Wenn kinder für die pflege der eltern zahlen

Den meisten Deutschen ist nicht bewusst, dass sie für die Pflege ihrer direkten Angehörigen zahlen müssen, wenn deren Einkommen und Vermögen nicht ausreicht. Der Staat springt erst danach ein. FOCUS Online erklärt, wer was wann zahlen muss. 

Wer muss für wen in der Pflege Unterhalt zahlen? 

Die Unterhaltspflicht gilt in direkter Linie. Also müssen Kinder für ihre Eltern und Eltern für ihre Kinder zahlen. Außerdem müssen Lebenspartner füreinander Unterhalt leisten – auch wenn sie nicht verheiratet sind. Geschwister und noch weiter entfernte Verwandte werden hingegen nicht belangt. Auch Schwiegerkinder müssen keinen direkten Unterhalt für die Eltern ihrer Partner zahlen – ihr Einkommen kann allerdings dem Haushaltseinkommen zugerechnet werden. In dem Fall würden sie nicht immer aus der Unterhaltspflicht entlassen. 

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Wie viel Geld kann der Staat für die Pflege von Angehörigen verlangen?  

Die gute Nachricht vorweg: Beim Elternunterhalt gab es vor zwei Jahren eine positive Änderung. Ihn müssen nur noch Kinder leisten, die mindestens 100.000 Euro im Jahr brutto verdienen.  Dann kann allerdings auch bestehendes Vermögen für den Unterhalt herangezogen werden – und das ab einem Schonvermögen von 5000 Euro bei Singles oder 10.000 Euro bei Partnern.  Auch eine selbstgenutzte Immobilie zählt zum Schonvermögen und muss nicht verkauft werden.  

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Für Ehegatten und Lebenspartner gilt die neue Untergrenze des Jahreseinkommens bei 100.000 Euro nicht. Sie haben unabhängig vom Einkommen nur einen Selbstbehalt, der allerdings nicht genau festgelegt ist. Gerichte haben in der Vergangenheit anerkannt, dass hier eine Regelung fehlt. Die Urteile unterscheiden sich aber deutlich in der zumutbaren Höhe des Unterhalts und des Selbstbehalts. Insgesamt ist Ehepartnern und Lebenspartner also ein deutlich höherer Unterhalt zuzumuten – und sie können nicht wissen, was genau auf sie zu kommt.  

Was müssen Unterhaltspflichtige tun? 

Wer unterhaltspflichtig ist, muss dem Sozialamt seine Finanzen offenlegen. Ein Kontaktabbruch oder eine schwierige Kindheit sind keine Entschuldigung, die vor Gericht berücksichtigt wird. Nur wer Missbrauch oder Gewalt erfahren hat, kann vor Gericht eine Ausnahme erwirken. Jeder, der eine erste Zahlungsaufforderung bekommt, sollte diese genau prüfen und bei Fragen auf einen Anwalt oder die Verbraucherzentralen zugehen. 

Es gibt übrigens auch die Möglichkeit für den Fall der Fälle vorzusorgen, zum Beispiel mit einer privaten Pflegeversicherung. Die bringt aber nur etwas, wenn der Pflegebedürftige sie abgeschlossen hat – nicht der Angehörige. 

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Beim Elternunterhalt handelt es sich um eine Form des Verwandtenunterhalts, der aufgrund des demografischen Wandels in Deutschland und der damit einhergehenden Änderungen in der Gesellschaft die Lebensgrundlage für ältere pflegebedürftige Menschen sichern soll.

Der Grundstein für die Unterhaltszahlung gegenüber Eltern wurde vom Bundesgerichtshof am 23.10.2002 mit der Entscheidung XII ZR 266/99 gelegt. Die Rechtsgrundlage bildet vor allem § 1601 und § 1602 Abs. 1 BGB.

