Wie viel Zeit sollen Eltern mit ihren Kindern verbringen? Eine aktuelle Studie zeigt, dass viel auch viel hilft – zumindest bei Müttern. Allerdings profitieren nicht alle Geschwister in gleichem Maße. Show
Anzeige Comment 0 Kommentare Facebook Twitter Whatsapp Anzeige Je mehr Zeit eine Mutter mit ihrem Kind im Alter zwischen drei und sieben Jahren verbringt, desto stärker werden die kognitiven und sozialen Fähigkeiten des Kindes ausgeprägt. Das ist das Ergebnis einer Studie von Forschern der University of Essex und des University College London, die jetzt im „Economic Journal“ veröffentlicht wurde. Anzeige Zu den kognitiven Fähigkeiten zählen Denken, Wahrnehmung, das Problemlösen, Sprache und Gedächtnis. Darüber hinaus hat die Untersuchung festgestellt, dass erstgeborene Kinder stärker von der Zeit profitieren, die ihre Mutter mit ihnen verbringt als Geschwister, die später geboren werden. Die Forscher haben die Daten von mehr als 8000 Kindern und ihren Müttern in Großbritannien analysiert. Dabei stellten sie einen großen positiven Effekt der Mütterzeit auf die Entwicklung der Kinder fest. Besonders groß ist der Effekt, wenn die Mutter einen Universitätsabschluss hat. Eine größere zeitliche Zuwendung im frühen Kindesalter durch nichtakademische Mütter kann diesen Effekt aber um bis zu 40 Prozent ausgleichen. Ausbildung spielt größere RolleAnzeige Dennoch spielt die Ausbildung der Mutter der Studie zufolge eine große Rolle in der Entwicklung der Kinder, vor allem bei Erstgeborenen. So führt bei Müttern, die eine bessere Schulausbildung genossen haben, die pädagogische Förderung ihrer Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren zu besseren Ausdrucksfähigkeiten im Alter von sieben Jahren. Advertorial Vermögen sichern Anmeldung zur Aktion „Sicher durch die Krise“ Später geborene Geschwister profitieren bei ähnlicher Zuwendung allerdings weniger. Was die Studie auch feststellte: Je weiter sich die Kinder entwickeln, desto weniger Zeit verbringen die Mütter mit ihren Kindern. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Zeit, die Mütter mit ihren Kindern verbringen, einen messbaren Einfluss auf die frühkindliche Entwicklung hat“, sagte Marco Francesconi, Professor an der University of Essex und Mitautor der Studie. Zeit mit den Liebsten ist meist MangelwareFamilien müssen meist sehr gut organisiert sein, um alle Termine bewältigen zu können. Viel freie Zeit bliebt dabei nicht übrig. Immer noch lassen sich Beruf und Familie nicht so leicht vereinbaren. "Ich habe mir manchmal Freundschaften gesucht zu Menschen, die eine gewisse Ähnlichkeit haben zu meiner Mutter. Und bei denen ich mich unglaublich angestrengt habe und so um ihre Liebe gebuhlt habe und gekämpft habe und wirklich alles aufgewandt habe." Familienbeziehungen sind ambivalentEs ist ein ständiges Ringen um Liebe, um Anerkennung. Fragt man aber Soziologen oder Soziologinnen nach dem Verhältnis von Müttern und Töchtern, bekommt man die Antwort: "Alles im grünen Bereich, und zwar egal, wo man hinschaut." Diese Beziehung sei seit langer Zeit gleichbleibend gut, das heißt eng. In einer aktuellen Studie mit dem Namen "pairfam" untersuchen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Familien- und andere enge Beziehungen. Wie häufig sehen sich Eltern und Kinder? Wie weit leben sie voneinander entfernt? Helfen sie sich finanziell oder in der Pflege? Haben sie ähnliche