Korn das in die erde in den tod versinkt

Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt

Kleines Geistliches Konzert für Mezzosopran, Violine und Orgel

In einem Vorspiel und drei Sätzen wird das Lied mit dem von Jürgen Henkys stammenden Text von Johanna Asmussen vertont. Dabei werden die verschiedenen textlichen Aussagen musikalisch vielfältig umgesetzt. Durch die Besetzung mit Violine und Singstimme wird der Satz im Diskant sehr reich, gerade im Schlusssatz korrespondieren die beiden Stimmen ergänzend miteinander in einem belebten Satz. Dabei sind die technischen Anforderungen nicht hoch.


7 Seiten


Kurt Rommel

18.03.2007 in Merklingen


Liebe Gemeinde,

Es hei�t , dass die drei wichtigsten B�cher eines evangelischen Christen die Bibel, das Gesangbuch und der Katechismus (Konfirmandenbuch) seien.
So ist es sinnvoll, auch einmal �ber ein Lied zu predigen. Wenn wir ein Lied uns genauer betrachten, dann wird uns bewusster was wir singen.
Bonhoeffer sagte einmal - und ich bin dieser Meinung aber nicht - :Die Bibel sei f�r die Theologen, das Gesangbuch f�r die Gemeinde. Denn die Lieder sind durchgedachte, �berlegte, ausgelegte, bew�hrte, erkl�rte, verstehbare Bibeltexte. Darum sch�tzte er das Gesangbuch so hoch ein. Die Bibel allein in den H�nden der Laien kann dazu f�hren, dass Sekten entstehen, weil einzelne Leute Bibelstellen absolut setzen und eine eigene Gemeinde daraus machen. Das sind Sekten, die vom Gro�en Abgeschnittenen (von lateinisch secare) oder die einer Sondermeinung bzw. einem Sonderling nachfolgen (von lateinisch sequi).
So nehmen wir also heute das Wochenlied zur Predigt.

�kumenische und internationale Lieder im Gesangbuch
Das neue Gesangbuch �bernimmt erstmals bewusst auch Lieder aus Kirchen im Ausland. Das neue Gesangbuch ist �kumenisch und international. Europa ist gewisserma�en vorweggenommen.

Zun�chst die �kumene
Katholische Liederdichter sind auch bei uns vertreten: Der Redakteur und Schriftsteller Georg Thurmair-Mumelter und der katholische Pater Diethard Zils. Zwei von ihnen kenne ich von Liedertagungen her pers�nlich.

Internationale Lieder finden sich im Gesangbuch auch. Nicht nur das �sterreichische �Stille Nacht� oder das Italienische �O du Fr�hliche�, sondern auch Lieder z.B. aus England, Frankreich, Ungarn, Polen, Holland sind vertreten.

Diese Lieder w�ren nicht im Gesangbuch, wenn sich nicht Leute daran gemacht h�tten, und Lieder im Ausland gesucht, gefunden und dann �bersetzt h�tten.
Einer von den Lied�bersetzern war mein - leider schon verstorbener - Freund Dieter Trautwein, z.B. das Lied 96 (�Du sch�ner Lebensbaum des Paradieses�) oder 54 (�Weil Gott in tiefster Nacht erschien�).
Vor allem ist hier aber wieder J�rgen Henkys zu nennen, von dem zw�lf Lider in unserem Gesangbuch stehen.

So sind auch umgekehrt wieder viele deutsche Lieder in ausl�ndischen Gesangb�chern zu finden Es besteht ein reger Austausch. Z.B. sind viele meiner eigenen Lieder in 13 L�ndern verbreitet: �sterreich, Luxemburg, Schweden, Finnland, Holland, Norwegen, Polen, Brasilien, Frankreich, USA, D�nemark, Schweiz und S�dafrika.

Wer ist nun J�rgen Henkys der �bersetzer unseres Liedes?
Er wurde 1929 in Ostpreu�en geboren, wurde 1956 Pfarrer in Brandenburg, dann 1965 Dozent am Sprachenkonvikt der evangelischen Kirch Berlin Ost zur Zeit der DDR. Und schlie�lich war er 1991-1995 Professor f�r praktische Theologie an der Humboldt Universit�t in Berlin.
Er nahm sich besonders ausl�ndische Lieder an, die er ins Deutsche �bertrug, und schuf neue Texte zu alten und zu neuen Melodien. Bei seinem Suchen entdeckte er eine franz�sische Weihnachtsmelodie, die mit einem englischen Passions- und Ostertext versehen war. Das war unser Lied.
Er sagte w�rtlich: !In Gesangbuchsachen ist Geben durchaus nicht seliger als Nehmen. Das eigene Liedcharisma droht zu verarmen, wenn das Liedcharisma der anderen nicht gekannt ins Spiel gebracht wird.�

