Gleiche krankheit innerhalb 12 monaten

Wenn die Krankheit noch einen drauflegt

Leider bleibt es oft nicht nur bei einem Leiden im Krankheitsfall. So verhielt es sich jüngst mit dem klagenden Arbeitnehmer, der eine schmerzhafte Wirbelsäulen-Krankheit erlitt und in Folge dessen arbeitsunfähig wurde. Der Hausarzt erteilte sachgemäß eine Krankschreibung und der Kläger erschien für die Dauer der Krankschreibung nicht zur Arbeit.

Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz hat ein Arbeitnehmer, welcher krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, einen Anspruch auf Lohnzahlung für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen.

Achtung: Ein solcher Anspruch steht einem jedoch erst zu, wenn man bereits vier Wochen beim jeweiligen Arbeitgeber beschäftigt ist. Vorher ist die Krankenkasse für eine eventuelle Lohnzahlung im Krankheitsfall zuständig.

Wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf der sechs Wochen erneut, aufgrund derselben Krankheit, arbeitsunfähig wird, so hat man nur unter Umständen erneut Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

So müssen entweder vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit sechs Monate verstrichen sein, oder seit Beginn der ersten Krankheit 12 Monate vergangen sein.

Die Einheit des Verhinderungsfalls

In unserem Fall verblieb es jedoch nicht nur bei einem Leiden. Der Kläger erlitt schwere Schulterschmerzen noch während der attestierten ursprünglichen Arbeitsunfähigkeit. Daher schrieb der Hausarzt des Arbeitnehmers eine weitere Krankschreibung aus.

Der Arbeitgeber zahlte jedoch nur für die Dauer der ersten Arbeitsunfähigkeit den Lohn weiter und berief sich bezüglich der zweiten Krankheit auf die sogenannte Einheit des Verhinderungsfalls.

Wir haben zunächst festgestellt, dass man als Arbeitnehmer für einen Zeitraum von sechs Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat. Befällt den Arbeitnehmer aber eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer neuen Krankheit, so besteht der Lohnanspruch über die sechs Wochen hinaus.

Die Ausnahme hiervon bildet die Einheit des Verhinderungsfalls. Demnach entsteht kein erneuter Anspruch, wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, welche auch zu Arbeitsunfähigkeit führt. In einer solchen Situation besteht ein Anspruch auf Lohn nur für sechs Wochen. Nur wenn der Arbeitnehmer zwischen den zwei Krankheiten tatsächlich arbeitsfähig war, kann ein erneuter Anspruch überhaupt erst entstehen. Bei der Feststellung der Arbeitsfähigkeit ist dabei auf fachmännische Beurteilung eines Arztes abzustellen.

1. Das Wichtigste in Kürze

Krankengeld zahlt die Krankenkasse Versicherten, wenn sie länger als 6 Wochen arbeitsunfähig sind. Das Krankengeld wird individuell berechnet und ist niedriger als das Nettoeinkommen. Innerhalb von 3 Jahren gibt es höchstens 78 Wochen lang Krankengeld für dieselbe Krankheit.

In bestimmten Fällen wird ein gekürztes bzw. kein Krankengeld gezahlt. Details unter Krankengeld > Keine Zahlung.

Kinderpflege-Krankengeld erhalten Eltern während der Betreuung ihres kranken Kindes, Näheres unter Kinderpflege-Krankengeld.