Ansichten? Und fühlen sie sich an ihre Familie gebunden, sind sie solidarisch? "Der durchaus positiv konnotierte Solidaritätsbegriff sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade die besondere Enge familiärer Beziehungen auch spezifische Konfliktpotenziale in sich birgt: Freunde kann man sich aussuchen, die Eltern aber nicht. Daher werden die Generationenbeziehungen innerhalb von Familien häufig auch als ambivalent bezeichnet." "Das ist natürlich jetzt eine Glatteisfrage""Ich frag mal so, was findest du denn, was haben wir denn für eine Beziehung? Haben wir eine harmonische Mutter-Tochter-Beziehung? Oder kracht es? Wie würdest du sagen?" "Dadurch, dass wir uns jetzt noch so nah sind, ist dieses Nahe. Und das gerade auch körperlich Nahe. Es ist eigentlich ein Geräusch. Dieses Tröstliche, das mache ich tatsächlich auch selber. Wenn ich kann das nicht so gut nachmachen. Das ist so ein Geräusch, was so etwas Beruhigendes hat. So ein beruhigendes Brummen." Die Mutter-Kind-Beziehung in den ersten Jahren ist wichtig für unser ganzes Leben, sagt Silia Wiebe.© Getty Images / Digital Vision / Oliver Rossi Früher Körperkontakt ist prägend"Gerade die ganz frühen Erfahrungen in den ersten Monaten und in den ersten Lebensjahren, die sind bei Mutter-Tochter-Beziehungen prägend fürs ganze Leben." Das heißt, wenn die Mutter beispielsweise mit ganz vielen persönlichen Problemen beschäftigt war, also berufliche Probleme, Beziehungsprobleme, finanzielle Probleme, Ängste hatte, die überhaupt nichts mit dem Kind zu tun hatten, dann versteht das Kind aber nicht: Oh je, Mama ist gerade mit Tausend anderen Dingen beschäftigt und kann sich gar nicht richtig um mich kümmern, sondern das Kind empfindet: Mit mir stimmt was nicht. Meine Mutter wendet sich mir nicht zu. Sie lächelt mich nicht an. Sie ist gestresst, sie ist abwesend, sie ist wenig fürsorglich, und das Kind schließt daraus: 'Ich bin nicht okay.' und deshalb ist die Mutter-Kind-Beziehung in den ersten Jahren so wichtig für unser ganzes Leben." Jeder Mensch hat das Bedürfnis nach engen BeziehungenDer englische Kinderpsychiater und Psychoanalytiker John Bowlby hat die Bindungstheorie in den 50er-Jahren entwickelt. Demnach haben alle Menschen ein angeborenes Bedürfnis, eine enge, vertrauens- und gefühlvolle Beziehung zu anderen Menschen aufzubauen. Sein Buch "Mutterliebe und kindliche Entwicklung" beginnt Bowlby mit der Feststellung, wie wichtig es sei... Frauen können es eigentlich nie richtig machen"Meine Überzeugung ist ja nun, dass diese Vorwürfe, die so ähnlich immer wieder klingen, aus einem Bild der Mutter kommen. Was unsere Gesellschaft trägt." "Muttersein" ist emotional enorm aufgeladen. Die französische Philosophin Elisabeth Badinter hat in ihrem Buch die Geschichte der "Mutterliebe" untersucht. Und sie zeigt: Die Bedeutung von Mutterschaft hat sich über die Jahrhunderte stark verändert. Sie leitet das von der Bedeutung ab, die Kinder für die Gesellschaft haben. Noch im 17. Jahrhundert sind Kinder nicht mehr wert als Tiere. "Die Frau ist in der Mutterrolle eingesperrt und kann sich ihr nur bei Strafe moralischer Verurteilung entziehen", so die Philosophin Elisabeth Badinter.