1. Das Wichtigste in Kürze
Der Grad der Behinderung (GdB) beziffert bei Menschen mit Behinderungen die Schwere der Behinderung. Er wird durch das Versorgungsamt oder das Amt für Soziale Angelegenheiten (teils auch "Amt für Soziales und Versorgung" genannt) festgestellt. Für die Feststellung gilt die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Sie enthält als Anlage 2 die sog. Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Eine Gesamtsicht darauf, inwieweit ein Mensch insgesamt bei der Teilhabe beeinträchtigt ist, bestimmt den GdB. Mehrere GdB-Werte aus der VersMedV werden folglich nicht einfach zusammengezählt.
2. GdB und Grad der Schädigungsfolgen (GdS)
Die Bezeichnung GdB wird im Sozialgesetzbuch IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) verwendet.
Die Bezeichnung GdS wird im Sozialen Entschädigungsrecht verwendet, dessen Rechtsgrundlage das Bundesversorgungsgesetz (BVG) ist. Dessen Kernstücke bilden insbesondere die Kriegsopferversorgung und die Opferentschädigung.
Beide werden danach bemessen, welche körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen eine sog. Funktionsbeeinträchtigung auf Grund eines sog. Gesundheitsschadens auf das Leben eines Menschen hat. Es geht dabei um die Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, nicht nur auf das Erwerbsleben. Einen hohen GdB können deshalb auch Menschen haben, die in Vollzeit arbeiten können.
2.1. Unterschied zwischen GdB und GdS
Der Unterschied ist, dass beim GdS nur die sog. Schädigungsfolgen berücksichtigt werden, beim GdB hingegen jede Behinderung, unabhängig von der Ursache.
Beispiel:
Eine junge Frau wurde von ihrem Partner heftig geschlagen und hat seitdem eine Behinderung. Später bekommt sie Krebs, worauf sich ihre Behinderung verstärkt. Beim GdS zählen nur die Folgen des rechtswidrigen Angriffs (Zusammenschlagen), beim GdB zählen auch die Auswirkungen der Krebserkrankung dazu.
2.2. Bemessung von GdB und GdS
Bei der Bemessung des GdS bzw. GdB geht es nicht allein darum, welche medizinischen Diagnosen einem Menschen gestellt wurden. Es kommt vielmehr auch darauf an, welche sog. Funktionsbeeinträchtigungen und/oder Teilhabebeeinträchtigungen sie verursachen.
Bei mehreren Beeinträchtigungen werden für jede Beeinträchtigung einzelne Werte angegeben. Für die Bemessung des Gesamt-GdS bzw. GdB werden diese Werte aber nicht addiert oder sonst irgendwie miteinander verrechnet. Stattdessen kommt es dafür immer auf alle Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit an. Es muss berücksichtigt werden, wie sie sich gegenseitig beeinflussen.
GdB und GdS werden nach den gleichen Maßstäben in 10er-Graden von 20 bis maximal 100 angegeben. Es ist also möglich, z.B. einen GdB von 20, 50 oder 100 zu haben. Der GdB wird nicht in Prozent angegeben, auch wenn das in der Umgangssprache üblich ist.
2.3. GdB und GdS im Alter
Einen GdB bzw. GdS gibt es bei sog. pathologischen Gesundheitsschäden und nicht bei sog. physiologischen Alterserscheinungen. Pathologisch bedeutet krankhaft, physiologisch bedeutet normal. Typische "Alterskrankheiten" gelten nicht als physiologisch, wenn
- sie zwar im hohen Alter häufig auftreten, es aber auch ganz normal (keine Ausnahme) ist, trotz hohen Alters nicht darunter zu leiden,
- die Erkrankung auch jüngere Menschen treffen kann.
Physiologische Alterserscheinungen sind z.B.