Wenn kinder für die pflege der eltern zahlen

Inhaltsverzeichnis

  • Angehörigen-Entlastungsgesetz
  • Warum soll ich Elternunterhalt zahlen?
  • Unter welchen Voraussetzungen haben Eltern Anspruch auf Unterhalt?
  • Für wen besteht Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern?
  • Wie lange muss Elternunterhalt geleistet werden?
  • Wie ist die Rangfolge im Unterhalt?
  • Wie läuft das Verfahren ab?
  • Wie werden Einkünfte und Vermögen angerechnet?
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
  • Wie hoch ist der Selbstbehalt beim Elternunterhalt?
  • Was gilt als Schonvermögen?
  • Anteilige Geschwisterhaftung
  • Muss Unterhalt für Schwiegereltern geleistet werden?
  • Erbschaft & Schenkung
  • Kann man Elternunterhalt steuerlich absetzen?
  • Wie kann ich Elternunterhalt umgehen?
  • Muss Elternunterhalt auch im Ausland geleistet werden?
  • Das Wichtigste in Kürze zusammengafasst

Angehörigen-Entlastungsgesetz

Seit dem 01.01.2020 gilt das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz).

Dieses regelt den Elternunterhalt seitdem neu, wodurch viele Angehörige Pflegebedürftiger im Vergleich zu vorher finanziell entlastet werden.

Einkommensgrenze bei 100.000 Euro

Das Angehörigen-Entlastungsgesetz legt die Einkommensgrenze bei einem Einkommen in Höhe von 100.000 Euro Brutto fest. Beträgt das Jahreseinkommen des Kindes weniger als dieser Grenzbetrag, ist es von der Zahlungspflicht gegenüber den Eltern befreit.

Was zählt als Einkommen?

Als Einkommen wird das gesamte Jahresbruttoeinkommen gezählt. Dazu zählen auch sonstige Einnahmen wie aus Vermietung, Verpachtung oder Wertpapierhandel.

Warum soll ich Elternunterhalt zahlen?

Eine steigende Lebenserwartung erhöht die Anzahl der Menschen mit Pflegebedürftigkeit. Die Deutschen werden immer älter.

In den nächsten zehn Jahren steigt die Zahl der Pflegebedürftigen laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden in Deutschland auf knapp 3,5 Millionen an, was einen Anstieg von rund 35 Prozent bedeuten würde.

Lücke zwischen Bedarf und Pflege

Weniger Menschen zahlen wegen stetigem Geburtenrückgang in die Sozialsysteme ein, weshalb eine Lücke zwischen Bedarf an Pflegegeld und der Leistungsfähigkeit der Pflegeversicherungen entsteht.

Unbezahlbare Vollpflege – Elternunterhalt als letztes Mittel

Die Pflegeversicherung kann eine Vollpflege oft nicht komplett abdecken. Aus den genannten Gründen müssen immer mehr Menschen mit unzureichender Rente und nicht ausreichender Pflegeversicherung Grundsicherung beantragen.

Sozialamt

Können Rente, Pflegeversicherung, Grundsicherung und sonstige Einkommen die Pflegekosten nicht abdecken, kommt das Sozialamt zum Einsatz und zahlt zunächst den nicht gedeckten Bedarf. Die vom Sozialamt gezahlten Kosten können vom Unterhaltsverpflichteten als Elternunterhalt zurückgefordert werden. Der zuständige Träger wird in diesem Fall Auskunft über Einkünfte und Vermögen der Kinder anfordern, um die Höhe des Unterhalts zu ermitteln.

Hinweis: Die eigenen Kinder sind sowohl über Einkünfte als auch über Vermögen gegenüber ihren Eltern unterhaltspflichtig.

Unter welchen Voraussetzungen haben Eltern Anspruch auf Unterhalt?

Damit ein bedürftiger Elternteil tatsächlich Anspruch auf Unterhaltszahlungen geltend machen kann, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Ausschlaggebend ist unter anderem der Grad der Bedürftigkeit des Elternteils, sowie die Leistungsfähigkeit der unterhaltspflichtigen Kinder.

Für wen besteht Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern?

