Wie schnell wirkt Penicillin bei Angina

27. Januar 2020

  • Dr. Nützlich
  • Medizin

Ärzte verschreiben bei Angina oft Antibiotika. Das muss nicht sein. Denn selbst bei einer bakteriellen Entzündung der Mandeln ist das Medikament nicht immer erforderlich. Infektiologen raten zu anderen Mitteln.

Die Lehrmeinung hat sich geändert: Antibiotika sollen bei einer Streptokokken-Angina weniger häufig eingesetzt werden.

Im Beitrag des Magazins «Schweizer Familie» wird das Thema beleuchtet. Prof. Dr. med. Philip Tarr sagt «Ein Grossteil der Halswehpatienten nimmt das verordnete Antibiotikum vergebens ein.»

Prof. Dr. med. Philip Tarr
Facharzt für Infektiologie / Facharzt für Allgemeine Innere Medizin
Co-Chefarzt Medizinische Universitätsklinik
Leiter Infektiologie und Spitalhygiene

Tel. +41 (0)61 436 21 81
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Eine Mandelentzündung (Tonsillitis) gehört in ärztliche Behandlung! Wird die akute Tonsillitis durch Viren ausgelöst, ist ein Antibiotikum wirkungslos. Denn: Antibiotika können nur bei Entzündungen durch Bakterien helfen. Wann Letzteres der Fall ist, kann der Arzt allein durch einen Blick in den Rachen in der Regel nicht entscheiden. Die aktuelle Leitlinie „Therapie entzündlicher Erkrankungen der Gaumenmandeln“ stellt zwei altersabhängige Punktesysteme vor. Diese bewerten neben der Schwellung der Mandeln auch Fieber, Husten und Lymphknotenschwellung mit Punkten. Erst ab einem bestimmten Punktewert wird ein Antibiotikum empfohlen. Zusätzliche Untersuchungen wie Rachenabstriche sind nur für seltene Einzelfälle vorgesehen. 

Wird ein Antibiotikum verschrieben, ist es sehr wichtig, dass dieses wie vom Arzt verordnet zu Ende eingenommen wird (üblicherweise zwischen 5 bis 10 Tagen), weil sich die Bakterien auch nach Verschwinden der Symptome noch einige Tage im Körper halten können. Eine akute, durch Streptokokken verursachte Angina ist ca. 24 Stunden nach Beginn der Antibiotika-Therapie nicht mehr ansteckend.

Gegen die Begleitsymptome wie Halsschmerzen, Kopfschmerzen und Fieber helfen schmerzstillende und fiebersenkende Mittel (Analgetika), wie z.B. Paracetamol oder Ibuprofen. Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin) ist wegen seiner blutgerinnungshemmenden Wirkung bei einer drohenden Mandeloperation nicht geeignet. Zur Linderung der Symptome einer eitrigen Angina und zur Behandlung bei einer Erkältungs-Angina helfen warme Wickel oder Gurgeln mit Salbeitee. Weiter sind (Bett)Ruhe und keine körperliche Belastung angeraten.

Nicht jede schwere Mandelentzündung macht eine Operation (Tonsillektomie) erforderlich. Die Entscheidungsgrundlage ist die Zahl von Halsschmerz-Episoden in den letzten 12 Monaten. Bei weniger als drei Episoden wird laut aktueller Leitlinie von einer Operation abgeraten. Bei drei bis fünf Episoden kann die Tonsillektomie durchgeführt werden, bei sechs oder mehr Episoden ist sie eine therapeutische Option.

Bei mehrfach wiederkehrenden Mandelentzündungen hat sich die Mandelentfernung bewährt. In besonders schweren Fällen sollte die Operation zügig erfolgen. Bei moderaten und milden Formen ist es ratsam, zunächst ein halbes Jahr abzuwarten. Nur wenn sich in dieser Wartezeit weitere Entzündungen trotz wiederholter Antibiotikumtherapie ereignen, ist die Mandelentfernung der bessere Weg.

Bei besonders großen Mandeln müssen bei der Operation nicht die ganzen Mandeln entfernt werden. Eine Teilentfernung, Tonsillotomie genannt, ist eine neue Option, die in den Leitlinien erstmals empfohlen wird. Sie hat sich in schwedischen Studien bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bewährt. Die Tonsillotomie ist für die Patienten sehr viel weniger belastend. Anfängliche Bedenken, dass in den Mandelresten Entzündungskomplikationen programmiert sind, haben sich nicht bestätigt. 

Stellt der Arzt einen Peritonsillarabszess fest, wird er versuchen, den Abszess zu entleeren und mit Antibiotka zum Abklingen zu bringen. Gelingt es auf diese Weise nicht, den Abszess zu bekämpfen, muss dieser notfalls im so genannten „heißen" Stadium gemeinsam mit den Mandeln entfernt werden (Tonsillektomie à chaud).

