvergiftungen" - Ein Erbe aus DDR-Zeiten.

"Wir haben das ja zu DDR-Zeiten, da war die Pilzberatung gesetzlich festgelegt. Und nach der Wende haben sich die Landespilzsachverständigen mächtig engagiert, dass die Pilzberatung weiter in staatlicher Hand bleibt."

Einfach schon, weil Pilze sammeln hier im Land ein richtiger Volkssport war und immer noch ist. Im Letzten Jahr hat Hannelore Michael über 700 Bestimmungen vorgenommen - und dabei 23 stark giftige Arten aussortiert. Wenn jemand den halben Wald zur Bestimmung mitbringt, erteilt sie auch schon mal eine Rüge - denn die Pilzberatung soll zum gewissenhafteren Umgang mit der Natur und dem Arterhalt seltener Sorten dienen. Aber im Vordergrund steht die gesundheitliche Prävention. 2004 sind in Mecklenburg-Vorpommern nur acht echte und vier unechte Pilzvergiftungen gemeldet worden. Dieser Fall ist eindeutig.

"Das ist der Schafchampignon oder der Anischampignon" - "Aja" - "Das ist aber kein giftiger Pilz. Er gilbt in keiner Weise, er würde gilben, er würde auch im Hutfleisch gelb werden, er wird es nicht. Also gibt es Pilze zum Abendbrot." - "Ja."

Die nächsten Kunden stehen schon in der Tür - die hatten die Pilze schon in der Pfanne - und freuten sich auf ein leckeres Essen - doch die schönen frischen Pilze wurden chromgelb.

"Und der Geruch war eben so, dass ich gesagt habe, ich koste mal, du aber lieber nicht, damit einer überlebt. Und wir lassen's lieber und gehen mal zu ihnen." - "Das ist auch richtig so" - "Und die sahen so schön aus." - "Gut, ja schönen Dank." - "Gut, dass es sie gibt, also so ein bisschen kenn ich mich aus, aber eben auch nicht alles!"

Hannelore Michael kennt fast alle Pilze. Für Zweifelsfälle hat sie immer eine kleine Pilzbibliothek dabei - und immer ein paar gute Tipps. Erstens: Pilze gehören in Körbe oder Eimer.

"Aber auf keinen Fall Plastiktüten. Ein Pilz ist sehr eiweißreich. In Plastiktüten fangen die Pilze an zu schwitzen, es entsteht Wärme, das Eiweiß wird zerstört, Da wird der beste Speisepilz giftig, ja - dadurch, dass das Eiweiß eben zerstört wird."

Zweitens:

"Wichtig ist auch, dass man nicht in der Nähe von Straßen sammelt. Wir haben keine erhöhten Radionuklidwerte, aber wir haben eben auch die erhöhte Schwermetallbelastung. Und deswegen sollte man an Straßen keine Pilze sammeln."

Und drittens und letztens - ist nicht alles giftig was Bauschmerzen macht.

"Und was eben auch noch gesagt werden müsste, wenn man ein paar mehr Pfifferlinge findet und sich dann mal eine richtige große Portion einverleibt, auch dann kann es zu Bauchschmerzen kommen, das ist dann keine Pilzvergiftung, man hat sich einfach übergessen."

Anischampignon gleich wiesenchampignon

    • Offizieller Beitrag

    • #1

    Der heutige Tag brachte den Fund 3er alter Anis - Champignons, einer davon war schon umgeschtoßen, alle komplett wurmig. Die Fundstelle war in der Nähe eines Reitstalles, da kommt mir der Eintrag auf WIKIPEDIA

    Zitat

    ... er wächst auf Wiesen oder Viehweiden, ...


    in den Sinn.
    Ich hab sie zum Aussporen mit nach Hause genommen ...
    Trotzdem die Bilder im Anhang.

    Den genauen Unterschied zum Wiesen - Champignon (Agaricus campestris) kann ich jetzt so auf die schnelle aber nicht sagen, braucht man da das Mikrokop und die Sporen?

    Liebe Grüße, Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    • #2

    Einen Unterschied, einen im Fall des Falles erchreckenden, habe ich im Netz gefunden ...

