Was passiert wenn der Grundversorger Pleite geht?

Kommunale Energieversorger stecken in einer finanziellen Notlage. Experten warnen vor einem Domino-Effekt und einer Pleitewelle. FOCUS online sagt, was mit Ihrem Vertrag und Ihrer Versorgung passiert, wenn Ihr Anbieter im schlimmsten Fall pleitegeht.

Es ist ein schlimmer Domino-Effekt.

Der Gasversorger VNG ist wegen der aktuellen Energiekrise in finanzielle Turbulenzen geraten und in der Vorwoche entsprechend Staatshilfe beantragt. Wie die VNG AG in Leipzig und der Mehrheitseigner EnBW in Karlsruhe mitteilten, sorgen ausbleibende russische Gaslieferungen für eine Kostenexplosion. Die fehlenden Gasmengen müssten teuer aus anderen Quellen ersetzt werden.

Der Gasversorger VNG beliefert nach eigenen Angaben 400 Stadtwerke- und Industriekunden. Privatkunden sind nicht direkt von der finanziellen Not betroffen.

Prinzipiell würden die Gasversorger in Deutschland auf langfristigen Lieferverträgen mit niedrigen Preisen setzen. Für einen Teil der Gasmengen kommt auch ein kurzfristiger Einkauf auf den Handelsmärkten in Frage. Weil die Preise derzeit explodieren, treibt das die Kosten insgesamt massiv in die Höhe.

Erste Gasversorger kündigen bereits Verträge

Nun könnten auch erste Gasanbieter in die Bredouille geraten, berichtet das „Handelsblatt“ in seiner aktuellen Ausgabe.

„Alle werden nach und nach ein Liquiditätsproblem bekommen“, sagt Henry Otto von der Unternehmensberatung PwC gegenüber der Wirtschaftszeitung. PwC berät zahlreiche Stadtwerke, hat somit direkten Einblick in die aktuelle Lage. 

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Die Energieversorger E-Optimum, Kehag und die Stadtwerke in Bad Säckingen, Bad Belzig, Leipzig und Osnabrück haben Verträge mit Privatpersonen, Großkunden und ganzen Gemeinden gekündigt. Auch sie hoffen nun - ähnlich wie VNG - auf finanzielle Unterstützung durch den Staat.

Doch was passiert, wenn der Gasanbieter die Kündigung ausspricht?

Kündigt der Gasanbieter einseitig den Vertrag, rutschen betroffene Kunden und Unternehmen grundsätzlich in die Ersatzversorgung.

Die gute Nachricht vorweg - bei einer Pleite des Energieanbieters, erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher also weiterhin Gas und Strom. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Vertrag durch den Gasanbieter gekündigt wird.

Stadtwerke und regionale Grundversorger springen dann ein. Diese Notlösung heißt „Ersatzversorgung“. Durch eine Gesetzesanpassung wird das für Betroffene aber mittlerweile richtig teuer.

Die Ersatzversorgung greift automatisch, wenn der eigene Anbieter ausfällt und der Lieferant das Netznutzungsrecht verliert.

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Sie sind in der Ersatzversorgung gelandet? Schnell handeln!

In so einem Fall sollten Kundinnen schnell handeln und möglichst zeitnah einen neuen Gas- oder Strom-Anbieter finden, rät die Verbraucherzentrale Niedersachsen.

FOCUS online sagt: Wer eine Mitteilung über den Eintritt in die Ersatzversorgung erhält, sollte seinen Strom- und Gaszähler kurzfristig ablesen. Die Messwerte sollten Verbraucher dann dem Grundversorger und Netzbetreiber mitteilen.

Der Netzbetreiber darf den Energieverbrauch während der Ersatzversorgung schätzen.

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In der Ersatzversorgung wird es jetzt richtig teuer

Wer künftig in die Ersatzversorgung rutscht, muss mit sehr hohen Kosten rechnen, warnen die Verbraucherschützer.

Durch eine Anpassung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom vergangene Juli müssen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Ersatzversorgung draufzahlen. Bislang durfte diese Notversorgung nicht teurer sein als die sogenannte Grundversorgung.

Die Gasversorger dürfen die Preise in der Ersatzversorgung an den aktuellen Börsenpreisen ausrichten - und die liegen derzeit auf einem sehr hohen Niveau.

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Wann rutsche ich automatisch in die Grundversorgung?

Kundinnen und Kunden werden künftig erst nach drei Monaten in die Grundversorgung aufgenommen. Bis dahin sind Verbraucher den Kosten und möglichen Preissteigerungen der Ersatzversorger der Verbraucherschützerin zufolge ausgeliefert.

Es sei denn man wechselt den Anbieter. Das ist jederzeit möglich - und dürfte sich künftig noch mehr lohnen.

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Immerhin müssen Energieanbieter Probleme rechtzeitig melden. „Energielieferanten sind verpflichtet, einen Lieferstopp – etwa aufgrund einer drohenden Insolvenz – drei Monate vorher der Bundesnetzagentur mitzuteilen“, erklärt etwa Julia Schröder, Energierechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Verbraucherinnen und Verbraucher können bei Hinweisen auf eine Insolvenz bei der Bundesnetzagentur nachfragen, ob eine solche Mitteilung vorliegt. Die Verbraucherhotline erreichen Sie unter der 0228 141 516.

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Im Video:

Wann falle ich in die Grundversorgung?

Wenn Sie keinen besonderen Strom- oder Gastarif vereinbart haben, werden Sie als Haushaltskunde in der Grundversorgung zu den sogenannten Allgemeinen Preisen beliefert. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie in eine Wohnung einziehen, für die kein Energieliefervertrag besteht, und einfach Strom oder Gas nutzen.

Wird Grundversorger automatisch gekündigt?

Sollte Ihr Anbieter die Belieferung stoppen, übernimmt der örtliche Grundversorger die Strom- oder Gaslieferung. Es erfolgt keine Versorgungsunterbrechung. Es fließt also immer Energie. Der sogenannte Grundversorger ist immer das Unternehmen, das in einem bestimmten Netzgebiet die meisten Kunden:innen beliefert.

Ist man automatisch in der Grundversorgung?

In der Grundversorgung ist man automatisch, wenn man sich nicht selber bei einem anderen Anbieter angemeldet hat. Das heißt: Sobald Sie in Ihrem neuen Zuhause den Lichtschalter betätigen, beziehen Sie Strom bei der Grundversorgung.

Wie kommt man aus der Grundversorgung raus?

Wenn Sie nach dem Einzug nicht in der Grundversorgung bleiben möchten, können Sie den Grundversorgungsvertrag mit einer Frist von 14 Tagen kündigen. Suchen Sie sich am besten vorher einen neuen Lieferanten. Sie können aber in der Regel auch schon vor dem Einzug einen Vertrag außerhalb der Grundversorgung abschließen.

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