Was ist der unterschied zwischen begründen und ergründen

Hausarbeit, 2019

12 Seiten, Note: 1,3

Leseprobe

Inhalt

1. Einleitung

2. Das Fundamentalproblem der Rechtstheorie

3. Wie wird die Geltung durch die Grundnorm begründet?

4. Der Vergleich von Cohens Hypothese und vaihingerscher Fiktion
4.1. Der Begriff der Hypothese von Hermann Cohen
4.2. Der Begriff der Fiktion von Hans Vaihinger

5. Was ist und kann die Grundnorm nach Kelsen

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Rechtstheorie verlangt für die Normen eine Begründung ihrer Geltung. Denn wieso sollte eine Norm einen Geltungscharakter haben und wo liegt sein Ursprung? Es liegt in der Natur des Menschen diesen Ursprung zu ergründen. Deshalb wird in der Rechtstheorie ein absoluter Grund für die Geltung der positiven Normen gesucht. Bei näherer Betrachtung ist der Weg zu diesem Abgrund sehr widrig und unendlich. Dieser Weg ist ein ewiger Regress zu willkürlich gesetzten Begründungen. Deswegen wird zunächst das Münchhausen Trilemma dargestellt. Dieses soll gelöst werden, indem Grundnormen als gedachte Fiktion akzeptiert werden. Des Weiteren wird der Begriff der Hypothese von Hermann Cohen und der Begriff der Fiktion von Hans Vaihinger erläutert, um den Gedankengang von Hans Kelsen aus „Allgemeine Theorie der Normen“ verständig zu machen.

2. Das Fundamentalproblem der Rechtstheorie

Das Fundamentalproblem der Rechtstheorie ist die Begründung der Geltung einer Norm. Die Suche nach einem archimedischen Punkt im Normensystem. Diese Suche ist ein Problem und ein Trilemma, welches nach dem Lügenbaron von Münchhausen benannt ist. Das Münchhausen Trilemma:

1. Ein infiniter Regress: eine unendliche Suche nach Begründungen, was praktisch möglich, aber zugleich nicht durchführbar ist, weil diese Begründungssuche nicht endet. Eine Begründung führt zur nächsten fortwirkenden Begründung.
2. Ein logischer Zirkel in der Deduktion: impliziert die erste Option, jedoch wird auf der Suche der Begründung einfach eine begründungsbedürftige Aussage als Grundlage angenommen. Im schlimmsten Fall wird eine Begründung mit sich selbst begründet.
3. Ein Abbruch des Verfahrens: es wird ein Schlussstrich gezogen und willkürlich das Begründungsverfahren suspendiert. Hierbei wird bei einer beliebigen Begründung aufgehört zu suchen und diese wird als „Grundnorm“ akzeptiert.[1]

Bei allen drei Optionen ist das Problem die Kausalkette der Normen, deshalb ist jede Option inakzeptabel. Allerdings ist die dritte Option die akzeptabelste auf der Suche nach der Grundnorm, weil hier die Verkettung tatsächlich beendet werden soll.[2] Im Folgenden soll geklärt werden, wie diese Beendigung erreicht wird, um Wittgensteins Worten Bedeutung zu geben: „die Gründe werden mir bald ausgehen. Und ich werde dann, ohne Gründe, handeln.“ [3] „Ohne Gründe“ bedeutet, dass die Kausalkette suspendiert wird und keine weiteren Gründe benötigt werden.

Zunächst ein Beispiel für eine Kausalkette und ihre anschließende Suspendierung: Ein Sohn sagt: „Ich hasse meinen Mitschüler, er ist mein Feind.“ Der Vater antwortet seinem Sohn mit der individuellen Norm: „Deinen Feind sollst du nicht hassen, sondern lieben.“ Der Sohn fragt seinen Vater: „Wieso soll ich meinen Feind lieben?“ Der Vater entgegnet: „Aufgrund Jesus Gebot: ‘ Liebet eure Feinde.‘“ Auf die Frage des Sohnes: „Und warum sollte ich den Geboten Jesu gehorchen?“ Gibt der Vater die Antwort, weshalb es eine gültige Norm für seinen Sohn sein sollte: „Von einem Christen wird vorausgesetzt, dass er den Geboten Jesu Folge leisten soll!“ Diese Aussage gibt die Geltungsbegründung der Normen der christlichen Moral, welche im christlichen Denken vorausgesetzt werden muss. Nach dem Grund der Geltung dieser (Grund-)Norm kann nicht mehr gefragt werden. Kein realer Willensakt hat sie gesetzt, somit ist sie keine positive, sondern eine im christlichen Denken vorausgesetzte, fingierte Norm.[4]

3. Wie wird die Geltung durch die Grundnorm begründet?

Die Grundnorm konstituiert die Geltung der Normen des positiven Rechtssystems, indem sie die grundsuchende infinite Kausalkette suspendiert. Die Grundnorm gilt als oberstes Geltungsprinzip. Die Norm (das Besondere) ist in ihrer Grundnorm (das Allgemeine) bereits enthalten.[5] Die Grundnormen werden anders als die Normen eingestuft. Das ist ein Widerspruch, denn in der Totalität der Normen zählen auch die Grundnormen mit zu den Normen, allerdings muss sich die Grundnorm von der Norm unterscheiden. Das bedeutet, dass Grundnormen einen göttlichen Status und simultan dazu einen normalen Status bekommen. Das Göttliche kommt aus der reinen Vernunft. Als Norm hat sie eine Geltung und ist evident, bzw. eine Norm ist existent, wenn die Norm gilt. Folglich hat die Grundnorm als gültige Norm einen Geltungscharakter, dieser kann aufgrund ihres göttlichen Widerspruchs nicht hinterfragt werden.[6] Im Gegensatz zu normalen[7] Normen ist sie nicht durch einen realen Willensakt gesetzt und infolgedessen nicht positiv. So wird die Geltung begründet, indem die Norm als Grundnorm nicht gesetzt, sondern vorausgesetzt wird. Sie ist ein bloßer Gedanke, der sie zu einer fingierten Norm macht. Damit ist sie der absolute Grund aller Rechtsnormen, auf den sich die Rechtsordnung bildet.[8]

Der infinite Regress wird mit der Grundnorm, die nicht mehr begründbar ist, suspendiert. Das moralische Sollen dieser Grundnorm kann nicht begründet werden, es gilt als vorausgesetzt. Deshalb ist die Grundnorm eine Fiktion.[9] Im Folgenden wird erläutert was eine Hypothese von einer Fiktion unterscheidet und wieso die Grundnorm eine Fiktion sein muss.

[...]

[1] Vgl. Albert, Hans: Traktat über kritische Vernunft. Mohr Siebeck, Tübingen, 1968, S. 13.

[2] Vgl. ebd., S. 14.

[3] Lange, Ernst Michael: Ludwig Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich, 1998, S. 251.

[4] Vgl. Kelsen, Hans: Allgemeine Theorie der Normen. Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien, 1979, S. 205.

[5] Vgl. Kelsen, Hans: Reine Rechtslehre. Scientia Verlag, Aalen, 1985, 62 f.

[6] Vgl. ebd., S. 64.

[7] (Normal: was in der Regel tatsächlich geschieht) Vgl. Kelsen, Hans: Allgemeine Theorie der Normen. Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien, 1979, S. 3.

[8] Vgl. ebd., S. 206.

[9] Vgl. ebd., S. 355.

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