Düsseldorf In manch einem Nachlass-Fall bekommt der Staat am Ende alles. Das passiert in NRW öfter als man denkt. Die Gründe sind vielfältig.
- Teilen
- Weiterleiten
- Tweeten
- Weiterleiten
Von Peter Kurz
Was geschieht mit dem Hab und Gut eines Menschen, wenn er stirbt, aber keine Verwandten hatte? Und wenn er auch niemandem mit einem Testament beglückt hat? Oder wenn er zwar Verwandte hat, die nach den gesetzlichen Regeln eigentlich erben würden, das Erbe aber wegen möglicher Überschuldung ausschlagen? In all diesen Fällen gibt es am Ende doch einen Erben: nämlich das Bundesland, in dem der Verstorbene zuletzt wohnte.
Aber wie kommt es dazu, dass so viel Geld nicht „in der Familie bleibt“, sondern anonym im Landeshaushalt versickert? Mirjam Leipner, bei der Bezirksregierung Düsseldorf zuständige Dezernentin für Fiskalerbschaften im Regierungsbezirk Düsseldorf, wo allein im vergangenen Jahr 332 solcher Erbschaften anfielen, erklärt: „In manch einem Fall werden per Testament ungeliebte Verwandte ausgeschlossen.“ Aber noch ein anderer Grund könne dahinter stehen: „Da im städtischen Bereich mehr Fiskalerbschaften anfallen als in ländlichen Gegenden, vermuten wir, dass dahinter auch die Tendenz zur Vereinzelung und zur Anonymisierung der Gesellschaft steht. Dass es zu Lebzeiten wenig Kontakt gab.“ In den vergangenen zehn Jahren, so stellt sie fest, sei die Zahl der Fälle jedenfalls angestiegen.
Bezirksregierung versucht, das Erbe schnell zu verwerten
Wie landet ein solcher Erbschaftsfall auf Leipners Tisch, und was macht das fünfköpfige Team (3,5 Stellen) dann? Wenn das Nachlassgericht nach einem Todesfall feststellt, dass es kein Testament gibt, keine gesetzlichen Erben da sind oder alle Berechtigten das Erbe ausgeschlagen haben, erlässt es einen Fiskalerbschafts-Beschluss. Damit wird dann das Land zum Erben. Und versucht ab diesem Zeitpunkt, eben dieses Erbe zu verwerten, was auch schon mal ein paar Monate dauern kann: Die Wohnung des Verstorbenen, Fahrzeuge oder Schmuckstücke werden verkauft. Gläubiger des Verstorbenen werden befriedigt. Da sind zum Beispiel Forderungen eines Pflegeheims, oder Beerdigungskosten müssen bezahlt werden.
Info
Die RegelnZwangserbe Der Gesetzgeber will vermeiden, dass es herrenloses Vermögen gibt. Alles soll immer irgendwem gehören. Den letzten beißen gewissermaßen die Hunde, was § 1942 des Bürgerlichen Gesetzbuches so ausdrückt: „Der Fiskus kann die ihm als gesetzlichem Erben angefallene Erbschaft nicht ausschlagen.“ Immerhin einen Vorteil gegenüber anderen Erben hat der Fiskus: Als „Zwangserbe“ haftet das Land nur in Höhe der Erbschaft, soll also nicht ins Minus rutschen. Einem sonstigen Erben dagegen kann es durchaus passieren, dass er auch mit seinem eigenen Vermögen für Schulden des Erblassers haftet.
Geldsegen In Nordrhein-Westfalen spülen solche Fiskalerbschaften dem Land pro Jahr mehrere Millionen Euro in die Kasse. Im Jahr 2016 waren es nach Angaben des NRW-Finanzministeriums rund 6,7 Millionen Euro, im vergangenen Jahr mehr als 6,2 Millionen, die in den Landeshaushalt flossen.
- Meistgelesen
- Neueste Artikel
- Zum Thema
- Aus dem Ressort
Ihre Meinung zum Thema ist gefragt
Schreiben Sie jetzt Ihre Meinung zu:
Wer den Nachlass bekommt, wenn es keine Erben gibt
Beachten Sie dabei bitte unsere Regeln für Leserkommentare
Vielen Dank für Ihren Beitrag.
Ihr Kommentar wird nun gesichtet. Im Anschluss erhalten Sie eine E-Mail von uns. Bitte beachten Sie, dass es bei einem großen Kommentaraufkommen zu längeren Wartezeiten kommen kann.