2. Voraussetzungen

Das Krankengeld ist eine sog. Lohnersatzleistung, d.h. es wird gezahlt, wenn nach 6 Wochen kein Anspruch (mehr) auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber besteht. Gezahlt wird es auch in den ersten 4 Wochen einer Beschäftigung, weil es in dieser Zeit noch keinen Anspruch auf die Entgeltfortzahlung gibt. Weitere Voraussetzungen sind:

  • Versicherteneigenschaft (gesetzlich krankenversichert mit Anspruch auf Krankengeld) zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit.
  • Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit
    oder
    stationäre Behandlung in Krankenhaus, Vorsorge- oder Reha-Einrichtung auf Kosten der Krankenkasse. (Definition "stationär": Teil-, vor- und nachstationäre Behandlung genügt, wenn sie die versicherte Person daran hindert, ihren Lebensunterhalt durch die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit zu bestreiten.)
  • Es handelt sich immer um dieselbe Krankheit oder um eindeutige Folgeerkrankungen derselben Grunderkrankung oder um eine weitere Krankheit, die während der laufenden Arbeitsunfähigkeit dazu kommt. Näheres siehe unten bei "Dauer".

Wer Arbeitslosengeld bezieht, erhält ebenfalls unter diesen Voraussetzungen Krankengeld.

2.1. Kein Anspruch auf Krankengeld

Keinen Anspruch auf Krankengeld haben:

  • Familienversicherte
  • Teilnehmende an Beruflichen Reha-Leistungen (Teilhabe am Arbeitsleben) sowie zur Berufsfindung und Arbeitserprobung, die nicht nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erbracht werden; Ausnahme bei Anspruch auf Übergangsgeld
  • Menschen vor dem 30. Geburtstag in einem Pflichtpraktikum
  • Studierende (in der Regel bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters oder bis zum 30. Geburtstag
  • Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente, Erwerbsunfähigkeitsrente, einer Vollrente wegen Alters, eines Ruhegehalts, eines versicherungspflichtigen Vorruhestandsgehalts
  • Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld

2.2. Krankengeld für Selbstständige

Hauptberuflich Selbstständige, die in einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig- oder pflichtversichert sind, können wählen, ob sie sich mit oder ohne Krankengeldanspruch versichern lassen möchten. Drei Jahre lang sind sie an ihre Entscheidung gebunden. Wenn zu diesem Zeitpunkt bereits Arbeitsunfähigkeit besteht, gilt der Krankengeldanspruch nicht sofort, sondern erst bei der nächsten Arbeitsunfähigkeit. Bei Krankengeldanspruch sind Dauer und Höhe des Krankengelds dann gleich wie bei angestellten Versicherten.

Berechnet wird das Krankengeld aus dem Arbeitseinkommen, das zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen berücksichtigt wurde.

2.3. Praxistipps

  • Wenn Sie selbstständig tätig sind und Ihr Einkommen niedrig ist, werden Ihre Krankenversicherungsbeiträge ggf. aus der sog. Mindesbeitragsbemessungsgrenze berechnet. Grundlage für die Krankengeldberechnung ist aber nicht diese Mindestbeitragsbemessungsgrenze, sondern nur Ihr tatsächliches Arbeitseinkommen in dem für die letzte Beitragsberechnung maßgeblichen Einkommensteuerbescheid.
    In den Tarif mit Anspruch auf Krankengeld in der freiwilligen gesetzlichen Versicherung zu wechseln, lohnt sich für Sie daher nicht, wenn Sie im für die Beitragsbemessung maßgeblichen Steuerbescheid nur Verluste hatten. Dann entsteht keinerlei Krankengeldanspruch, nur die Beiträge werden höher. War ihr Einkommen niedrig, sollten Sie sich überlegen, ob der erhöhte Beitrag zu dem niedrigen möglichen Krankengeld wirklich im richtigen Verhältnis steht.
  • Als Selbständige können Sie zwar keine Entgeltfortzahlung erhalten, weil Sie nicht abhängig beschäftigt sind. Trotzdem erhalten Sie Krankengeld von der gesetzlichen Krankenversicherung im Normalfall erst ab der 7. Krankheitswoche. Möchten Sie, dass der Krankengeldanspruch schon früher greift, können Sie einen entsprechenden Wahltarif mit Ihrer Krankenkasse vereinbaren. Die Beiträge erhöhen sich dann weiter.