Wiederholte Entzündungen ziehen die Tonsillen stark in Mitleidenschaft. Im Akutstadium röten sie sich, schwellen an und auf der Oberfläche zeigen sich weißliche Flecken, die sogenannten Eiterstippchen. Dazu tritt Mundgeruch auf, die Lymphknoten am Hals sind geschwollen. Heilt die Entzündung ab, bleiben auf den von Natur aus gefurchten Tonsillen zusätzlich Narben zurück – ein ideales Biotop für Keime.

Eine akute, eitrige Mandelentzündung behandeln HNO-Ärzte mit Antiobiotika. „Die Erreger sind überwiegend Streptokokken. Dagegen wirkt das gute alte Penicillin immer noch am besten“, sagt Michael Deeg. „Wichtig ist jedoch, das Antibiotikum zehn Tage lang einzunehmen und nicht vorher abzubrechen.“ Einen Streptokokken-Schnelltest macht der HNO-Arzt sofort in der Praxis. Falls andere Bakterien beteiligt sind, kann das ein Labortest innerhalb von zwei Tagen nachweisen. Dann kommt ein passendes Antibiotikum zum Einsatz.

Manchmal müssen die Mandeln einfach raus

Kehrt eine eitrige Mandelentzündung drei- bis viermal im Jahr zurück oder hält die Entzündung unterschwellig drei Monate an, handelt es sich um eine chronische Tonsillitis. Die Symptome sind weniger ausgeprägt als bei einer akuten Entzündung, die Tonsillen sind aber auch in der symptomfreien Zeit auffällig: sehr groß oder auch verkümmert, vernarbt, auf Druck tritt ein trübes Sekret aus. Diesem Zustand ist auf Dauer nur beizukommen, indem die Mandeln entfernt werden.

Michael Deeg ergänzt: „Hat sich im Gewebe um die Mandeln ein Abszess gebildet, also eine freie Eiteransammlung, ist eine Operation ebenfalls erforderlich.“ Den Abszess könne der Arzt zwar zunächst nur öffnen und mit Antibiotika behandeln. Er komme aber mit großer Wahrscheinlichkeit wieder und führe zunehmend zu Komplikationen, sagt der Mediziner. Abszesse gehören zu den häufigsten Komplikationen einer nicht ausgeheilten Mandelentzündung. Typisch dafür sind Fieber, starke Schmerzen und eine verwaschene knödelnde Sprache.

Kurzer Eingriff, längerer Klinikaufenthalt

Nur in Ausnahmefällen entfernt der HNO-Chirurg die Mandeln in einem akuten Entzündungsstadium. Normalerweise findet die Operation in einer symptomfreien Ruhephase statt. Der Patient sollte dafür eine knappe Woche Klinikaufenthalt einplanen. „Der Eingriff unter Vollnarkose ist Routine und dauert nur 20 bis 30 Minuten. Es besteht jedoch noch einige Tage danach die Gefahr von Nachblutungen. Im Krankenhaus kann man darauf schnell reagieren“, sagt Michael Deeg.

Solange die Mandeln noch eine Rolle im Immunsystem spielen, vermeiden Ärzte eine Operation nach Möglichkeit. Eine Ausnahme stellen stark vergrößerte Mandeln dar, wenn sie die Atmung oder das Sprechen eines Kindes beeinträchtigen. Der Arzt kann dann nur einen Teil der Tonsillen abtragen. Der Eingriff erfolgt per Laser und kann sogar ambulant durchgeführt werden.

Die große Portion Eiscreme als Trostpflaster hat sich etabliert, als die Mandelentfernung noch Standard-Operation bei Kindern war. „Kühlendes Eis ist immer noch in Ordnung, aber bitte nur Wassereis. Milcheis fördert zu sehr die Schleimbildung“, rät HNO-Arzt Michael Deeg.

Wie lange dauert es bis Penicillin wirkt?

Penicillin gehört zu den Antibiotika. Das sind Substanzen, die gegen Mikroorganismen - vor allem Bakterien - wirken. Demnach wird Penicillin zur Behandlung bakterieller Infektionen genutzt. Dabei kann es im Allgemeinen auch bei Schwangeren, Stillenden und Kleinkindern eingesetzt werden.

Wie schnell wirkt Penicillin bei Halsschmerzen?

Antibiotika können die Beschwerden bei Halsentzündungen im Schnitt um einen halben bis einen Tag verkürzen. Sie können aber Nebenwirkungen haben, zudem macht ein zu häufiger Antibiotika-Einsatz die Bakterien widerstandsfähiger.

Was tun wenn Antibiotika bei Angina nicht wirkt?

Der Patient kann selbst viel zur Symptomlinderung beitragen. Wichtig ist z.B. eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr mit warmen Getränken wie Lindenblüten- oder Salbeitee. Auch Halswickel mit Zitrone oder Quark können helfen, ebenso topische Lokalanästhetika (Lutschtabletten, Rachenspray etc.).

Wann tritt bei Antibiotika Besserung ein?

Ungefähr 24 bis 48 Stunden nach der ersten Einnahme sollte eine spürbare Verbesserung eintreten. Ist das nicht der Fall, kann es sein, dass das Medikament nicht wirksam gegen die fraglichen Erreger ist. In diesem Fall sollte man noch einmal die Arztpraxis kontaktieren.

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