    Zitat

    Von den Pilzen wird überwiegend Cäsium aufgenommen, Ruthenium-103 dagegen nicht. Die saprophytischen Pilze wiesen unterschiedlich hohe Werte auf, der Wiesenchampignon war kaum
    belastet, der Anischampignon dagegen sehr.


    aus http://www.landesmuseum.at/pdf…atVerSt_117_0007-0025.pdf

    • #3

    Ich habe letztes Jahr oft Champignons gefunden darunter auch den giftigen Karbolegerling. Der Geruch ist für mich das wichtigste Unterscheidungsmerkmal. Anisegerlinge riechen wie der Name schon sagt sehr angenehm süßlich. Mich erinnert der Geruch schon eher an Bittermandeln als an Anis, aber da sind Geruchsempfindungen unterschiedlich. Der Wiesenchampignon kommt angenehm aber eher "pilzig" rüber, während der Karbolegerling unangenehm riecht. Tintig und im älteren Zustand fast scharf brennend. Abgesehen davon kann man natürlich die Gelbfärbung der Stielbasis verwenden, wobei ich feststellen musste, dass bei trockenen Exemplaren nur eine sehr schwache Veränderung festgestellt werden kann

    • #4

    Hallo Jürgen,


    Der heutige Tag brachte den Fund 3er alter Anis - Champignons, ...

    Den genauen Unterschied zum Wiesen - Champignon (Agaricus campestris) kann ich jetzt so auf die schnelle aber nicht sagen, braucht man da das Mikrokop und die Sporen?

    - Frage: Hat der von dir bestimmte Fund auch einen "wissenschaftlichen Namen???"
    ---> Denn, angeblich nach "Anis" riechende "Champignons" gibt eine einige, die allerdings meist ganz eindeutig nach "Marzipan" (Bittermandeln) riechen.

    Nachtrag:
    - Sorry, sehe gerade, dass du deinen Fund als "Agaricus arvensis" bestimmt hast.
    ---> Diese Art sollte einen +-kräftigen/doppelten, unterseits meist "sternförmigen" Ring haben, den ich bei dir nicht erkennen kann.

    - Und deshalb unterstütze ich deinen Zweifel, dass es sich evtl. um einen "Wiesen-Egerling" (Agaricus campestris) handelt.

    ---> Auf die Schnelle kann ich folgendes feststellen:

    (1) Die nach "Anis oder Marzipan" riechenden Champignon-Arten "gilben", wenn man sie ärgert und werden in der Sektion "Flavescentes" gelistet.
    ---> Aber Vorsicht: Die insbesondere in der Stielbasis gilbenden "Karbolchampignons" (auch da gibt es mehrere Arten) gehören nicht zu den "Flavescentes"

    (2) Der "Wiesen-Champignon" rötet schwach und wird deshalb der Sektion "Rubescentes" zugeordnet.
    ---> Aber, nichts ist vollkommen: Auch bei "Wiesen-Champignons" habe ich gelegentlich ein deutliches Gilben in der Stielbasis festgestellt.
    ---

    - Und ich lehne mich noch etwas aus dem Fenster und würde bei deinem vorgestellen Fund einen "Wiesenchampignon" keineswegs ausschließen.

    Grüße
    Gerd

    • #5

    Hallo Jürgen,

    Mit diesem Link (stammt aus 1987, ein Jahr nach Tschernobyl) habe ich einige grundsätzliches Probleme:

    (1) Warum wird da +-nur Cs137 erwähnt.
    ---> Fakt ist, dass bei diesem GAU neben Cs137 (Halbwertszeit = 30,2Jahre) auch Cs134 (Halbwertszeit = 2,1Jahre) im Verhältnis 2,2/1,0 produziert wurde.

    (2) Und wenn ich das so nebenbei (an einer Stelle erwähnt) im Text angegebene Verhältnis (erheblich größer als 2,2) bewerte, muss ich feststellen, dass in dem Sammelgebiet wohl noch deutliche Belastungen der 1964 eingestellten "oberirdischen Atomwaffeltests" vorliegen.
    ---> Wundert mich nicht, da die Hauptaktivität im Wald nach mir bekannten Simulationen auch die nächsten ca. 50 Jahre kaum in tiefere Bodenschichten abtriften werden.

