Was man selbst nicht will füge keinem anderen zu?

"Was du nicht willst, dass man dir tut,
das füg' auch keinem andern zu!"

Eines der bekanntesten Sprichwörter, das wir gern unseren Kindern sagen, wenn sie in ihrem kleinen Lebensbereich das erstemal völlig entsetzt erfahren mussten, dass die von ihnen ausgesäte Gewalt oder Bosheit plötzlich zurückschlägt.

Anders ausgedrückt: Jemand, den unser Kind geärgert oder genervt hat, setzt sich plötzlich zur Wehr und entpuppt sich dabei noch als der Stärkere. Vielleicht hatte jener dann die Geduld verloren und nun seinerseits einen Gegenangriff gegen den Störenfried gestartet. Oftmals ist die Gegenattacke so heftig, dass sich unser Kind nun selbst als Opfer von Gewalt erfährt und sich hilfesuchend z. B. an seine Eltern wendet, in der Hoffnung, dass diese ihm nun beistehen und vermeintlichen Bösewicht bestrafen. Es gibt hin und wieder Eltern, die auf diesen Trick ihrer Kinder hereinfallen, manchmal, weil sie sich gar nicht vorstellen können, dass ausgerechnet ihr sonst so wohlerzogenes Kind zu so einer Bosheit fähig sei. Kluge Eltern und Erzieher wissen dagegen, dass äußerste Vorsicht angeraten ist, wenn sich zum Beispiel ein Kind immer als Opfer darzustellen versucht, wenn immer andere an jeden Streit und jeder Krisensituation schuld sind, nur nicht es selbst. Wenn sie zusammen mit ihrem Kind versuchen, die wahren Ursachen seines Verhaltens zu entschlüsseln, kann solch eine Regel (wie oben) in Zukunft auch für ihr Kind eine Hilfe sein, weil sie in einer sehr kurzen und prägnanten Form zum Ausdruck bringt: Wer Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und Brüderlichkeit von anderen erwartet, darf zunächst erst einmal anderen die Freiheit nicht rauben, muss selber mit anderen friedfertig umgehen, sollte nicht ausschließlich seinen eigenen Vorteil suchen und immer auch akzeptieren, dass das eigenen Wohlergehen nicht als Last auf dem Rücken eines anderen aufgebaut sein darf.

Diese Regel: Was du nicht willst, dass man dir tut..., ist im Leben so vielseitig anwendbar, dass man sie auch als die "Goldene Regel" bezeichnet. In der Bibel begegnet uns diese Regel mehrmals. Eine der ältesten Zeugnisse finden wir im Buch Tobit, da lautet sie fantastisch kurz (im 4. Kapitel Vers 16): Was du verabscheust, tu keinem anderen an!" - Diese Goldenen Regel ist für jeden leicht zu begreifen und anzunehmen, weil sie unsere ureigensten Hoffnungen und Wünsche ganz ernst nimmt: und diese für das Allgemeinwohl zum Maßstab setzt, um schlechte oder böse Taten zu verhindern.

Überraschend geht Jesus sogar noch einen Schritt weiter, wenn er diese Goldene Regel (in Lk 6,31) folgendermaßen umformuliert: Wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut auch ihnen!" - Bei Jesus spüren wir bei dieser Formulierung, dass es ihm nicht nur darauf ankommt, das Schlimmste zu vermeiden, sondern dass er Hilfestellung geben will, damit wir unsere Beziehungen zu anderen Menschen positiv und vorallem aktiv gestalten und voranbringen. - Handeln nach diesen Regeln erfordert Mut und die Überwindung des eigenen Egoismus. Wir sagen: Für so etwas braucht man viel Idealismus. Wir bewundern ihn bei denjenigen, die sich in besonderer Weise für Menschen in jeglicher Not einsetzen.

Für mich heißt das: Mein Handeln orientiert sich an einem hohen Ideal, dem ich in der Praxis nie ganz gerecht werden kann und muss, das mir aber ein guter Wegweiser für mein Denken und Handeln sein kann. Zum Schluss noch eine Frage: Sind Sie auch schon einmal über jene häufig gebrauchte Verhaltensregel gestolpert: "Du musst immer positiv denken!" - und haben Sie sich auch schon einmal gefragt, was das eigentlich sein soll und wie das geht? Wenn sie ein Beispiel für positives Denken suchen, dann sollten Sie sich noch einmal die Goldene Regel Jesu zu Gemüte führen.

In diesem Sinne viele gute Gedanken und eine gute Zeit wünscht Ihnen Pfarrer Konrad Köst.

Das Prinzip „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu!" wird auch Goldene Regel genannt und kann nicht mit dem Kategorischen Imperativ gleichgesetzt werden, den Immanuel Kant vertritt.

Die Redensart enthält in der direkten Aussage nur ein Vermeiden. Für Aussage, was getan werden soll, ist eine Umformulierung nötig (z. B.: jemand solle einen anderen so behandeln, wie er selbst behandelt werden möchte).

Zwischen dem Kategorischen Imperativ und der sogenannten Goldenen Regel (die in verschiedenen Formulierungen vorkommt, z. B. lateinisch: Quod tibi fieri non vis, alteri ne feceris!) besteht eine gewisse Ähnlichkeit. Die Ähnlichkeit liegt darin, über die eigene Perspektive in einem Einzelfall des Handelns hinauszugehen und zu einer größeren Allgemeinheit zu kommen. Die Allgemeinheit ist beim Kategorischen Imperativ größer. Denn bei der Goldenen Regel ist die Allgemeinheit beschränkt auf das Einnehmen einer Perspektive mit der eigenen Person als von der Handlung betroffen.

