Show
3 Auf den ersten Blick erscheint es ausreichend, sich bei der Arbeit mit Geodaten auf das geographische Koordinatensystem zu beschränken. Immerhin lässt sich damit die Lage jedes Punktes auf der Erdoberfläche eindeutig beschreiben. Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass man um die Thematik der kartographischen Projektion nicht herumkommt: Aus obenstehendem Kurzvideo wird deutlich, dass bei jeder Projektion Abstriche hinsichtlich der "Originaltreue" gemacht werden müssen, wobei je nach Verwendungszweck der Darstellung bzw. Lage und Größe des Untersuchungsgebietes einzelne Projektionen stark unterschiedliche Eignungen aufweisen. Das Wissen über gängige Projektionen und deren Eignung zählt zu den zentralen Voraussetzungen bei der Arbeit mit GIS. In diesem Kapitel werden folgende Themen behandelt: 3.1 Typisierung von Projektionen 3.2 Parametrisierung von Projektionen 3.3 Eigenschaften von Projektionen Nach Bearbeitung dieser Lektion ...
3.1 Typisierung von ProjektionenIm Laufe der Zeit wurden unterschiedliche Methoden entwickelt, um Koordinatensysteme der gekrümmten Erdoberfläche in die Ebene zu transformieren. Vereinfachend kann man sich viele dieser Transformationen als ein, an eine Projektionsfläche projiziertes Bild vorstellen, welches bei der Durchleuchtung einer "gläsernen Erde" entstehen würde. So gesehen ist der Begriff der "Projektion" unmittelbar "einleuchtend". Schalten Sie doch mal das Licht ein! Auch wenn das gedankliche Modell einer "durchleuchteten Erde" für das konzeptionelle Verständnis gute Dienste leistet, handelt es sich bei Kartenprojektionen immer um mathematische Algorithmen, mit denen eine Umrechnung von geographischen in planare Koordinaten erfolgt. Anders als in der Darstellung oben entspricht die Projektionsfläche häufig keiner Ebene, sondern wird in Form eines Zylinders oder Kegels um die Erde "herumgewickelt". In Analogie zum dabei entstehenden geometrischen Körper lassen sich Projektionen in vier große "Familien" gliedern:
AzimutalprojektionenBei azimutalen Abbildungen wird das Gradnetz der Erde auf eine Ebene übertragen, die normalerweise dem Nord- oder Südpol als Tangentialebene anliegt. Das sich bei Berührung im Pol ergebende
Gradnetzbild zeigt konzentrische Breitenkreise und sternförmig vom Zentrum ausgehende Meridiane. Die von den Längenkreisen eingeschlossenen Winkel (Azimut) des Abbilds sind mit denen des Originals (Erdkörper) identisch. Zylinderprojektionen Dabei handelt es sich um Projektionen in einen Zylindermantel, der anschließend zu einer Ebene "abgerollt" wird. In seiner normalen Lage berührt der Zylinder die Erde am Äquator. In diesem Fall
ergibt das Bild der projizierten Längen- und Breitenkreise jeweils parallele Linien, die sich im rechten Winkel schneiden. KegelprojektionenKonische Abbildungen lassen sich durch einen über die Erde gestülpten Kegel veranschaulichen, der von seiner Spitze zum Rand hin aufgeschnitten und ausgebreitet wird. Das Bild der Gradnetzlinien zeigt zur Kegelspitze hin konvergierende Meridiane und gekrümmte Breitenkreise. Alle Linien schneiden sich -
wie bei den azimutalen und zylindrischen Abbildungen - im rechten Winkel. Unechte ProjektionenUnechte Projekionen sind mit der Analogie der „durchleuchteten Erde" nur unzureichend beschreibbar, da sie sich auf keine reguläre geometrische Abbildungsfläche beziehen. Sie werden vor allem für Planisphären, also planare Abbildungen der gesamten Erde verwendet. Nachdem sich die meisten GIS-Anwendungen in größeren Maßstabsbereichen bewegen, spielen sie im Kontext von GIS eine untergeordnete Rolle. Innerhalb dieser Projektionsfamilien lassen sich Projektionen noch nach einigen weiteren Kriterien kategorisieren, nämliche nach der Projektionslage, der Frage, ob der Projektionskörper die Erde schneidet oder berührt und nach der Abbildungsart. ProjektionslageDie Abbildungsqualität einer Projektion ist dort am höchsten, wo die Projektionsfläche die Erde berührt. So bildet eine Azimutalprojektion, die die Erde am Nordpol berührt, polnahe Gebiete wesentlich besser ab als äquatoriale Bereiche. Demgegenüber bewährt sich eine Zylinderprojektion, die den Äquator berührt, besser für äquatoriale als für polare Gebiete.