2.4. Beginn des Anspruchs auf Krankengeld

(§ 46 SGB V)

Der Anspruch auf Krankengeld entsteht an dem Tag, an dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird bzw. eine Krankenhaushandlung oder eine Behandlung in einer Vorsorge- oder Reha-Einrichtung beginnt. Anspruch heißt aber nicht, dass immer sofort Krankengeld bezahlt wird: Die meisten Arbeitnehmenden erhalten erst einmal Entgeltfortzahlung.

2.4.1. Praxistipps

  • Seit Mai 2019 verfällt der Anspruch auf Krankengeld nicht, wenn die Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit innerhalb eines Monats vom Arzt ausgestellt und bei der Krankenkasse eingereicht wird. Allerdings ruht der Krankengeldanspruch dann bis zur Vorlage der Bescheinigung, weshalb auf eine lückenlose Attestierung geachtet werden sollte. Eine Rückdatierung des AU-Beginns ist nur in Ausnahmefällen und nach gewissenhafter Prüfung möglich. In der Regel ist die Rückdatierung nur bis zu 3 Tage zulässig.
  • Wenn Sie gerade eine neue Beschäftigung begonnen haben und in den ersten 4 Wochen krank werden, bekommen Sie noch keine Entgeltfortzahlung, dafür aber Krankengeld (siehe oben). Hierzu ist allerdings erforderlich, dass Sie sich sofort um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kümmern für den Antrag auf Krankengeld.

3. Höhe des Krankengelds

(§ 47 SGB V)

Das Krankengeld beträgt

  • 70 % des Bruttoarbeitsentgelts,
  • maximal aber 90 % des Nettoarbeitsentgelts.

Das Krankengeld beträgt höchstens 112,88 € pro Tag.

Details zur Höhe und Berechnungsbeispiel unter Krankengeld > Höhe.

3.1. Steuerfrei

Krankengeld ist steuerfrei. Allerdings ist es bei der Steuererklärung anzugeben, da es bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt wird. Es unterliegt dem sog. Progressionsvorbehalt. Das heißt, es kann trotz Steuerfreiheit den Steuersatz erhöhen.

4. Dauer

(§ 48 SGB V)

Krankengeld gibt es wegen derselben Krankheit für eine maximale Leistungsdauer von 78 Wochen (546 Kalendertage) innerhalb von je 3 Jahren ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Bei den 3 Jahren handelt es sich um die sog. Blockfrist.

Eine Blockfrist beginnt mit dem erstmaligen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für die ihr zugrunde liegende Krankheit. Bei jeder Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung beginnt eine neue Blockfrist. Es ist möglich, dass mehrere Blockfristen nebeneinander laufen.

"Dieselbe Krankheit" heißt: identische Krankheitsursache. Es genügt, dass ein nicht ausgeheiltes Grundleiden Krankheitsschübe bewirkt.

Die Leistungsdauer verlängert sich nicht, wenn während der Arbeitsunfähigkeit eine andere Krankheit hinzukommt. Es bleibt bei maximal 78 Wochen.

Die 6 Wochen Entgeltfortzahlung werden bei den 78 Wochen mitgezählt. Tatsächlich gezahlt wird Krankengeld deshalb in der Regel nur 72 Wochen.

4.1. Erneuter Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit

Nach Ablauf der Blockfrist (= 3 Jahre), in der die versicherte Person wegen derselben Krankheit Krankengeld für 78 Wochen bezogen hat, entsteht ein erneuter Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Erkrankung unter folgenden Voraussetzungen:

  • Erneute Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit,
  • mindestens 6 Monate keine Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit und
  • mindestens 6 Monate Erwerbstätigkeit oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehend.

Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld zwar theoretisch besteht, aber tatsächlich ruht oder versagt wird (s.u.), werden wie Bezugszeiten von Krankengeld angesehen (§ 48 Abs. 3 SGB V). Wird z.B. Übergangsgeld von der Rentenversicherung oder Verletztengeld von der gesetzlichen Unfallversicherung bezogen, verlängert sich die maximale Bezugszeit des Krankengelds nicht um diese Dauer.