- weniger Kraft, Ausdauer, und Belastbarkeit
- etwas geringere Beweglichkeit
- etwas weniger Libido oder Potenz
- ein etwas schlechteres Gedächtnis und eine etwas geringere seelische Belastbarkeit
- rein altersbedingte leichte Verschlechterungen des Hörens und des Sehens
3. Versorgungsmedizin-Verordnung
Das Versorgungsamt oder das Amt für Soziale Angelegenheiten richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach der Versorgungsmedizin-Verordnung. Diese enthält allgemeine Beurteilungsregeln und Einzelangaben über die Höhe des GdB bzw. GdS. Es handelt sich allerdings nur um einen Orientierungsrahmen, die Berechnung des GdB/GdS ist vom individuellen Einzelfall abhängig.
Die früheren Versorgungsmedizinischen Grundsätze wurden zur Anlage 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) gemacht. Diese Anlage ist für die Feststellung besonders wichtig.
3.1. Praxistipp
Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit der besonders wichtigen Anlage 2 finden Sie in ständig aktualisierter Form unter www.gesetze-im-internet.de/versmedv/index.html oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710".
4. Nachteilsausgleiche
Abhängig vom GdB sind die Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen. Details in der Tabelle Nachteilsausgleiche GdB. Daneben sind dafür die sog. Merkzeichen relevant, die zusätzlich zum GdB vergeben werden können. Näheres unter Merkzeichen.
5. Praxistipps
- Seit 1.1.2018 kann die Feststellung des GdB auf einen früheren Zeitpunkt festgelegt werden, zu dem die Behinderung bereits bestanden hat, wenn es dafür einen besonderen Grund gibt (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX).
Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es um die rückwirkende Gewährung von Nachteilsausgleichen geht, z.B. Kündigungsschutz (Behinderung > Berufsleben), Steuerermäßigungen (Behinderung > Steuervorteile) oder Ermäßigung des Rundfunkbeitrags (Rundfunkbeitrag Befreiung Ermäßigung). - Verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Menschen mit (Schwer-)Behinderung oder kommt eine weitere dauerhafte Einschränkung durch eine neue Erkrankung dazu, sollte beim Versorgungsamt oder beim Amt für Soziale Angelegenheiten ein Antrag auf Erhöhung des GdB gestellt werden. Der Vordruck für den Antrag wird auf Anfrage vom Versorgungsamt oder dem Amt für Soziale Angelegenheiten zugeschickt und es wird geprüft, ob ein (neuer) Schwerbehindertenausweis mit eventuell neuen Merkzeichen ausgestellt wird.
- Wird ein GdB nicht oder zu gering bewilligt, lohnt sich in vielen Fällen ein Widerspruch.
- Kostenloser Download: Ratgeber Behinderungen mit hilfreichen Informationen rund um das Thema Behinderungen.
6. GdB bei bestimmten Krankheiten
ADHS > Behinderung
ALS > Schwerbehinderung
Allergien > Behinderung
Asthma > Behinderung
Brustkrebs > Schwerbehinderung
CED > Schwerbehinderung
Chronische Schmerzen > Schwerbehinderung
COPD > Behinderung
Demenz > Schwerbehinderung
Depressionen > Behinderung
Diabetes > Schwerbehinderung
Down-Syndrom > Schwerbehinderung
Epilepsie > Schwerbehinderung
Grad der Behinderung bei Hirnschäden
Grad der Behinderung bei Hirnschäden im Kindes- und Jugendalter
Grad der Behinderung bei Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe und des Immunsystems
Hepatitis C > Schwerbehinderung
HIV AIDS > Schwerbehinderung
KHK > Schwerbehinderung
Migräne > Schwerbehinderung
Multiple Sklerose > Schwerbehinderung
Neurodermitis > Behinderung
Nierenerkrankungen > Schwerbehinderung
Osteoporose > Behinderung
Parkinson > Schwerbehinderung
Prostatakrebs > Schwerbehinderung
Psychosen > Schwerbehinderung
Rheuma > Schwerbehinderung
Schädel-Hirn-Trauma > Schwerbehinderung
Schlaganfall > Schwerbehinderung
Tinnitus > Schwerbehinderung
Grad der Behinderung > Tumorerkrankungen
7. Verwandte Links
Leistungen für Menschen mit Behinderungen
Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen
Nachteilsausgleiche bei Behinderung
Merkzeichen
Schwerbehindertenausweis
Behinderung
Versorgungsamt
Verletztenrente Unfallrente