Um einen beliebigen (kleinen) Teil der Erdoberfläche in hoher Qualität abzubilden, verändert man die Lage des Projektionskörpers relativ zur Erde. So sind etwa mit einem "liegenden" Zylinder auch Gebiete außerhalb der Äquatorzone ausreichend genau darstellbar. Man unterscheidet drei Projektionslagen:
Daneben werden bei Azimutalprojektionen noch die Begriffe der polaren und der äquatorialen Lage verwendet, wobei die polare der normalen und die äquatoriale der transversalen Lage entspricht. Natürlich ändert sich mit der Veränderung der Lage auch das abgebildete Gradnetz ganz beträchtlich. Projektionsfläche: Zylinder Kegel Azimutal Lage: Normal Schief Transversal Schneidende Projektionen Berührung vs. SchnittEin weiteres Unterscheidungsmerkmal "echter" Projektionen liegt darin, ob die Projektionsfläche den Erdkörper berührt (tangent case) oder schneidet (secant case). Direkt an den Schnittkreisen ist die geometrische Qualität optimal, sie nimmt jedoch zur Mitte und zu den Rändern hin ab. Mit schneidenden Projektionskörpern gelingt es, die Größe des darstellbaren Gebietes bei gleichbleibender Darstellungsqualität zu verdoppeln (im Vergleich zu einer berührenden Projektion). Abbildungsart Selbst bei gleicher Projektionsfamilie und Lage können die entstehenden Kartennetzentwürfe sehr unterschiedlich ausfallen, da das Gradnetz der Erde auf verschiedene Art und Weise auf die Projektionsfläche "aufgetragen" werden kann. Somit lässt sich "Abbildungsart" als projektionsspezifischer "Strahlengang" verstehen, nach dem die Erde "durchleuchtet" wird. 3.2 Parametrisierung von ProjektionenMit jeder Georeferenzierungs-Komponente von GI-Software lassen sich die Eigenschaften von Projektionen parametrisieren. Hierbei ist zu beachten, ob wir nur das Bild der Geodaten "on-the-fly" oder aber den Datensatz dauerhaft verändern wollen. In diesem Abschnitt soll eine kurze Übersicht über die wichtigsten Fachtermini im Zusammenhang mit Projektionseinstellungen gegeben werden: Projektion (Robinson) mit Bezugsmeridian 0° östl. von Greenwich. Bezugsmeridian (Central Meridian, Longitude of Origin)Der geographische Längenkreis, auf den sich der Ursprung der Projektion bezieht, wird im Englischen als Central Meridian oder Longitude of Origin bezeichnet. Im resultierenden Kartennetzentwurf liegt dieser Meridian in der Blattmitte. Der Projektionsursprung ist auch der Bezugspunkt bei der Angabe von x und y-Koordinaten in der Projektion. Projektion (Orthographisch) mit der Ursprungsbreite 45°. Ursprungsbreite (Reference Latitude, Latitude of Origin)Darunter versteht man die geographische Breite des Ursprungs der Projektion. Außer bei Azimutalprojektionen bewirkt eine Veränderung dieses Wertes keine Veränderung im Kartenbild, lediglich der Bezugspunkt (Koordinatenursprung) der y-Koordinatenangabe ändert sich entsprechend. Schnittkreise (Standard Parallel, Latitude of True Scale)Geographische Breite eines Schnitt- oder Berührkreises bei Kegel- oder Zylinderprojektionen in normaler Lage. Bei Definition einer schneidenden Kegelprojektion verläuft der Teil des Kegels zwischen den beiden Schnittkreisen "unter" der Erde. Zur Parametrisierung eines berührenden Kegels setzt man für Standard Parallel 1 und Standard Parallel 2 einfach dieselbe geographische Breite ein. Bei Zylinderprojektionen in normaler Lage wird der Schnittkreis (nördl. und südl. Breite sind ident, daher gibt es nur einen Standard Parallel) auch als Latitude of True Scale bezeichnet. Dieser Begriff rührt daher, dass sich die Maßstabsangabe auf die Schnittkreise bezieht. Zwischen den Schnittkreisen ist der Maßstab in Ost-West Richtung kleiner, gegen die Zylinderränder hin nimmt er zu. Verkürzungsfaktor (Scale Factor)Der Verkürzungsfaktor drückt bei einer transversalen Zylinderprojektion das Verhältnis der Länge des halben Zylinderumfangs zur Länge des Bezugsmeridians aus. Ist der Wert 1, sind der halbe Zylinderumfang und die Länge des Bezugsmeridians gleich lang: der Zylindermantel berührt die Erdoberfläche am Bezugsmeridian. Bei einem Scale Factor unter 1 entsteht durch die Verkürzung des Zylinderumfangs im Verhältnis zum Erdumfangs ein Schnittzylinder.
