Wie lange nach Antibiotika keine Sonne

Sonnenlicht und Medikamente: Nicht immer eine gesunde Mischung

Beipackzettel gründlich lesen

25.03.19 (ams). Medikamente und Sonne? Das verträgt sich nicht immer. Manche Arzneimittel steigern nämlich die Lichtempfindlichkeit der Haut. Da reicht dann schon eine geringe ultraviolette (UV-)Belastung, um sonnenbrandähnliche Hautreaktionen auszulösen. "Wer Medikamente einnimmt, sollte daher immer gründlich den Beipackzettel lesen. Darin sind Hinweise auf Nebenwirkungen zu Lichtempfindlichkeit und Sonneneinwirkung beschrieben", sagt Tobias Lindner, Apotheker im AOK-Bundesverband. Reagiert die Haut nach der Einnahme von Medikamenten überempfindlich auf Sonnenlicht, ist dafür vor allem die UV-A-Strahlung verantwortlich. Üblicherweise wird Sonnenbrand durch zu viel UV-B-Strahlung ausgelöst, die kurzwelliger und energiereicher ist. Bestimmte Antibiotika, harntreibende Medikamente, einige entzündungshemmende Arzneimittel, manche Chemotherapeutika, Blutdrucksenker, aber auch pflanzliche Medikamente wie Johanniskraut können in Verbindung mit Sonnenlicht Nebenwirkungen auslösen. Dabei sind ältere Menschen eher betroffen, da sie häufiger Medikamente einnehmen.
Unterschieden wird zwischen zwei Reaktionen: die phototoxische und die photoallergische. Phototoxische Reaktionen sind viel häufiger und zeigen sich meist gleich nach dem ersten Sonnenbad. Sie finden sich nur an den Körperstellen, die ungeschützt der Sonne ausgesetzt waren. Bei der deutlich selteneren Photoallergie treten die Nebenwirkungen meistens erst nach mehrmaligem Sonnenkontakt auf. Hier können dann auch Hautstellen betroffen sein, die nicht unmittelbar der Sonne ausgesetzt waren. Manche Medikamente können beides auslösen. Daher wird in Beipackzetteln auch der Oberbegriff "Photosensibilisierung" benutzt. Die Symptome ähneln denen eines Sonnenbrandes: Die Haut rötet sich, brennt, juckt und es können sich Blasen oder Pusteln bilden. Wenn die Haut geschädigt ist, helfen kühlende Lotionen. Bei stärkeren Beschwerden sollten Betroffene mit ihrem Arzt oder Apotheker klären, welche Mittel sich eignen. Bei akuten Reaktionen gilt: Sofort raus aus der Sonne! Besteht der Verdacht auf Photosensibilisierung durch ein Medikament, sollte man dies durch den Arzt oder die Ärztin abklären lassen. Wenn möglich, wird das Medikament abgesetzt oder durch ein besser verträgliches ersetzt. Geht das nicht, sollten Betroffene Sonnenbäder meiden und sich konsequent vor UV-Strahlung schützen. Der akuten Phase kann eine monatelange Überempfindlichkeit gegenüber UV-Licht folgen. Oft kommt es auch zur verstärkten Pigmentierung der betroffenen Hautstellen. Phototoxische Reaktionen können übrigens nicht nur durch Medikamente, sondern auch durch Kosmetika oder bestimmte Pflanzen und Lebensmittel hervorgerufen werden, zum Beispiel durch Zitrusfrüchte, Sellerie und die Herkulesstaude ("Bärenklau").