Zu unserem Lied
Er �bersetzte nun den Liedtext des englischen Dichters John Maclead Campbell Crum aus dem Jahr 1928, der unter unseren Noten stand: �Now the green blade rises�, d.h. �jetzt w�chst der gr�ne Halm auf�. 1976 �bertrug Henkys diesen Taxt ins Deutsche und lie� ihn von einer Kommission �Internationale Arbeitsgemeinschaft f�r Hymnologie� pr�fen.
Der Text wurde angenommen. Seitdem macht das Lied seine Runde in evangelischen und katholischen Gesangb�chern
Die Melodie kommt aus Frankreich, aus dem 15. Jahrhundert, also vor Luther und ist eigentlich eine Melodie zu einem Christfestlied.
Diese alte Melodie gefiel den Leuten in England und wurde mit einem anderen Text versehen. Wir h�ren die Melodie noch einmal einstimmig. Es ist ein Lied das zwischen Passion und Ostern liegt und beide Feste verbindet.
Ein Zeichen daf�r das beides zusammengeh�rt und nicht zu trennen ist. Erst seit Ostern war, wissen wir was Karfreitag ist. Erst seit Ostern war, feiern wir Karfreitag.
Ostern ist das �lteste Fest der Christen, nicht Karfreitag, nicht Christtag. Die Christen haben zuallererst Ostern gefeiert, das fest des Lebens mit Gott. So steht unser Lied als Verbindungsglied zwischen den Gesangbuchrubriken Passion und Ostern, und leitet �ber zu Ostern.

Wenn wir die anderen Passionslieder mit unserem Lied vergleichen, dann f�llt uns ein neuer Ton auf. �hnlich sind noch die Lieder 96 von Dieter Trautwein und 97 wieder von J�rgen Henkys. Das h�ngt zusammen mit den beiden Bibeltexten, die in dem Lied verarbeitet sind: Johannes 12 und Matth�us 13. Die beiden Texte habe ich am Anfang gelesen. In beiden Texten ist die Natur, die Sch�pfung Bild f�r das geistliche Geschehen. Das ist der neue Ton.
Obwohl wir sagen, dass das Geistliche etwas anderes sei als das Nat�rliche, wird es doch verglichen. So macht es eben die Bibel auch, selbst Jesus. Ich spare mir die Beispiele.

Der Kehrvers dieses Liedes
Der Kehrvers gibt das Thema des ganzen Liedes an: �Liebe w�chst wie Weizen und ihr Halm ist gr�n.�
Es ist die �bersetzung des englischen Textes �Now the green blade rises�.
Die Liebe ist Gottes Liebe, Gottes Liebe in Jesus Christus. Die Liebe ist die Kurzfassung des Leidens und des Sterbens Jesu.
So sieht es auch Paulus in seine �Hohen Lied der Liebe� in 1.Kor 13, wo wir statt Liebe immer Jesus Christus setzen k�nnen.
Liebe zu den Menschen, zu uns Menschen. Es wird nicht dar�ber debattiert , ob wir w�rdig sind. Die Liebe gilt uns, trotz unserer Schuld, trotz unseres Versagens, trotz unserer Fehler. Da m�ssen nicht bestimmte Begriffe vorkommen, wie zum Beispiel S�nde und Gericht. Nicht der Begriff macht es, sondern die Sache. Und die Sache ist erfasst. Der Buchstabe t�tet, aber der Geist macht lebendig.

Strophe 1
�Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt.
Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt.
Liebe lebt auf, die l�ngst erstorben schien:
Liebe w�chst wie Weizen und ihr Halm ist gr�n.

Im Hintergrund steht der Wochenspruch aus Johnnes 12 vom Weizenkorn: �Wenn das Weizenkorn nicht in die erde f�llt und ersirbt, bleibt es alllein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.
Hier stimmt nur bei genauerem Hinsehen, das Biologische mit dem Theologischen nicht zusammen. Wenn das Korn in die Erde f�llt, ausges�t wird, erstirbt es ja nicht. Es bleibt am Leben. Hier wird aber das Biologische Verst�ndnis der Bibel, auch Jesu Verst�ndnis, aufgenommen, obwohl wir wissen, dass das Korn am Leben bleibt.
Mit dem Korn, dass in der Erde versenkt wird, ist der Tod Jesu umschrieben. Es ist aber nicht biologisch gemeint, Jesus sei nur scheintot gewesen - was �brigens auch eine Sekte in der alten Kirche auf ihre Fahnen schrieb. Dahinter steht aber der Gedanke, dass die Liebe Gottes nicht sterben kann. Darin stimmen Biologie und Theologie �berein.
Die Liebe Gottes ist nicht totzukriegen.
Sie ersteht wieder. Das ist Ostern.
Die Liebe lebt weiter. Auch Jesus Christus ist nicht totzukriegen.

Und dahinter steht aber auch der Gedanke, dass ebenso unsere Liebe zu erkalten droht. Das w�re das Ende der Gemeinde Jesu, wenn die Liebe sterben w�rde- Siehe das Wort Jesu in Matth. 13! �Die Dornen ersticken�s�.
Das ist Ostern f�r die Gemeinde: Die erkaltete Liebe wird zum Leben erweckt. Sie wacht auf, w�chst auf. Das hei�t: Wir m�ssen uns Gottes Liebe schenken lassen, uns von Gottes Liebe erfassen lassen, uns von Jesus Christus lieben lassen, damit wir wieder lieben und damit wir erst richtig leben k�nnen.

