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Hartz IV: Bürgergeld beschlossen – So viel Geld erhalten Berechtigte
Erstellt: 15.09.2022, 08:38 Uhr
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Wann kommt das Bürgergeld und wie hoch soll es ausfallen? Ein Überblick, was bislang bekannt ist – und was Sie über den Hartz-IV-Nachfolger wissen sollten.
Update vom Mittwoch, 14. September, 12.00 Uhr: Die Ampel-Koalition hat das Bürgergeld als Hartz IV-Nachfolge beschlossen.
Erstmeldung vom Freitag, 24. Juni, 10.00 Uhr: Frankfurt – Hartz 4 wird künftig durch das Bürgergeld ersetzt. Nach Ankündigungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll die „sehr große“ Reform noch in der zweiten Jahreshälfte im Parlament beraten und beschlossen werden. Auch Heils Parteifreund Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Juli einer Ablösung von Hartz 4 zugestimmt. Einem Inkrafttreten der neuen Sozialleistung zum 1. Januar 2023 steht damit bald nichts mehr im Weg. Doch was wird sich mit dem Bürgergeld für jetzige Hartz-4-Beziehende ändern und auf wie viel Geld dürfen sie hoffen?
Hintergrund der geplanten Reform ist eine seit vielen Jahren laut werdende Kritik am bisher geltenden Arbeitslosengeld II. Der aktuelle Regelsatz für Alleinstehende oder Alleinerziehende von 449 Euro wird als viel zu niedrig bezeichnet. Im Vergleich zum Vorjahr wurde er, trotz steigender Lebenshaltungskosten, lediglich um drei Euro angehoben. Dieser Hartz-4-Satz reiche nicht für eine gesunde Ernährung, so die Kritik von vielen Seiten. Deshalb haben sich SPD, Grüne und FDP auf eine neue Grundsicherung, genannt Bürgergeld, geeinigt.
Bürgergeld ersetzt Hartz 4: Das ändert sich
Die genaue Höhe der neuen Grundsicherung soll nach Informationen des Arbeitsministeriums im Spätsommer 2022 auf Basis von aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts berechnet werden. Während Koalitionspartner FDP sich mehrfach dagegen ausgesprochen hatte, die Grundsicherung deutlich zu erhöhen, hatte Arbeitsminister Heil im Frühjahr eine mögliche Erhöhung um bis zu zehn Prozent in Aussicht gestellt. Konkrete Informationen dazu gibt es jedoch noch keine.
Bürgergeld |
Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP |
1. Januar 2023 |
Aufenthalt in Deutschland, Erwerbsfähigkeit, Hilfsbedürftigkeit |
Doch auch über die Höhe des Bürgergelds hinaus bringt die Reform eine ganze Reihe von Änderungen mit sich. Zum einen soll das Bürgergeld laut Koalitionsvertrag möglichst unkompliziert sein. „Wir gewähren in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezuges die Leistung ohne Anrechnung des Vermögens und anerkennen die Angemessenheit der Wohnung“, heißt es. Des Weiteren soll das Schonvermögen erhöht werden sowie die Überprüfung dessen weniger bürokratisch und digital möglich sein. Nach dem Sanktionsmoratorium für Pflichtverstöße von Hartz-4-Berechtigten soll das Bürgergeld die Konsequenzen solcher Verstöße anschließend neu regeln.
Statt Hartz 4 kommt Bürgergeld: Diese Voraussetzungen müssen erfüllt werden
Noch ist unklar, welche konkreten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um für das Bürgergeld berechtigt zu sein. Von vielen Seiten wird erwartet, dass diese sich außerhalb der bereits genannten Ausnahmen nicht stark von denen für Hartz-4-Berechtigte unterscheiden. Folgende Voraussetzungen gelten laut Arbeitsagentur für eine Arbeitslosengeld-2-Berechtigung:
- Sie sind mindestens 15 Jahre alt und Sie haben die Altersgrenze für Ihre Rente noch nicht erreicht
- Sie wohnen in Deutschland und haben hier Ihren Lebensmittelpunkt
- Sie können mindestens 3 Stunden pro Tag arbeiten
- Sie oder Mitglieder Ihrer Bedarfsgemeinschaft sind hilfebedürftig
Wie hoch die Regelsätze beim Bürgergeld genau ausfallen werden, das wurde noch nicht festgelegt. Doch Arbeitsminister Heil hat bereits konkrete Vorstellungen, wie er in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe erklärte: „Mein Vorschlag ist, dass wir etwa bei Familienhaushalten die unteren 30 statt der unteren 20 Prozent der Einkommen als Grundlage nehmen. Damit können wir erreichen, dass die Regelsätze im Bürgergeld pro Person und Monat in etwa um 40 bis 50 Euro höher sein werden als in der Grundsicherung. Das entspricht einer Steigerung von etwa 10 Prozent. Das finde ich vernünftig.“
Setzt sich dieser Vorschlag durch, kann also mit einer Erhöhung von rund 10 Prozent gerechnet werden. Bezogen auf die aktuellen Hartz-4-Regelsätze heißt das konkret:
Alleinstehende/ Alleinerziehende | 449 Euro | Rund 494 Euro |
Volljährige Partner in Bedarfsgemeinschaft | 404 Euro | Rund 444 Euro |
Kinder zwischen 0 und 5 Jahren | 285 Euro | Rund 314 Euro |
Kinder zwischen 6 und 13 Jahren | 311 Euro | Rund 342 Euro |
Kinder zwischen 14 und 17 Jahren | 376 Euro | Rund 414 Euro |
Ersatz für Hartz 4: Bürgergeld soll viele Vorteile bringen
Konkrete Vereinfachungen für Beziehende des Bürgergelds stehen jedoch bereits einige fest. So soll laut Gesetzesentwurf für die ersten zwei Jahre des Leistungsbezugs eine Karenzzeit eingeführt werden, in der Angemessenheitsprüfungen für die Kosten der Unterkunft sowie eine Vermögensanrechnung entfallen sollen. Für die Vermögensprüfung sollen außerdem innerhalb der ersten zwei Jahre höhere Freibeträge gelten. Komplizierte Sonderregeln für junge Bezieher:innen der Staatshilfe soll es ab Einführung des Bürgergelds nicht mehr geben.
Für Rückzahlungsforderungen, die sich bislang zuweilen auf Centbeträge beschränken, soll außerdem eine Bagatell-Grenze eingeführt werden, zudem sollen auch Sanktionsregeln vereinfacht werden. Laut Gesetzesentwurf werden bisher geltende Sanktionen in den ersten sechs Monaten des Bezugs, einer so genannten Vertrauenszeit, ausgesetzt. Danach sollen Sanktionen bis zu 30 Prozent der Bezugshöhe unter bestimmten Umständen weiterhin möglich sein. Auch von solchen Details wird letztlich abhängen, ob das Bürgergeld von den Hartz-4-Kritikerinnen und -Kritikern gelobt, oder als Etikettenschwindel abgetan wird. (slo/ska)