4.2. Fallbeispiele

  • Erst nach 6 Wochen Krankheit, in denen das volle Gehalt als Entgeltfortzahlung gezahlt wurde, erhält Frau Melnik Krankengeld. Die 6 Wochen Entgeltfortzahlung werden wie Zeiten des Krankengeldbezugs behandelt (= der Anspruch auf Krankengeld ruht). Krankengeld bekommt Frau Melnik deshalb nur noch für maximal 72 Wochen, also 78 Wochen abzüglich der 6 Wochen Entgeltfortzahlung.
  • Genauso ist es bei Herrn Maier, doch seine Arbeitsunfähigkeit beruht auf einem Arbeitsunfall. Nach dem Ende der Entgeltfortzahlung erhält er daher Verletztengeld für 72 Wochen. Danach hat er keinen Anspruch mehr auf Krankengeld, denn ihm werden von den 78 Wochen 6 Wochen Entgeltfortzahlung und 72 Wochen Bezug des Verletztengelds abgezogen.

4.2.1. Praxistipp

Wenn Sie trotz Anspruch darauf tatsächlich keine Entgeltfortzahlung bekommen, gewährt die Krankenkasse Ihnen bei Vorliegen der Voraussetzungen (s.o.) das Krankengeld, da dieses nur bei tatsächlichem Bezug des Arbeitsentgelts ruht. Ihr Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht dabei in Höhe des gezahlten Krankengelds auf die Krankenkasse über. Für Sie bedeutet das, dass Sie sich nur noch darum kümmern müssen, die Differenz zwischen dem Krankengeld und ihrem vollen Lohn einzufordern.

4.3. Krankengeld bei Wiedereingliederung

Auch während der Zeit eines Wiedereingliederungsversuchs (Stufenweise Wiedereingliederung) sind Beschäftigte weiterhin krankgeschrieben. Es besteht in der Regel Anspruch auf Krankengeld. Auch diese Zeit zählt deshalb zu den 78 Wochen innerhalb der 3 jährigen Blockfrist.

5. Wer hilft weiter?

Krankenkassen

6. Verwandte Links

Kinderpflege-Krankengeld

Arbeitsunfähigkeit

Entgeltfortzahlung

Krankengeld > Höhe

Krankengeld > Keine Zahlung

Versorgungskrankengeld

Krankheitsbedingte Kündigung

Verletztengeld

Rechtsgrundlagen: §§ 44 ff. SGB V

Wer muss bezahlen wenn die gleiche Krankheit innerhalb 6 Monaten wieder auftritt?

Sechs-Monats-Frist Wird der Arbeitnehmer wegen derselben Krankheit wiederholt arbeitsunfähig, erhält er während der erneuten Arbeitsunfähigkeit – ohne Anrechnung der früheren Bezugszeit – das Arbeitsentgelt möglicherweise für weitere sechs Wochen.

Wie oft darf man mit der gleichen Krankheit krank sein?

Wird ein Arbeitnehmer nach Ablauf von sechs Monaten erneut aufgrund derselben Krankheit krankheitsbedingt arbeitsunfähig, entsteht ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch von bis zu sechs Wochen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EFZG).

Was ist die 12 Monatsfrist?

Im Grundsatz ist der Arbeitgeber nach dem EFZG wegen derselben Krankheit nur jeweils in einem Zeitraum von 12 Monaten verpflichtet, für sechs Wochen Entgeltfortzahlung zu gewähren.

Wie lange arbeiten zwischen zwei verschiedenen Krankheiten?

Der Arbeitgeber muss einem kranken Mitarbeiter das Entgelt nur bis zu sechs Wochen fortzahlen, auch wenn dieser wegen einer weiteren Diagnose erneut arbeitsunfähig wird. Es sei denn, die erste Krankheit war beim Auftreten der zweiten bereits beendet, entschied das BAG.

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