Strophe 2:
��ber Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
w�lzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?
Liebe w�chst wie Weizen und ihr Halm ist gr�n.�

Darin ist deutlich:
Jesus Christus ist die Liebe Gottes in Person. Diese Liebe wird abgelehnt, get�tet. Aber: Wer spricht das Todesurteil �ber Jesus? Hier steht: Die Welt.
Also nicht allein der hohe Rat der Juden. Auch nicht allein der r�mische Staat in Gestalt des Pilatus. Die Welt ist es. Wir geh�ren zur Welt dazu.
Der Rollstein im heutigen Gartengrab in der Begr�bnisgeschichte Jesu in Jerusalem wird zum Stein, der die Liebe im Tod halten soll.
Jesus ist tot. ER kann nicht mehr aus dem Grab fliehen. Der Stein soll die Flucht verhindern. So meinten es die Menschen damals.
Henkys beschreibt Jesu Leiden und Sterben in dieser Strophe:
��ber Gottes Liebe brach die Welt den Stab, w�lzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?�
So komprimiert beschreibt Henkys die ganze Leidensgeschichte bis hin zur Grablegung, das was in Johannes 12-19 steht, also in 8 Kapiteln. Das ist Kunst!
Aber jede Strophe wir beendet mit dem Kehrvers:
�Liebe w�chst wie Weizen und ihr Halm ist gr�n.�
Das Osterlicht leuchtet in der dunklen Nacht des Karfreitag. Kein Karfreitag ohne Ostern!!!

Strophe 3:
�Im Gestein verloren Gottes Samenkorn,
unser Herz gefangen in Gestr�pp und Dorn -
hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien.
Liebe w�chst wie Weizen und ihr Halm ist gr�n.�

In dieser Strophe ist das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld zu entdecken. Die begriffe sind da. Gestein, Gestr�pp und Dorn. Aber Henkys hat diese Begriffe verwendet, um das Leiden und Sterben Jesu zu uns her�berzuholen. Gottes Samenkorn ist ausges�t. Gottes Wort ist verk�ndet. Aber ein Teil fiel auf steinigen Boden - bei uns.
Und unser Herz ist im Gestr�pp der Welt gefangen. Diese Gefangenschaft kann enden. Sie wird beendet durch die Liebe.
�Hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien.�
Das ist Kunst: Das christliche Doppelfest in einem Satz zusammenfassen. Der Tod ist get�tet. Der Tod ist gestorben. Das Leben siegt. Die Liebe w�chst aus dem steinigen, mit Gestr�pp und Dornen bewachsenen Boden heraus. Die Liebe l�sst sich dadurch nicht unterkriegen.

Und auch unsere Liebe w�chst, wenn wir sie wachsen lassen. Liebe - zu wem?
Gottes Liebe zu uns. Das ist klar.
Aber unsere Liebe zu wem? Zu Gemeindegliedern und Nachbarn.
Aber: Liebe hat es an sich, dass sie Gr�ben �berspringt, Br�cken baut.
So geht unsere Liebe zu den Christen in der Welt.
Sie geht hier vor allem zu den verfolgten Christen in der Welt. Und zu allen verfolgten und entrechteten Menschen.
Sie geht zu unseren Freunden, zu Gemeinde in Bait Jala, zu den arabischen Christen.
Sie geht zu den Menschen, die im Basler Missionsblatt um F�rbitte bitten.
Sie geht zu den Menschen, die imBlatt der Karmel Mission darum bitten, dass wir an sie denken sollen.
Sie geht zu den Menschen, die im Blatt der Stimme der M�rtyrer darum bitten, sie ja nicht zu vergessen.
Sie geht zu den Menschen, die im Blatt der �rztlichen Mission (DIF�M) in T�bingen geschildert werden.
Unsere Liebe geht zu den koptischen Christen in �gypten, von denen im Blatt EMO-Aktuell berichtet wird.
Und schlie�lich bittet der lutherische Weltbund um F�rbitte und Spenden f�r Verfolgte Christen auf der ganzen Welt.
Liebe �berspringt Gr�ben, baut Br�cken. Davon leben wir. Wir sind nicht allein auf der Welt. Die Liebe Gottes in Jesus �berspringt Gr�ben, baut Br�cken. Das ist die Botschaft dieses Wochenliedes f�r heute und morgen.

Schluss:
Wir singen zum Abschluss noch einmal das ganze franz�sisch, englisch, deutsche Passions- und Osterlied, dieses wahrhaft internationale und �kumenische Lied,
im Glauben und Wissen, dass Gottes Liebe, die Liebe Jesu Christi w�chst und ihr Halm gr�n wird, auch wenn es bei uns manchmal nicht danach aussieht.

Amen.