Wer muss Unterhalt an Eltern zahlen? Leibliche Kinder, Adoptivkinder und enterbte Kinder können situationsabhängig in die Unterhaltspflicht geraten. Ebenso verhält es sich mit Kindern im Rentenalter.

Wie lange muss Elternunterhalt geleistet werden?

Die Unterhaltspflicht gegenüber den eigenen Kindern endet meist mit Volljährigkeit des Kindes bzw. Abschluss einer Berufsausbildung. Elternunterhalt muss hingegen gezahlt werden, so lange der betroffene Elternteil bedürftig ist – meist bis zu seinem Lebensende.

Zudem kann der Anspruch auf Elternunterhalt verjähren, wenn der Unterhaltsanspruch bzw. Unterhaltsrückstand vom Unterhaltsberechtigten nicht geltend gemacht wird.

Weitere Informationen: Dauer, Verwirkung und Verjährung

Wie ist die Rangfolge im Unterhalt?

Bedürftige Eltern befinden sich meist schon im Rentenalter. Ihre erwachsenen Kinder haben bereits selbst Familien gegründet. Konkurrierende Unterhaltsansprüche können jedoch ausgeschlossen werden: Denn die gesetzliche Rangfolge für Unterhaltsverpflichtungen schreibt vor, wer Priorität bezüglich Unterhaltszahlungen genießt.

Weitere Informationen: Rangfolge

Wie läuft das Verfahren ab?

Elternunterhalt ist keine Leistung, die etwa beim Sozialamt beantragt werden kann. Vielmehr ist es eine vom Sozialamt berechnete Leistung, die ein Kind einem Elternteil monatlich zukommen lässt.

Der Weg von Bedürftigkeitsprüfung zur Zahlung vom Elternunterhalt kann im Zweifelsfall jedoch auch über die Gerichte laufen.

Wie werden Einkünfte und Vermögen angerechnet?

Wie viel Elternunterhalt einem Elternteil zusteht ist von seiner persönlichen Lebensstellung, verfügbaren Einkünften und Vermögen abhängig.

Unter anderem werden Renten, Pensionen und Kapitalvermögen auf den individuellen Bedarf angerechnet.

Als Grundlage für die Berechnung des Elternunterhaltes dient das bereinigte Nettoeinkommen. Davon werden Schonvermögen, Selbstbehalt und sonstige Freibeträge abgezogen.

Weitere Informationen: Elternunterhalt berechnen

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Wussten Sie, dass der Anspruch auf Grundsicherung gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines Elternteils vorrangig ist? In der Regel wird Grundsicherung beim örtlichen Sozialhilfeträger beantragt.

Mehr zur Grundsicherung im Alter auf HartzIV.org

Wie hoch ist der Selbstbehalt beim Elternunterhalt?

Dem Unterhaltspflichtigen wird per Gesetz ein festgeschriebener Betrag an Selbstbehalt zugesprochen, welcher je nach Familienstand variiert. Der Selbstbehalt ist Unterhaltsansprüchen gegenüber unantastbar.

Weitere Informationen: Selbstbehalt

Was gilt als Schonvermögen?

Wohneigentum, Altersvorsorge und private Rücklagen bleiben in einem gewissen Maße bei der Berechnung von Elternunterhalt unberücksichtigt bzw. „verschont“.

Weitere Informationen: Schonvermögen

Anteilige Geschwisterhaftung

Hat ein bedürftiger Elternteil mehrere Kinder, so haften alle Kinder anteilig – sofern diese leistungsfähig sind. Für die Berechnung der anteiligen Haftung ist per Gesetz eine Haftungsquote festgesetzt.

Weitere Informationen: Anteilige Geschwisterhaftung

Muss Unterhalt für Schwiegereltern geleistet werden?

Bis Ende 2019 wurde das Einkommen der Ehepartner im Rahmen des Familieneinkommens berücksichtigt und so mussten Schwiegerkinder indirekt Elternunterhalt für den Schwiegervater oder die Schwiegermutter zahlen.