Sendefertige Radio-O-Töne mit Tobias Lindner, Apotheker im AOK-Bundesverband

"Damit es erst gar nicht zu einer photosensiblen Reaktion kommt, helfen eine Reihe von Maßnahmen", so Apotheker Lindner. So sollten Medikamente mit kurzer Wirkdauer möglichst abends eingenommen werden. Aktivitäten im Freien legt man besser in die Morgen- oder Abendstunden und meidet die Mittagssonne. Auf Solariumsbesuche sollten Betroffene ebenfalls verzichten. Den besten Sonnenschutz erreicht man mit Kleidung -  je dichter gewebt, desto besser. Es gibt auch spezielle UV-Schutzkleidung. Dabei sollte auf den UV-Standard 801 geachtet werden. Sinnvoll ist außerdem ein Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor (30 und mehr), das auch ausreichenden Schutz vor UV-A-Strahlung bietet, da vor allem diese eine photosensibilisierende Hautreaktion auslöst - auch durch einfaches Fensterglas oder dünne Kleidung hindurch. Das heißt: Auch bei längeren Autofahrten oder im Büro brauchen Betroffene Schutz.

Weitere Informationen:

  • Versichertenportal der AOK
  • Bundesamt für Strahlenschutz


Zum ams-Ratgeber 03/19

Wir nennen im Folgenden über­wiegend Wirk­stoffe aus unserer Daten­bank Medikamente im Test, für die bekannt ist, dass Sonnenlicht Haut­re­aktionen verursachen kann. Die in unserer Daten­bank gelisteten rezept­pflichtigen und rezept­freien Arznei­mittel werden in Deutsch­land besonders häufig angewendet. Wie generell bei unerwünschten Wirkungen von Arznei­mitteln gilt auch hier: Nicht alle Anwender dieser Mittel sind betroffen und die Haut­re­aktionen können bei Betroffenen unterschiedlich stark ausfallen.

Mittel gegen Blut­hoch­druck und Herz­schwäche

Diuretika, auch Wasser­tabletten genannt, wie Schleifendiuretika (Furosemid, Piretanid und Torasemid) sowie Thiazide (Chlortalidon, Hydro­chlorothiazid, Indapamid, Xipamid) senken den Blut­druck und entlasten das Herz. Sie werden häufig verordnet beispiels­weise bei Bluthochdruck oder Herzschwäche.

Einige der Verbindungen sind auch oft in Kombinations­mitteln enthalten. Bei ihnen wird recht häufig von licht­bedingten Reaktionen berichtet. Das heißt aber nicht, dass sie ein besonders hohes Potenzial für derartige unerwünschte Wirkungen haben. Die zahlreichen Berichte sind wahr­scheinlich darauf zurück­zuführen, dass die Mittel häufig angewendet werden – zudem meist als Dauer­medikation.

Auch bei manchen Blut­druck­senkern aus anderen Wirk­stoff­gruppen wie etwa Quinapril, Enalapril oder Diltiazem müssen Sie in Einzel­fällen mit einer erhöhten Licht­empfindlich­keit rechnen.

Schmerz­mittel und Entzündungs­hemmer

Entzündungs- und schmerzhemmend wirkende Arznei­mittel zum Einnehmen mit den Wirk­stoffen Diclofenac, Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen, Piroxicam, Tiaprofensäure vertragen sich nicht immer gut mit intensiver Sonnen­bestrahlung. Sie verursachen zwar nur selten sonnenbe­dingte Haut­re­aktionen, die Wirk­stoffe werden jedoch sehr häufig einge­setzt.

Beachten Sie insbesondere: Wenn Sie ein Schmerzgel mit Diclofenac, Keto­profen oder Ibuprofen anwenden – zum Beispiel bei Arthrose, Gelenk­beschwerden oder Sport­verletzungen – kann die Haut an den behandelten Stellen licht­empfindlicher werden. Es können sich dann – meist erst nach einigen Tagen – Haut­re­aktionen entwickeln, die im Einzel­fall auch schwerwiegend sein können. Die behandelten Stellen sollten Sie daher vor Sonnenlicht schützen – auch wenn es wolkig ist – und dies bis zwei Wochen nach Beendigung der Behand­lung fortsetzen.

