Wo recht zu unrecht wird wird widerstand zur pflicht

Die so genannte Entschärfung des Mussolinireliefs hat nun also begonnen. Auf dieses rassistische Denkmal soll mit einer Leuchtschrift ein Satz projiziert werden.

Eine Entschärfung mit Samthandschuhen, ganz im Sinne der von Bozen ausstrahlenden Faschismus-light-Ideologie, denn: 1. Die Leuchtschrift kann jederzeit abgeschaltet werden. 2. Das Mussolinirelief bleibt, entgegen der seinerzeitigen Ankündigung von Ex-Landeshauptmann Luis Durnwalder, dort wo es ist und wird weder angefasst noch verhüllt. 3. Der Satz, mit dem das Mussolinirelief bestrahlt werden soll, lautet „Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen“. Diesen Satz hat die Philosophin Hannah Arendt so nie geäußert. Wer soll diese verbale Verzerrung also verstehen?

Das Originalzitat lautet: „Niemand hat das Recht, sein Gehorchen als Vorwand für die Rechtfertigung seines Handelns zu benutzen. Gehorchen ist keine Rechtfertigung für Handeln.“ Wenn man schon ein Zitat bemüht, so wären andere viel treffender, z.B. jenes von Bertolt Brecht, das da lautet: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“ Doch jene, die heute noch Widerstand leisten, sind für die altoatesinischen Pazifaschisten ethnische Scharfmacher und Zündler.

Cristian Kollmann
Süd-Tiroler Freiheit

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Wenn sich ein Rechtsstaat in einen Unrechtsstaat verwandelt, wird auch in der Schweiz ziviler Ungehorsam und praktischer Widerstand zur Pflicht.

Das Bündnis «Wo Unrecht zu Recht wird ...» hat sich Anfang 2017 als Reaktion auf die zunehmende Repression gegenüber abgewiesenen Asylsuchenden im Kanton Zürich gebildet. Zunächst standen dabei die sogenannten Eingrenzungen im Fokus. Zusammen mit einer Reihe von anderen Zwangsmassnahmen sowie dem Status «illegaler Aufenthalt» bilden sie ein gesetzlich legitimiertes Repressions-Regime aus, das auf Schikanierung und Ausgrenzung setzt und die Grundrechte der betroffenen Personen mit Füssen tritt. Das Bündnis hat seither eine Reihe von Aktionen und Veranstaltungen organisiert, um dem Schweigen und der Unsichtbarkeit dieser gewaltsamen Politik aktiv entgegenzutreten. Einen wichtigen Bestandteil bilden dabei die regelmässigen Besuche in den lagerartigen Notunterkünften des Kantons, die dafür sorgen, dass die Isolation durchbrochen und «Black-Box» aufgebrochen wird. Im März 2017 hat das Bündnis eine Konferenz veranstaltet, an der über 500 Menschen teilgenommen haben. Daraus haben sich weitere Aktionsformen entwickelt. So wurden verschiedene Aktionstage organisiert, ein Netzwerk für rechtliche Unterstützung aufgebaut, die politische Arbeit in den Gemeinden der Notunterkünfte verstärkt sowie ein Velo-Workshop ins Leben gerufen, der den Menschen eine bessere Mobilität ermöglichen soll.

Doch die Arbeit und der Widerstand müssen weitergehen. Überall in Europa mehren sich politische Entwicklungen, die darauf abzielen, dass sich der Rechtsstaat für bestimmte Personenkreise zunehmend in einen gewaltsamen Unrechtsstaat verwandelt. Auch die am 1. März 2019 in der Schweiz in Kraft getretene Asylgesetzrevision trägt deutliche Züge einer solchen Politik. Asylsuchende werden von der Gesellschaft isoliert in Lager gesperrt. Die Möglichkeit sich mit solidarischen Menschen zu vernetzen wird bewusst behindert. Und die abgewiesenen Asylsuchenden werden zunehmend zu Freiwild der Polizei, Behörden und Justiz. Was das bedeutet lässt sich derzeit im Kanton Zürich beobachten. Die Sicherheitsdirektion von Mario Fehr (SP) macht regelrecht Jagd auf diese Menschen. Gleichzeitig werden solidarische Initiativen immer mehr diffamiert und eingeschüchtert und Anwält*innen durch die Behörden wie lästige Querulant*innen behandelt.

Umso wichtiger ist es diese Politik im Konkreten aufzuzeigen, nicht wegzuschauen und ihr ein aktives zivilgesellschaftliches Engagement von vielen Seiten und vor Ort entgegenzusetzen.

Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!

Besteht kein Unterschied zwischen der Volkskammer der DDR und dem frei gewählten österreichischen Parlament?

Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht, Gehorsam aber Verbrechen!“ Oft ist mir dieses Zitat in den letzten Tagen durch den Kopf gegangen. Es ist eine verkürzte, säkularisierte Fassung eines Lehrwortes von Papst Leo XIII. aus dem 19. Jahrhundert. Er begründete damit das Widerstandsrecht gegen despotische Gesetze, die gegen das Naturrecht verstoßen.

In Anspruch genommen wird ein solches Recht zum Ungehorsam heute in der Kampagne gegen das Fremdenrecht. Nichts anderes bedeuten die Botschaften: „Humanität geht vor Legalität“, oder man „solle Gnade vor Recht“ ergehen lassen. Unter Berufung auf eine höherstehende Wertordnung soll ein von einem demokratischen Parlament beschlossenes Gesetz durchbrochen werden. In dieser Diskussion verstiegen sich manche so weit, das österreichische Fremdenrecht als ungerechtes Recht dem Polizeirecht der untergegangenen DDR oder den Nürnberger Rassengesetzen des nationalsozialistischen Verbrecherstaates gleichzusetzen. Gegen beide Gesetzessysteme billige doch jeder den Ungehorsam, den Widerstand.

Welch unzulässige Gleichsetzung, welch maßlose Verzerrung, welche Verhöhnung einer parlamentarischen Demokratie mit ausgefeiltem Grundrechtsschutz durch unabhängige, kraftvolle staatliche und internationale Gerichte! Besteht kein Unterschied zwischen der kommunistischen Volkskammer der DDR, hervorgegangen aus Pseudo-Wahlen, den diktatorischen Gesetzesmaschinerien von Kommunismus und Nationalsozialismus und dem frei gewählten österreichischen Parlament? Wo waren in jenen Diktaturen die unabhängigen Gerichte, die ein den Menschenrechten widersprechendes Gesetz aufheben, vernichten konnten?

Bei uns wacht der Verfassungsgerichtshof darüber, dass kein staatliches Gesetz den Grundrechten widerspricht, und in letzter Instanz der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg. Das übergeordnete Wertsystem, die höhere Gerechtigkeit ist in unserem Rechtsstaat nicht irgendein verschwommenes, selbst zurechtgeformtes Konzept einer Humanität oder einer inspirierten Gnade, sondern die sehr konkreten, präzisen und rechtsförmigen Regeln der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Ein Grundwertekatalog, geboren 1951 aus den Erfahrungen mit den Diktaturen von Rechts und als Bollwerk gegen die Diktaturen von Links, die verschiedenen Formen von Faschismus und Kommunismus. Die eigene, selbst gewählte Wertordnung soll über die demokratisch legitimierte triumphieren, das steckt hinter den eingangs genannten Botschaften. Es ist ein Jammer, dass wir seit Jahren keinen Presserat mehr haben, als Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der Medien!

Ceterum censeo: Eine Rechtsordnung, welche die gewaltsame Trennung eines Kleinkindes von seiner Mutter zuließe, wäre eine Unrechtsordnung, gegen die Widerstand zur Pflicht würde. Beides ist in unsrem Land nicht der Fall: Die Gesetze bestimmen klar, dass Mutter und Kind stets gemeinsam den gleichen Schutzumfang haben, Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof stehen als wirksame Rechtsschutzinstanz bereit!

Univ.-Prof. Andreas Khol war Nationalratspräsident.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2007)

Wo Recht zu Unrecht wird ist?

Wo Recht Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht – das soll unter anderem Bertolt Brecht gesagt haben. Es ist ein Zitat, das viele grundlegende Ideen einfängt. So beinhaltet es die Überzeugung, dass es Recht, aber auch Unrecht gibt – die Ablehnung eines Relativismus oder vielleicht Nihilismus.

Ist Widerstand Pflicht?

In Deutschland garantiert Artikel 20 des Grundgesetzes Abs. 4 das Recht eines jeden Deutschen, gegen jeden Widerstand zu leisten, der es unternimmt, die dort in Abs. 1 bis 3 niedergelegte Verfassungsordnung zu beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Wo Recht zu Unrecht wird wird Widerstand zur Pflicht Goethe?

Auch der Weimarer Dichterfürst ist davor nicht gefeit: Der Spruch «Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht» soll angeblich (hier archiviert) von Johann Wolfgang von Goethe stammen. BEWERTUNG: In Gesamtwerk des Dichters ist der Satz nicht nachgewiesen.

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