Schorsch aigner – der mann der franz beckenbauer war

Kurzfristiges Special mit Olli Dittrich

© WDR/Beba Lindhorst

Der Mann, der Franz Beckenbauer war, meldet sich zu Wort: Das Erste wird am Donnerstag kurzfristig ein Special mit Olli Dittrich ins Programm nehmen, in dem der Komiker erneut in die Rolle des Beckenbauer-Doubles Schorsch Aigner schlüpft.

Wurde das Sommermärchen 2006 gekauft? Diese Frage beschäftigt Fußball-Fans nun schon seit einigen Wochen, doch bislang haben die führenden Figuren nur sehr wenig Licht ins Dunkel bringen können. Dafür meldet sich nun Schorsch Aigner zu Wort - also "der Mann, der Franz Beckenbauer war". Hinter Aigner steckt Komiker Olli Dittrich, der den jüngsten Fußball-Skandal zum Anlass nahm, um sehr kurzfristig ein Special auf die Beine zu stellen, das schon an diesem Donnerstag um 22:45 Uhr im Ersten ausgestrahlt werden soll.

Das Special von und mit Olli Dittrich und Tom Theunissen trägt den Titel "Das FIFA-Märchen: Fragen an Schorsch Aigner - der Mann, der Franz Beckenbauer war" und soll den Fragen nachgehen, wohin die ominösen 6,7 Millionen Euro flossen, wozu das Geld diente und wer davon wusste. Bereits im Juni war Olli Dittrich als Schorsch Aigner im Ersten zu sehen. Im Rahmen einer herrlich absurden Doku-Parodie hatte der WDR "enthüllt", dass Schorsch Aigner vor fast 50 Jahren als Doppelgänger von Beckenbauer angeheuert worden war und ihn immer wieder bei Anlässen abseits des Spielfeldes vertrat.

Video: Das FIFA-Märchen: Fragen an Schorsch Aigner

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Anstelle von Deutschlands Lichtgestalt nahm Aigner auch eine Reihe offizieller Termine als Chef der Fußball-WM 2006 wahr und führte in dieser Funktion immer wieder vertrauliche Gespräche mit FIFA-Verantwortlichen - so sieht es jedenfalls das Drehbuch von Dittrichs neuem Aigner-Special vor, für das "Nuhr im Ersten" und Olaf Schuberts "HumorZone" 20 Minuten später an den Start gehen werden als ursprünglich geplant. Produziert wird die Sendung vom WDR und der Produktionsfirma beckground.tv.

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Er sieht aus wie Beckenbauer, er redet wie Beckenbauer: In seiner Enthüllungspersiflage "Schorsch Aigner" tritt Olli Dittrich als Doppelgänger des Kaisers auf - und macht deutlich, wie es zu all dem Fifa-Chaos gekommen ist.

Doppelgänger, natürlich! Schlecht gebriefte Ähnlichseher, die ihre Kompetenzen längst überschritten haben und nun verzweifelt irrwitziges Verhalten improvisieren. Wenn man sich erst einmal in diese Idee hineingedacht hat, liefert sie eine schlüssige Erklärung für fast alles - eben auch den Weltfußballzirkus der vergangenen Tage.

Dass zumindest Franz Beckenbauer jahrzehntelang einen solchen Doppelgänger hatte, dokumentiert Olli Dittrich nun in der bereits vor dem Fifa-Skandal fertiggestellten ARD-Produktion "Schorsch Aigner - der Mann, der Franz Beckenbauer war." Demnach hielt sich der heutige bayerische Fußballmanager schon seit den Anfängen seiner Sportkarriere besagten Hans-Georg "Schorsch" Aigner als Aushilfsfranz, der immer dann in seine öffentliche Rolle schlüpfte, wenn der echte keine Zeit oder keine Lust hatte. Was sonderbare Suppen-Werbespots und eine peinliche Eigentorserie viele Jahre später endlich erklärt.

Olli Dittrich spielt Aigner spielt Beckenbauer, und das auf gewohnt großartige Weise. Die Verkörperung gelingt ihm sowohl phonetisch - dieses joviale Knarren, das gummihaft gezogene "seeeiiiinnn", das immer wieder durch die Sätze irrlichternde "jaaaa" - als auch inhaltlich: Die Beckenbauer-typischen, mit dem ganz groben Messer geschnitzten Holzschnitt-Charakterisierungen anderer Menschen und anderer Länder stammen demnach am Ende gar nicht von ihm selbst, sondern sind eben vielmehr Aigner-Einfälle. Der Amerikaner, er ist ein feiner Kerl, aber er ist ein Eishockeyspieler! Der Afrikaner, er baut gern!

Beckenbauer als Gandhi

Nach "Frühstücksfernsehen" und "Das TalkGespräch" ist die Schorsch-Aigner-Doku Dittrichs dritte TV-Persiflage, die durch Auftritte von mitspielenden Zeitzeugen wie Dieter Kürten, Uwe Seeler und Jörg Wontorra ergänzt wird. Mit dem Ergebnis, dass das immer wieder zwischen die Dittrich-Aigner-Performance geschnittene Originalmaterial vom Echt-Franz am Ende fast gespielter wirkt als der Doppelgänger, der alle typischen Beckenbauer-Ticks zur Über-Realität verdichtet.

Auch Beckenbauers berühmte Äußerung über die Arbeitsbedingungen an den Stadionbaustellen in Katar wird endlich ins wahre Licht gerückt. Der Satz "Ich habe noch nicht einen einzigen Sklaven in Katar gesehen" war demnach nur ein unglücklicher Verleser von Aigner, der eine handschriftliche Anmerkung zu seinem Text-Briefing falsch entzifferte.

Besonders schön ist die Szene, in der Aigner erklärt, wie ihm die Idee zu seinem legendären einsamen Rasengang nach dem WM-Finale 1990 in Rom kam: Inspiriert von Gandhis Salzweg, natürlich.

Aktuell interessant ist aber natürlich sein Zusammentreffen mit Sepp Blatter, mit dem Beckenbauer ja 2005 den symbolischen Anstoß zur Fußball-WM in der Münchner Allianz-Arena kickte: Natürlich hatte auch Blatter, man hatte es inzwischen schon geahnt, einen Doppelgänger geschickt. Da ist sie also wirklich, die Erklärung für den Fifa-Wirrwarr: Bei Blatters Wiederwahl stimmten gar nicht die echten Fußballfunktionäre ab, sondern eben nur ihre überforderten Doppelgänger - während die echten Blatters, Pelés und so weiter derweil an irgendeinem entlegenen Ort ohne Handyempfang in der Sommerfrische weilten und nichts davon mitbekamen, was ihre Urlaubsvertretungen anrichteten.

"Schorsch Aigner - der Mann, der Franz Beckenbauer war", Donnerstag, 23.30 Uhr, ARD. Online schon ab 18 Uhr in der ARD-Mediathek.

Zur Autorin

Anja Rützel, Jahrgang 1973, taucht für den SPIEGEL u.a. im Trash-TV-Sumpf nach kulturellem Katzengold. In ihrer Magisterarbeit erklärte sie, warum »Buffy the Vampire Slayer« eine sehr ausführliche Verfilmung der aristotelischen Argumentationstheorie ist. Sie glaubt: »Everything bad is good for you« – und dass auch »Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!« tieferen Erkenntnisgewinn liefern kann. Ihr Buch über ihre Liebe zu Take That erschien als Teil der Musikbibliothek bei Kiepenheuer und Witsch.

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