Der Kategorische Imperativ gebietet, so handeln, daß die Maxime (der subjektive Grundsatz) des Handelns zugleich als allgemeines Gesetz gewollt werden kann. Die Anforderung an die Maxime ist, widerspruchsfrei als Bestandteil einer allgemeinen Gesetzgebung der Vernunft gedacht und gewollt werden zu können.

Die Goldene Regel beruht auf einem Grundsatz einer Gegenseitigkeit (Reziprozität). Kants Ethik enthält auch eine Gegenseitigkeit. Andere Personen sollen als Zweck an sich selbst behandelt werden, nicht nur als bloßes Mittel. In einer Gemeinschaft/einer Gesellschaft/einem Staat geht es bei rechtlichen Regeln für das Zusammenleben darum, die Freiheit des einen mit der Freiheit des anderen nach einem allgemeinen Gesetz zu vereinen und in Gegenseitigkeit an ein Gesetz zu binden. 

Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden (1795). Ein philosophischer Entwurf. Zweiter Abschnitt, welcher die Definitivartikel zum ewigen Frieden unter Staaten enthält. Erster Definitivartikel zum ewigen Frieden. Die bürgerliche Verfassung in jedem Staate soll republikanisch sein. AA VIII, 350:  

Rechtliche (mithin äußere) Freiheit kann nicht, wie man wohl zu thun pflegt, durch die Befugniß definirt werden: »alles zu tun, was man will, wenn man nur keinem Unrecht tut«. […] – Vielmehr ist meine äußere (rechtliche) Freiheit so zu erklären: sie ist die Befugnis, keinen äußeren Gesetzen zu gehorchen, als zu denen ich meine Beistimmung habe geben können. – Eben so ist die äußere (rechtliche) Gleichheit in einem Staate dasjenige Verhältnis der Staatsbürger, nach welchem keiner den anderen wozu rechtlich verbinden kann, ohne daß er sich zugleich dem Gesetz unterwirft, von diesem wechselseitig auf dieselbe Art auch verbunden werden zu können."

Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten (1797). Erster Teil. Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre. Einleitung in die Rechtslehre. § B. Was ist Recht? AA VI, 230:  

„Das Recht ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann.“

Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten (1797). Erster Teil. Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre. Einleitung in die Rechtslehre. § C. Allgemeines Prinzip des Rechts AA VI, 230 - 231:  

„»Eine jede Handlung ist recht, die oder nach deren Maxime die Freiheit der Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann etc.

«Wenn also meine Handlung, oder überhaupt mein Zustand, mit der Freiheit von jedermann nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, so tut der mir Unrecht, der mich daran hindert; denn dieses Hindernis (dieser Widerstand) kann mit der Freiheit nach allgemeinen Gesetzen nicht bestehen.“

Kant fordert allerdings von einem allgemeinen Gesetz, einen Grund der Pflichten zu enthalten.

Unterschiede der Goldenen Regel zum kategorischen Imperativ:

  • geringere Allgemeinheit
  • Grund der Pflichten fehlt (bei Kant geht es letztlich um ein Aufzeigen der Vernünftigkeit der Maxime)
  • bezieht sich auf das Tun, nicht den Grundsatz der Handlung (einander äußerlich ähnliche Tat können in ihrem Grundsatz anders sein; auf der Grundlage eines Tuns könnte mit der Goldenen Regel auch ein Verbrecher gegen einen ihn verurteilenden Richter argumentieren)
  • subjektive Neigungen/Vorlieben können Bedeutung bekommen, da nicht alle das Gleiche stört/nicht allen das Gleiche mißfällt/nicht allen das Gleiche etwas ausmacht (z. B. kann jemand eventuell nicht abgeneigt sein, Konflikte durch Schlägerei zu entscheiden), und daher keine Wirkung in Richtung auf das wünschenswerte Verhalten zustandekommen

Was du nicht willst das man dir tut das füg auch keinem anderen zu von wem?

Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg' auch keinem andern zu. Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers.

Was du nicht willst was man dir tut das tu auch keinem anderem zu?

„Erstens sollst du Gott lieben, der dich geschaffen hat, zweitens deinen Nächsten wie dich selbst; alles aber, was du willst, dass es dir nicht geschehe, das tue auch du keinem anderen. “

Wie du mir so ich dir Spruch?

Seinen Ursprung hat das Sprichwort wie so viele in der Bibel und zwar im Alten Testament. Dort heißt es: „Sprich nicht: Wie du mir, so ich dir! Ich zahle jedem heim, was er mir angetan hat! “ Aus der Bibel ist das Sprichwort dann auch im Alltag der Menschen angekommen.

Was gibt es für Sprichwörter?

Sprichwörter: Weisheiten für alle Lebenslagen.
Jeder sollte vor seiner eigenen Tür kehren. ... .
Wer rastet, der rostet. ... .
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. ... .
Wer ernten will, muss säen. ... .
Jeder Topf findet seinen Deckel. ... .
Liebe geht durch den Magen. ... .
Wo Rauch ist, da ist auch Feuer. ... .
Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige..

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