© picture alliance / dpa / MAXPPP Das konservative Mutterbild herrscht bis heute vorIst Mutterliebe also eine Erfindung der männerdominierten bürgerlichen Gesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts? Klar ist nur, dieses Bild wirkt bis heute nach. In Form der einfühlsamen Vollzeitmutter, die sich einzig um das körperliche und seelische Wohlergehen ihres Kindes sorgt. Die andere Mutter, die gut ausgebildet ist, die einen Beruf hat und so auch für den Unterhalt der Familie sorgt, muss sich trotz aller weiblicher Selbstbestimmung, immer noch fragen lassen: Und wie geht es deinen Kindern damit? Tatsächlich mache auch ich meiner Mutter Vorwürfe. Dass sie zu wenig da war. Wenn ich von der Schule nach Hause kam, war ich oft allein. Gemeinsames Mittagessen war die Ausnahme, ein geschmiertes Brot oder eine Tiefkühlpizza die Regel. Das blieb auch, als ich längst erwachsen war ein Thema: Immer wieder gab es Streit, wenn ich meine Eltern besucht habe und nach sechs Stunden Fahrt – von Berlin nach München – niemand zu Hause war, um mich zu empfangen, und der Kühlschrank leer. Aber warum sollte dafür allein meine Mutter dafür zuständig sein? Und: Warum kränkt mich das so tief? "Ich habe immer wieder starke Konflikte mit meiner Mutter"Um dem nachzugehen, besuche ich Sarah Trentzsch in ihrer Praxis in Berlin-Kreuzberg. Die Sozialpsychologin hat sich auf Mutter-Tochter-Beziehungen spezialisiert – dabei ist ihr der feministische Blick wichtig. Auch mal die Perspektive wechselnIch soll also meine Mutter verstehen? Da regt sich sofort Widerstand in mir. Sie soll doch mich sehen, ich bin ihre Tochter. Wer seiner Mutter Vorwürfe macht, bleibt in der KinderrolleGenau darum geht es in den Mutter-Tochter-Seminaren von Marianne Krüll, die Mutter auf Augenhöhe zu betrachten. Wer seiner Mutter Vorwürfe macht, bleibt in der Kinderrolle, sagt die Soziologin. Als wir klein waren, als wir abhängig waren von der Mutter, als sie da war, oder eben nicht da war. Grimmig oder gut gelaunt, zärtlich oder zurückweisend. Und dieses frühe Bild der Mutter, das haben wir in uns gespeichert. Also steige auch ich in die Geschichte meiner Mutter ein: Mein Name ist Anna Riedhammer, ich wurde als ältestes von fünf Kindern in der Oberpfalz, in Bayern, geboren. Meine Mutter wollte mich unbedingt. Ich sollte ihre Gefährtin sein, war oft an ihrer Seite und half im Haushalt. Vier Geschwister habe ich, das war eine Menge Arbeit. Sobald ich erwachsen war, ging ich weg, suchte mir einen Freund, verdiente eigenes Geld, wurde Beamtin und dann schwanger. Mit Julia. Meinem einzigen Kind. Auch die eigene Mutter war mal eine Tochter. Diesen Blick anzunehmen, könne auch in der späteren Beziehung zueinander helfen.© Getty Images / Digital Vision / Thomas Tolstrup "Wir funktionieren, wenn wir müssen""Ist das was, was Du bedauerst? Dass vor lauter Kind und Aufgaben dein Vergnügen irgendwie auf der Strecke geblieben ist?" "Es ist einfach eine Veränderung. Das Bild der Mutter in mir verändert sich. Ich sag eben: So hätte ich es wahrscheinlich auch gemacht. Es ist kein Vorwurf mehr, darüber zu machen. Und wie ich jetzt mit ihr umgehe, das ist auch erstaunlich immer, erzählen die Frauen dann hinterher. Sie wollten endlich mal mit der Mutter reden, danach, nach so einem Seminar sagen wir mal, und als sie vor ihrer Tür standen, mit der Mutter dann auf einmal zusammen waren, war die Mutter eine ganz andere, auf einmal hat sie sie umarmt oder sogar selber angesprochen. Also die Veränderung, wenn ich mich verändere in mir, die ist enorm in der Beziehung, das weiß man ja aus anderen Beziehungen auch." "Ich selbst darf eben als Tochter nicht darauf warten, dass die Mutter nun endlich das macht, was ich gerne möchte", sagt Marianne Krüll.