AfD-Falschbehauptung: Ukraine-Flüchtlinge erhalten mehr als deutsche Rentner
AfD-Vertreter behaupten, dass Hartz-IV-Leistungsempfänger und Geflüchtete aus der Ukraine mehr Sozialleistungen erhielten als Rentner in Deutschland. Diese Falschinformation wurde in Sozialen Medien verbreitet. Dabei belegt ein BR-Bericht, wie von der AfD Fakten verzerrt werden. Demnach nutzt die AfD offizielle Zahlen, um fälschlicherweise den Eindruck zu erzeugen, dass deutsche Rentnerinnen und Rentner gegenüber ukrainischen Geflüchteten benachteiligt würden.
Der AfD-Politiker René Springer prangert in einem Video als "Skandal" an, "dass jemand, der nie eingezahlt hat, sofort mehr Geld zur Verfügung hat als jemand, der ein ganzes Arbeitsleben hinter sich gebracht hat, der das Land aufgebaut hat und Kinder aufgezogen hat". Der AfD-Vertreter behauptet, die Hartz-Leistungen überstiegen schnell mal die 1.000 Euro, die Durchschnittsrente habe hingegen im Jahr 2020 bei 989 Euro gelegen.
Dabei werden jedoch Äpfel mit Birnen verglichen. Zum einen entspricht diese durchschnittliche Altersrente von 989 Euro nicht Rentnerinnen und Rentnern, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben. Es geht um Menschen, die 2020 erstmals Altersbezüge erhielten. Dazu zählen auch Rentnerinnen und Rentner, die nur kurz einzahlten, sich später selbstständig machten und anderweitig vorsorgten oder auch viele Frauen, die Kinder aufzogen und nur kurz oder gar nicht erwerbstätig waren. Diese Personen mit staatlichen Minirenten drücken die Durchschnittsrente.
Laut Deutscher Rentenversicherung betrug die Altersrente für die Gruppe, die mindestens 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, in den vergangenen beiden Jahren etwa 1.310 Euro. Außerdem bezog nach Angaben der Arbeitsagentur (Stand März 2022) eine Mehrheit der Hartz-IV-Empfänger Leistungen unterhalb 1.000 Euro.
Darüber hinaus erklärt der AfD-Politiker Springer, dass Ukrainer sich in Deutschland nicht um Arbeit bemühen müssten, weil ihnen keine Sanktionen drohten. Das ist nur die halbe Wahrheit, weil das ebenfalls für deutsche Leistungsempfänger beschlossen wurde – als Übergangsregelung bis zur Einführung eines geplanten Bürgergeldes. Die Sanktionsfreiheit gilt also für alle. Das trifft auch auf die Aussage von Springer zu, dass die Jobcenter "jede Miete" für Ukraine-Flüchtlinge zahlten. Springer verschweigt dabei, dass die Aussetzung der Angemessenheitsregel bereits seit 2020 für alle neuen Hartz-IV-Bezieher gilt und nur für maximal ein Jahr.
Probleme bei Integration ukrainischer Flüchtlinge am Arbeitsmarkt
Bund und Länder haben sich Anfang April geeinigt, dass Geflüchtete aus der Ukraine schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten sollten. Darauf zielte auch die Entscheidung, den Geflüchteten Hartz-IV-Leistungen zuzugestehen und sie von den Jobcentern betreuen zu lassen. Etwa 350.000 Ukrainer sind derzeit als arbeitssuchend registriert, überwiegend gut qualifiziert.
Nach einer ifo-Umfrage wollten 90 Prozent der Befragten gerne eine Beschäftigung in Deutschland finden. Doch die Sprachbarriere ist eine große Hürde, da viele Bewerber zwar Englisch, aber ungenügend Deutsch beherrschen. Auch bei der Anerkennung von Qualifikationen stockt es. Damit bleiben vielen hochqualifizierten Ukrainerinnen und Ukrainern nur prekäre Jobs. Insgesamt sind daher nur wenige Geflüchtete aus der Ukraine bisher in Arbeit.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund rief die Bundesregierung zum Ausbau von Sprachkursen für Ukraine-Flüchtlinge auf. Die Kurse des BAMF sollten durch Angebote für höhere Sprachniveaus (B2, C1) und berufsbezogene Sprachkurse ergänzt werden, damit Menschen aus der Ukraine möglichst entsprechend ihrer Qualifikation arbeiten können. Der DGB fordert nachhaltige Lösungen für alle Geflüchteten – auch aus anderen Herkunftsstaaten.
Dieser Artikel wurde erstmals am 1. September 2022 veröffentlicht.
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Michael Müller hat täglich neue To-dos, und damit wächst auch seine Überforderung täglich. Die aktuelle Aufgabe: einen Internetanbieter finden, der einen Router zur Verfügung stellt und im Gegenzug keine 24-monatige Vertragsbindung verlangt. Seit einigen Tagen haben er und seine Frau ihre 30 Quadratmeter große Zweitwohnung in Klosterneuburg an eine Mutter und ihre beiden Kinder – 14 und zwei Jahre alt – aus der Ukraine übergeben.
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