Antibiotika

Wenn Sie wegen einer bakteriellen Infektion ein Antibiotikum einnehmen müssen, müssen Sie bei zahlreichen Wirk­stoffen mit licht­bedingten Reaktionen rechnen. Insbesondere wenn Ihr Arzt Ihnen ein Mittel aus der Gruppe der Tetrazykline (Doxycyclin, Oxytetra­zyklin, Tetracyclin, Minocyclin) verordnet, sollten Sie Ihre Haut unbe­dingt vor Sonne schützen. Dass sonnenbe­dingte Stör­wirkungen in dieser Medikamentengruppe vorkommen, ist in der Fach­literatur häufig beschrieben. Die Nägel sollten Sie dann sicher­heits­halber ebenfalls vor allzu starker Sonnen­einwirkung schützen, da es vereinzelt zu Nagelablösung und Verfärbung kommen kann.

Auch bei Chinolonen (zum Beispiel Cipro­floxacin, Oflaxacin), Sulfon­amiden (etwa Cotrimoxazol gegen Harnwegs­infektionen) und Voriconazol bei Pilz­infektionen ist ein ausreichender Sonnen­schutz zu beachten.

Mittel gegen Herz­rhythmus­störungen

Bei schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen wird häufig das Antiarrhythmikum Amiodaron verordnet. Das Mittel ist besonders oft für eine erhöhte Sonnenbrandneigung verantwort­lich: Mehr als einer von 10 Behandelten ist davon betroffen. Zudem kann sich die Haut bei länger andauernder Behand­lung schiefergrau bis schwarz­violett verfärben, insbesondere an Stellen, die der Sonne ausgesetzt sind. Diese Verfärbung bildet sich nach Absetzen des Mittels nur lang­sam inner­halb von ein bis vier Jahren wieder zurück.

Akne­mittel

Benzoylperoxid trocknet fettige Haut aus und tötet Entzündungs­keime ab, die am Entstehen von Pickeln beteiligt sind. Darüber hinaus weist es eine leichte Schäl­wirkung auf und reizt die Haut. Auch die Empfindlich­keit gegen­über UV-Strahlung nimmt zu.

Auch Retinoide (Acitretin, Isotretinoin) machen die Haut dünner und somit empfindlicher für UV-Strahlen.

Bei schwerer Akne werden häufig auch Antibiotika zum Einnehmen verschrieben. Zu ihnen zählt das Tetracyclin Doxycyclin. Dann sollten Sie die Verhaltens­tipps zum Sonnen­schutz unbe­dingt einhalten.

Anti-Baby-Pille

Hormonpräparate mit einer Kombination aus einem Östrogen und Gestagen werden bei Akne, insbesondere aber als „Pille“ zur Empfängnisverhütung einge­setzt. Manche Frauen, die die Pille über lange Zeit einnehmen, entwickeln Pigment­ver­änderungen (Chloasmen). Sie bekommen vor allem im Gesicht dunkle Flecken, die sich durch Sonnen­bestrahlung intensi­vieren. Diese Pigment­flecken vergehen häufig nicht wieder. Sie können versuchen, den Färbungen vorzubeugen, indem Sie Sonnen­schutz­mittel auftragen.

Pflanzliche Mittel

Auch bei einigen pflanzlichen Mitteln kann intensive Sonnen­strahlung Stör­wirkungen auf der Haut verursachen. Johanniskraut soll bei nervöser Unruhe, Schlafstörungen und auch bei depressiven Stimmungs­zuständen seine Wirkung entfalten. Wenn Sie Mittel mit Johannis­kraut aber über längere Zeit in hohen Dosen anwenden, sollten Sie an einen ausreichenden Haut­schutz denken. Bedenken Sie auch, dass äußerlich angewendete pflanzliche Mittel, beispiels­weise Cremes mit Arnika, allergische Reaktionen auf der Haut auslösen können, die sich durch Sonnen­einwirkung noch verstärken können.