Seit dem 01.01.2020 gilt diese Regelung jedoch nicht mehr und nur Verwandte in gerader Linie können für den Elternunterhalt herangezogen werden. Weder Schwiegersohn noch Schwiegertochter zählen als Verwandte, somit muss auch kein Unterhalt für die Schwiegereltern geleistet werden. Es zählt allein das Einkommen der eignen Kinder, nicht deren Partner.

Erbschaft & Schenkung

Wird ein Elternteil unerwartet bedürftig, können Schenkungen der Eltern an das unterhaltspflichtige Kind, die vor weniger als 10 Jahren getätigt wurden, vom Sozialamt zur Deckung der Kosten in einigen Fällen eingefordert werden. Ähnlich verhält es sich mit Erbe.

Weitere Informationen: Erbschaft und Schenkung

Kann man Elternunterhalt steuerlich absetzen?

Unter bestimmten Bedingungen kann der Unterhaltspflichtige Ausgaben für Elternunterhalt steuerlich als außergewöhnliche Belastung absetzten. Darin enthalten sind Pflege- und Betreuungsleistungen von Heimen oder Pflegediensten.

Weitere Informationen: Steuerliche Absetzbarkeit

Wie kann ich Elternunterhalt umgehen?

In Ausnahmefällen können Sie die Zahlung von Elternunterhalt umgehen. Bei Härtefall kann Widerspruch eingelegt werden.

Solche Härtefälle bestehen zum Beispiel bei selbst verschuldeter Armut, vorheriger Vernachlässigung des Kindesunterhalts oder früherem Kindesmissbrauch.

Weitere Informationen: Widerspruch einlegen – Unbillige Härte

Muss Elternunterhalt auch im Ausland geleistet werden?

Für die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen ist es irrelevant, ob Elternteil oder Kind seinen dauerhaften Wohnsitz ins Ausland verlagert hat.

In der Unterhaltsangelegenheit gilt das deutsche Unterhaltsrecht, sofern die Beteiligten die deutsche Staatsbürgerschaft haben.

Das Wichtigste in Kürze zusammengafasst

Wann muss ich Elternunterhalt zahlen?

Nach Angehörigenentlastungsgesetz können Kinder nur dann zur Zahlung von Elternunterhalt herangezogen werden, wenn ihr Einkommen mehr als 100.000 Euro im Jahr beträgt. Darüber hinaus steht Unterhaltspflichtigen ein Selbstbehalt von 2.000 Euro monatlich für Alleinstehende und 3.600 Euro für Ehepaare zu.

Wird Vermögen beim Elternunterhalt berücksichtigt?

Bis auf den Schonbetrag wird das Vermögen berücksichtigt. Das Schonvermögen beträgt 5.000 € Barvermögen (10.000 € für Ehepaare). Hinzu kommen Vermögenswerte wie angemessenes Wohneigentum, angemessene Altersvorsorge, Aufwendungen für Berufsausbildung und weitere.

Wer muss Elternunterhalt zahlen?

Leibliche und adoptierte Kinder können nur mit einem Einkommen von über 100.000 Euro jährlich zur Unterhaltszahlung verpflichtet sein. Stief- und Pflegekinder sind nicht zahlungspflichtig. Der Elternunterhalt kann umgangen werden, wenn eine Zahlung aufgrund unbilliger Härte nicht zumutbar ist, bspw. bei Spiel- oder Alkoholsucht des Elternteils.

Wer übernimmt Pflegekosten der Eltern?

Wer zahlt, wenn die Eltern gepflegt werden müssen? Zunächst übernimmt das Sozialamt die Kosten. Aber dann wendet es sich an die Kinder – denn sie sind zum so genannten Elternunterhalt verpflichtet.

Wie kann ich mein Geld vor dem Sozialamt verstecken?

Etwa indem du dich frühzeitig um Schenkungen kümmerst. Wichtig ist, dass eine Schenkung bereits eine sehr lange Zeit zurückliegt, also mindestens zehn Jahre. Dann hat auch das Sozialamt keinen Zugriff mehr drauf. Das gilt übrigens auch für die eigene Immobilie.