    Grüße
    Gerd

    • Offizieller Beitrag

    • #6

    Gestern war ich bei unserem "Generationenpark", einem Platz für Jung und Alt, der jedes Jahr brav mit Rindenmulch versehen wird. (Morcheln haben sich dort nicht blicken lassen ...)
    Dafür entdeckte ich 4 verschiedene Pilzarten, darunter auch einen von mir mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit richtig eingeschätzten Anischampignon. Der Geruch und das Aussehen lassen mich eben zu diesem Schluss kommen, seht selbst.

    Gleich daneben wuchs ein ganz anderer Pilz, zuerst dachte ich, ist halt ein älteres Exemplar, dazu aber ein eigener Thread ...
    Liebe Grüße, Jürgen

    • #7

    Hallo Jürgen,

    sorry, so langsam weiß ich nicht mehr, was du als "Champignon" (Agaricus spp.) bzw. "Träuschling" (Strophria spp.) bestimmt hast.

    - Ich versuche es deshalb mit einer Gegenüberstellung zweier deiner Funde und werde dann auf einige m.E. wichtige Bestimmungsmerkmale hinweisen, die in jedem mir bekannten Bestimmungsschlüssel (nicht notwendigerweise genau in dieser Reihenfolge) abgefragt werden.
    - Und ich möchte auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine sinnvolle und belastbare Pilzbestimmung immer "TopDown" (über höhere Ordnungseinheiten bis hinunter auf Gattungsebene abläuft.
    ---> In deinem Fall (beide Funde sind "in Hut, Lamellen und +-zentralen Stiel" gegliedert, kein Merkmal deutet auf die Ordnung "Russulales" ---> "Milchlinge, Täublinge" oder auf einen Lamellen ausbildenden an Holz wachsenden "Nichtblätterpilz" hin ) kann gleich bei den (Agaricales s.str. = Blätter-Lamellenpilze) einsteigen.

    Ein paar der Merkmale, die man in jedem mir bekannten Bestimmungsschlüssel bei Agaricales (Blätter-/Lamellenpilze) bewerten muss, sind:
    (1) Sporenpulverfarbe, (2) Lamellenansatz, (3) "Velum partiale" (Stielring) oder "Stielschleier", (4) "Velum universale" (Volva an Stielbasis und Hüllreste auf dem Hut), (5) Standortansprüche/Substrat.

    - Und genau diese und nur diese Merkmale werde ich jetzt für beide Gattungen gegenüberstellen und zeigen, warum man m.E. beide Gattungen bereits anhand einer Untermenge der genannten Merkmale eindeutig unterscheiden kann:

    (1) Sporenpulverfarbe
    - Kann man bei den Abbildungen anhand der Lamellenfarbe abschätzen. Bei der von mir gezeigten Farben handelt es sich um noch nicht vollständig ausgereifte Fruchtkörper. Das Endstadium entspricht in etwa den dunkelsten Stellen in den Lamellen.
    ---> Die gezeigte Zuordnung ist m.E. eindeutig und nicht vertauschbar.

    (2) Lamellenansatz
    - Auch hier ist die Zuordnung ("Agaricus" ---> völlig freie Lamellen; bei "Stropharia" ---> nicht frei) eindeutig und nicht vertauschbar.

    (3) Velum partiale
    - Ring/Ringreste am Stiel oder wenigstens Fetzen am Hutrand haben beide Gattungen
    ---> Für mich kein so konstantes/sicheres Merkmal, da der Ring (hier insbesondere bei "Stropharia) im Alter vergänglich sein kann und die Reste von einem Anfänger nur noch schwer zu erkennen sind.

    (4) "Velum universale"
    - Fehlt, wie man sehen kann, bei beiden Gattungen.