Krebs­mittel

Auch manche Wirk­stoffe, die bei Krebs­erkrankungen einge­setzt werden, können licht- und sonnen­empfindlich machen, beispiels­weise die Zytostatika Fluorouracil (äußerlich auch bei akti­nischer Keratose), Vinblastin (bei Morbus Hodgkin, Brust­krebs) oder Dacarbazin (bei Haut­krebs, Morbus Hodgkin, Weich­teilsarkom). Das gilt auch für einige zielge­richtete Medikamente: Beispiels­weise verursacht der bei Melanom einge­setzte Wirk­stoff Vemurafenib sehr häufig licht­bedingte Reaktionen: bei mehr als einem von zehn behandelten Patienten.

Tipp: Erkundigen Sie sich beim Arzt, ob Sie Krebs­medikamente erhalten, die ihre Haut licht­empfindlicher machen.

Weitere Wirk­stoffe

  • Einige Neuroleptika, die Ärzte etwa bei Psycho­sen oder Schizophrenie verordnen: Chlorprotixen, Thioridazin, Promethazin, Perazin, Haloperidol
  • Antiepileptika bei Epilepsie: Phenobarbital, Carbamazepin (auch bei Neuro­pathie einge­setzt)
  • Bestimmte Mittelbei chro­nisch entzündlichen Darm­erkrankungen oder rheumatoider Arthritis: Azathioprin und Sulfasalazin
  • Malaria­mittel:Chinin (auch bei nächt­lichen Wadenkrämpfen einge­setzt), Chloroquin, Hydroxychloroquin, Mefloquin
  • Das Anti­histaminikum Diphenhydramin, das gegen Übel­keit und Erbrechen, bei Reisekrankheit, Allergie­symptomen und Schlafstörungen ohne Rezept erhältlich ist
  • Methotrexat (MTX) bei rheumatoider Arthritis und Schuppenflechte
  • Lipidsenker bei erhöhten Triglycer­idwerten: Fibrate wie Bezafi­brat, Fenofi­brat, Gemfibrozil. Sie können vereinzelt die Empfindlich­keit der Haut gegen­über Sonnenlicht erhöhen, sodass sich die Haut groß­flächig entzündet. Wenn dies bei Ihnen bereits einmal vorgekommen ist, dürfen Sie keine Fibrate mehr einnehmen.

Informationen zu weiteren Arznei­stoffen, die die Haut licht­empfindlich werden lassen, finden Sie in unserer Datenbank.

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Wie lange darf man nach Antibiotikum nicht in die Sonne?

Und zwar komplett. Wenn das im sprichwörtlich heiß ersehnten Marokko-Urlaub utopisch erscheint, helfen folgende Regeln: Bei der Arzneimitteleinnahme sollte auf Sitzen oder Liegen im direkten Sonnenlicht, vor allem zwischen 11 und 15 Uhr komplett verzichtet werden.

Wie lange lichtempfindlich nach Antibiotika?

Reaktionen nach Minuten oder erst nach Tagen Die Hautreaktionen können innerhalb von Minuten bis Stunden nach der Anwendung des Arzneimittels auftreten, aber auch erst mit Verzögerung von einigen Tagen.

Warum soll man nach Antibiotika nicht in die Sonne?

Bei der Einnahme von einigen Antibiotika und dem Einfluss von UV-Strahlen aus dem Sonnenlicht kann es zu einer sogenannten phototoxischen Reaktion kommen. Das kann zu einem Sonnenbrand führen, selbst wenn sonst keine besondere Empfindlichkeit besteht. Es ist aber auch möglich, dass weitere Hautreaktionen auftreten.

Wie viel Sonne bei Antibiotika?

Insbesondere wer Antibiotika einnimmt, sollte sich besser im Schatten aufhalten, rät Uwe Arlt, Vorstandsmitglied des Hessischen Apothekerverbandes. Auch ein kurzer Aufenthalt in der Sonne kann während einer Therapie Hautausschläge oder Pigmentstörungen zur Folge haben.

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