False Easting bzw. False Northing (False X / False Y)Dabei handelt es sich um Konstanten, die bei kartesischen Koordinatensystemen zum Rechts- bzw. Hochwert addiert werden. um die Koordinatenwerte für einen bestimmten Bereich innerhalb einer Projektion möglichst übersichtlich zu gestalten. Das Koordinatensystem der ÖK 1:50000 hat seinen Ursprung am Schnittpunkt des jeweiligen Mittelmeridians mit dem Äquator, d.h. der Hochwert (y) entspricht dem Abstand eines Punktes vom Äquator. Innerhalb Österreichs treten y-Werte zwischen ca. 5130000 und 5430000 Meter auf. Um bei Koordinatenangaben (Schreib)Arbeit zu sparen gibt man einen False Northing Wert von -5000000 an, d.h. man subtrahiert von jeder y-Koordinate 5000000 Meter um bei Koordinatenangaben kleinere Zahlenwerte zu bekommen. Aufgabe Projektionsparameter 3.3 ProjektionseigenschaftenWie wir bereits im "Orangenvideo" gesehen haben, sind geometrische Verzerrungen bei der Verebnung sphärischer Oberflächen unvermeidlich. Verschiedene Projektionen zeichnen sich nun dadurch aus, dass sie einzelne geometrische Eigenschaften "originalgetreu" wiedergeben können, was jedoch immer auf Kosten anderer geometrischer Eigenschaften geht. Stimmen beispielsweise die Größenproportionen von Flächen in der Karte mit denen in der Natur überein, so kommt es "im Ausgleich dazu" zu Deformationen bei der Flächenform. Da keine einzige Projektion alle geometrischen Eigenschaften erhalten kann (beim Erhalt einer Eigenschaft spricht man auch von "Treue"), richtet sich die Wahl einer geeigneten Projektion danach, welche geometrischen Eigenschaften im speziellen Anwendungsfall besonders relevant sind. Die Auswahl einer Projektion stellt also immer einen Kompromiss dar, wobei die Abwägung zwischen zu erhaltenden Eigenschaften umso wichtiger wird, je weiter man sich von Schnitt- bzw. Berührkreisen entfernt, d.h. je größer das darzustellende Gebiet ist. Projektionen können folgende geometrische Eigenschaften aufweisen:
Im folgenden werden wir uns im Einzelnen mit diesen Projektionseigenschaften beschäftigen. Im Zuge dessen lernen Sie (z.T. optional) auch einige gängige Projektionen näher kennen. Längentreue"Wenn du die Entfernung zwischen zwei Punkten bestimmen willst, dann nimm die Karte und ein Lineal zur Hand und multipliziere das Messergebnis mit dem Maßstabsfaktor der Karte..." Die Distanz zwischen den Punkten A und C sowie zwischen C und D beträgt jeweils ca. 10.000 Kilometer.
Generell ist es unmöglich eine Karte zu erstellen, die in allen Richtungen und zwischen allen Punkten längentreu ist. Daher spricht man anstatt von "Längentreue" besser von "partieller Längentreue".
|