© picture alliance / dpa / Frank May Jeder Mensch hat drei MütterIch habe viel nachgedacht über das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Und eigentlich finde ich, jeder Mensch hat drei Mütter. Einmal die Mutter, die den gesellschaftlichen Vorstellungen von dem entspricht, was eine Mutter sein soll. Warm, zugewandt, ein bisschen selbstlos. "Es geht eben darum, ein halb leeres Glas, was wir immer nur gesehen haben, in ein halb volles, das ist ja das gleiche, umzuwandeln und eine Perspektive zu sehen, die nicht nur Mutter, Fehler vorwirft, sondern sagt: Sie hat es so gemacht. Sie war die beste Mutter, die sie sein konnte. So ist es. Und ich bin auch die beste Tochter, die ich mit dieser Mutter sein kann. Das verschränkt sich dann. Dass wir auf die Seiten, die Fehler sind, eben anders gucken und sie nicht als Mensch wahrnehmen." Auch die Beziehung der Mutter zu ihrer Mutter ist wichtig"Ich muss meiner Mutter nicht verzeihen. Das ist ja so, meine Mutter hat nichts falsch gemacht, weil sie hat es einfach so gemacht, wie sie es gemacht hat. Sie hat ihre Gründe. Manche weiß ich, manche weiß ich nicht. Das ändert sich aber für mich eigentlich nicht. Sie hat es halt einfach gemacht, und ich kann auch in unserer vielleicht weiteren Familiengeschichte sehen, wie ihr Kontakt zu meiner Oma war. Ja, zu Ihrer Mutter sind auch viele Parallelen. Das sind Dinge, die sich irgendwie weitertragen, und das kann ich ihr schwer sagen. "Wenn du mich fragst, was ich mir wünsche. Dass du nett bist mit mir und mir manchmal Sachen verzeihst. Wenn ich zu nah an den Elektrozaun komme oder ich dir mal – jetzt sage ich es zum Schluss, das klingt wie ein Schlusswort der Einmaligkeit, dessen bewusst sein. Und das muss man auch immer denken. Mutter ist Mutter. Ja? Aber Mutter ist auch nur ein Mensch. Mutter ist auch nur ein Mensch, der zu einer bestimmten Zeit ein Kind auf die Welt gebracht hat. Aber ansonsten ist Mutter einfach nur ein Mensch. Das ist das, was ich sagen möchte." Was bewirkt fehlende Mutterliebe?Ohne die bedingungslose Liebe des Elternhauses kann das menschliche Urvertrauen tief gestört werden. Als Folge kann es zu fehlendem Selbstbewusstsein, Angststörungen und mangelnder emotionaler Kontrolle kommen.
Wie sehr braucht ein Kind seine Mutter?Ich denke, Kinder brauchen vor allem eine zuverlässige und liebevolle Bezugsperson, auf die sie sich verlassen können. So können sie ihr Vertrauen in die Welt aufbauen, denn sie wissen, dass da Jemand ist, der für sie da ist und sich kümmert.
Wie wichtig ist die Mutter für die Tochter?Die Mutter-Tochter Beziehung im Wandel des Lebens
Auch direkt nach der Geburt bleibt die Mutter für ihr Kind eine enge Bezugsperson, die essenzielle Bedürfnisse erfüllt und Nähe spendet. (Hier ist das Bonding sehr wichtig.) Wird die Tochter etwas älter, bleibt Mama weiterhin die wichtigste Ansprechpartnerin.
Wie wichtig ist die Mutter für den Sohn?Mütter spielen im Leben ihrer Kinder bedeutende Rollen. Nicht nur bringen sie sie zur Welt, sondern tragen auch Monate und Jahre später große Verantwortung für das Wohlergehen ihrer Söhne und Töchter. Zusätzlich zur körperlichen Versorgung ist auch die Förderung sozialer und emotionaler Entwicklung wichtig.
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