    (5) Standort
    - Passen, soweit ich das beurteilen kann. Bei einem Vertauschen hätte ich mit "Agaricus" auf Mulch allerdings ein Problem.
    ------------

    Nachtrag:
    - Ach ja, bevor ich es vergesse:
    ---> Diese kräftigen Mycelstränge an der Stielbasis von "Stropharia spp." würden mich bei "Agaricus spp." schon arg überraschen

    Grüße
    Gerd

    • #8

    Hallo,

    und da hast Du wieder Stropharia rugosoannulata gefunden. Solch helle Formen kommen auch bei mir vor.

    Viele Grüsse.

    • #9

    Sehr informativ, herzlichen Dank!

    • Offizieller Beitrag

    • #10

    Wirklich, unglaublich, was man hier alles lernt, auch wenn es an meinem Menschenverstand zweifeln lässt und ich immer mehr die Fülle dieses Themengebietes erahnen kann.
    Vielen Dank für deine ausführlichen Beiträge Gerd, ich bin begeistert von deinem Wissen.
    Liebe Grüße, Jürgen

    • #11

    Hallo Jürgen,


    Vielen Dank für deine ausführlichen Beiträge Gerd, ...

    - Ok, dann bleibt mir nur noch eine abschließende Beurteilung der in dieser Beitragsserie gezeigten Funde übrig:

    ---> Alles, was du auf Rindenmulch wachsend gezeigt hast, betrachte ich als "Riesenträuschling" (Stropharia rugosoannulatum), der wie von Willihund bereits erwähnt ein breites Spektrum an Hutfarben haben kann.

    - Als "Champignon = Egerling" (Agaricus spp.) kann ich nur die im ersten Beitrag nicht auf Rindenmulch wachsenden Funde ansehen. Allerdings würde ich fast darauf wetten, dass dies "Wiesenchampignon" (Agaricus campester) und keineswegs "irgendeine der nach Anis/Marzipan/Bittermandel" riechende, gilbende Art ist.

    Grüße
    Gerd

    • #12

    Ich habe im Westen von Graz eine Wiese gefunden auf der man im Herbst die besten Champignons finden kann...

    Meistens suche ich gleichzeitig auch Maroni...lecker!

    • #13


    Ich habe im Westen von Graz eine Wiese gefunden auf der man im Herbst die besten Champignons finden kann...

    - Hmm, ich tippe da auf "Agaricus macrosporum" (Großsporiger Anis-Egerling)

    • #14

    Habe ich ebenso bestimmt^^. Ich habe auch Exemplare gefunden, die einen größeren Hutdurchmesser hatten als so mancher Parasol... Sehr aromatisch im Geschmack, mitunter das Beste was ich im vergangenen Jahr gegessen habe.

Wie erkenne ich einen Wiesenchampignon?

Typische Merkmale des Wiesenchampignons.
junge Hüte weiß, geschlossen und kugelig..
ältere halbkugelig, cremefarben bis hellbraun..
teilweise mit bräunlichen Schuppen..
sehr alte Hüte geöffnet, fast flach..
bis zu zehn Zentimeter im Durchmesser..
Huthaut trocken und seidig..
leicht vom Fruchtfleisch abziehbar..

Wie sieht der falsche Wiesenchampignon aus?

Weiß, glatt mit weißem, hängendem, teils vergänglichem Ring. Basis auf Druck oder Schnitt +/- mit Gelbfärbung (zeitlich oft begrenzt). Teils auch leicht verdickte Stielbasis, jung voll, später hohl. Spitze ist leicht vom Hutfleisch abtrennbar.

Kann man Wiesenchampignons verwechseln?

Verwechslungsmöglichkeiten. Der Wiesen-Champignon ist in Österreich der am häufigsten verwechselte Speisepilz. Sehr selten kommt es zu gefährlichen Verwechslungen mit tödlich giftigen Knollenblätterpilz-Arten.

Welche Wiesenchampignons sind essbar?

Verwechslung.
Essbar: Braunschuppiger Wiesenchampignon, Agaricus floccipes..
Essbar: Frühlingschampignon, Agaricus altipes..
Essbar: Schafchampignon, Agaricus arvensis..
Essbar: Riesenchampignon, Agaricus urinascens..
Giftig: Karbolchampignon, Agaricus xanthodermus..
Giftig: Weißer Knollenblätterpilz, Amanita phalloides var..